Losung Takalor
überrascht, wie wendig die Maschine war. Dann sah ich es aufblitzen. Der Brite feuerte sein MG durch die kreisenden Propeller ab. Die Kugeln schlugen ins Wasser. Ich sah, wie die Einschläge mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu kamen. Eine Straße des Todes.
Entschlossen sprang ich ins Wasser und tauchte unter. Ich hör te nicht, ob er weiterschoß oder nicht. Ich verfolgte seine Gedanken. Er war mit dem Ergebnis dieses Anflugs ganz und gar nicht zufrieden. Ich schon!
In aller Eile schwamm ich ans Ufer, gewann Grund unter den Füßen und jagte auf die Bäume zu. Doch der Doppeldecker war schon wieder da. Wieder ratterte das MG, so daß ich hinter einem Felsbrocken Schutz suchen mußte. Damit hatte der Pilot gerechnet. Ich erfaßte seine Gedanken, bemerkte die Einschläge neben mir, schnellte mich hoch und flüchtete zehn Meter weiter. Dort landete ich erneut hinter einem Felsen. Das war genau in dem Augenblick, als meine erste Deckung von einer Bombe zerfetzt wurde. Unwillkürlich richtete ich meine Waffe auf das Flugzeug, doch ich löste sie nicht aus. Ich hätte den Mann getroffen, und obwohl ich ihn nur paralysiert hätte, wäre das Flugzeug abge stürzt. Der Mann wäre gestorben, und damit wäre die Gefahr ei nes Zeitparadoxons entstanden.
Zähneknirschend schob ich die Waffe in den Gurt zurück und richtete mich auf. Ich hörte das Bellen der Spürhunde. Selbstverständlich waren meine Mühen nun umsonst, denn nun wußten die Soldaten, wo ich zu suchen war.
Ich erreichte die Tannen und hatte damit ausreichenden Schutz gegen eine Deckung von oben. Mehrmals rauschte der Doppeldecker mit brummendem Motor über mich hinweg. Der Pilot warf auch noch einige Bomben, aber er wußte nicht, wo ich war. Die Wurfgeschosse schlugen weit von mir entfernt auf den weichen Boden und explodierten, ohne mich auch nur annähernd zu gefährden.
Ich rannte, so schnell ich konnte, um eine möglichst große Entfernung zwischen mich und das Suchkommando zu legen. Dabei riskierte ich hin und wieder einen Blick auf die erbeutete Zeitung. Sie trug das Datum vom 29. Mai 1916.
Schlimmer hätte es kaum kommen können.
Zu dieser Zeit tobte vor Verdun die gewaltigste Schlacht des Ersten Weltkriegs. In zwei Tagen würde die Skagerrak-Schlacht beginnen. Die deutsche Hochseeflotte unter Vizeadmiral R. Scheer würde auf die britische Home Fleet treffen. Aus einem vermeintlichen Gefecht der Vorhuten würde sich eine Schlacht der Linienschiffe und der schnellen Schlachtkreuzer entwickeln. Die Verluste würden besonders auf britischer Seite groß sein, ohne daß eine kriegsentscheidende Bedeutung erreicht werden würde.
Unter diesen Umständen mußten wir das Schlimmste befürchten. Wenn die Briten den Zeitdeformator fanden, würden sie ihn selbstverständlich für eine Geheimwaffe der Deutschen halten. Ganz ohne Frage würden sie Vollalarm geben und mit aller Macht angreifen. Wir mußten uns auf schwerste militärische Auseinandersetzungen gefaßt machen. Diesen standen wir jedoch nahezu hilflos gegenüber, denn wir durften niemanden töten.
Wir mußten alles vermeiden, was zu einem Zeitparadoxon führen konnte. Kleinste Fehlentscheidungen konnten fürchterliche Folgen für den Ablauf der kommenden Ereignisse in Europa und in der ganzen Welt haben.
Die Briten hätten nichts Besseres tun können, als uns zu ignorieren. Das war aber wohl zuviel von ihnen verlangt, denn sie konnten die Wahrheit schließlich noch nicht einmal erahnen.
Als ich einen steil aufsteigenden Hang erreichte, der mit Tannen bewachsen war, kam ich etwas langsamer voran. Die Deckung war schlecht. Der Doppeldecker kreiste noch immer in meiner Nähe und suchte mich.
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