Lotterie der Liebe
Augenbraue hoch. “Nein? Ich nahm an, dass Jonathan sich meine Ermahnung, endlich zu heiraten, zu Herzen genommen hat.”
Amy errötete noch tiefer. “Also nun, ja, nein. Wissen Sie, Mylord, er hat nur so viel Zeit mit mir verbracht, weil seine Schwester … ach, herrje! Das ist so schwierig. Ich hatte nicht beabsichtigt, so viel zu sagen.”
Das spöttische Lächeln des Marquess wurde freundlich. “Warum erzählen Sie mir nicht einfach alles, meine liebe Miss Bainbridge? Sie werden feststellen, dass es einfacher ist, zur Sache zu kommen, wenn Sie mir die Geschichte von Anfang an erzählen.”
“Ja, Mylord.” Amy begann zu begreifen, dass es nicht möglich war, nur einen Teil der Geschichte zu erzählen. Das wollte sie auch nicht. Der Marquess unterschied sich so sehr von dem Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte, und sie war sicher, er werde ihr doch irgendwie die Wahrheit entlocken. Er war genau wie sein Sohn.
“Ehe ich beginne, Mylord, sollten Sie wissen, dass ich über das angespannte Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Sohn Bescheid weiß. Es geht mich natürlich nichts an, aber das musste ich Ihnen sagen. Wenn Sie mir zuhören, werden Sie merken, dass Sie sich in ihm täuschen. Er ist durch und durch anständig.”
“Anständig? Wenn ich nicht befürchten würde, Miss Bainbridge, dass Sie mich zum Duell fordern, würde ich sagen, das war stark übertrieben ausgedrückt. Aber Ihre Geschichte wird für sich selbst sprechen. Und was meine Meinung über Sie angeht, so kann nichts etwas an meiner Wertschätzung für Sie ändern.”
“Danke, Sir.” Amy ließ nichts aus. Sie berichtete dem Marquess, wie sie seinen Sohn kennengelernt, später in der Lotterie gewonnen und wie er sich bereit erklärt hatte, die Spielschuld seiner Schwester zu übernehmen. Sie erzählte auch, dass man in der letzten Woche gemeinsam viel Gutes getan hatte.
“Ich nehme an, die Wertschätzung meines Sohnes für Sie ist noch größer als meine”, sagte der Marquess schließlich.
Amy sah den belustigten Ausdruck in seinen Augen, und das irritierte sie. Hastig schilderte sie, wie Lord Tallant ihr bei der Erpressung zur Seite gestanden hatte, erwähnte jedoch Lady Amanda und den Namen des Erpressers nicht. Schließlich kam sie auf die Geschichte zu sprechen, wie der Earl of Tallant vor sieben Jahren seine Schwester gerettet hatte, und sah endlich, dass der Marquess sehr gespannt und still geworden war.
Nachdem sie alles erzählt hatte, herrschte eine Weile Stille im Raum. Sie fühlte sich erschöpft, und ihr Herz klopfte wie wild. Sie empfand jedoch auch eine ungeheure Erleichterung darüber, dass sie getan hatte, was ihr Gerechtigkeitssinn von ihr gefordert hatte. Ihre einzige Sorge war jetzt, welche Wirkung das auf den Marquess haben würde.
“Es tut mir leid, Mylord, dass ich Sie derart schockiert habe, aber ich dachte, ich müsse Ihnen die Wahrheit sagen.”
“Sie haben das Richtige getan, Miss Bainbridge. Ich begreife nur nicht, warum ich das nicht schon früher erkannt habe. Ehrlich gesagt, habe ich nie versucht, meinen Sohn zurückzugewinnen. Ich war so wütend über sein Benehmen, und jeder neue Ärger schien meine Meinung über ihn nur zu bestätigen. Und was Juliana angeht, so habe ich noch mehr versagt. Ich konnte sie nie so lieben wie ihren Bruder, denn ich wusste, dass sie nicht mein Kind ist. Aber das ist nicht ihr Fehler. Es hätte keine Rolle spielen dürfen. Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass es von Bedeutung war.”
“Es ist nie zu spät”, sagte Amy leise.
“Es sieht ganz so aus, dass ich meinem Sohn schwer unrecht getan habe. Auch der Rest der Welt hat das getan. Aber Sie kennen ihn, Miss Bainbridge. Sie müssen zugeben, dass er nicht ganz schuldlos ist.”
“Nein. Er hat das Gleiche gesagt. Doch wenn man die Gründe kennt …”
“Kann man vergeben? Wenn Sie vergeben können, Miss Bainbridge, werde ich Ihnen ungemein dankbar sein.”
Hufgetrappel war auf der Allee zu hören. Zufrieden seufzend lehnte der Marquess sich im Sessel zurück.
“Das wird Jonathan sein. Ich denke, er ist zur richtigen Zeit hergekommen. Wie schön, dass meine Vermutung sich bestätigt.” Der Marquess bemerkte Amys fragenden Blick und lächelte. “Es ist ganz offenkundig, dass Sie meinen Sohn lieben, Miss Bainbridge. Das ist so unübersehbar, dass ich keine Hemmungen habe, darüber zu reden. Die Logik sagt mir, dass er, wenn er auch nur eine Spur dieses Gefühls für Sie aufbringt, Ihnen bis zum Ende der
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