love sheriffs
deiner Mutter liegengeblieben. Und angerufen habe ich nicht, weil ich mir schon dachte, dass du deiner Katze heute Nacht Gesellschaft leisten wirst und ich dir unbedingt dabei helfen wollte. Am Telefon hättest du es mir nur ausgeredet. Und gegen deinen ausdrücklichen Willen wäre ich nicht gekommen.«
»Würdest du gegen meinen ausdrücklichen Willen bleiben?«, frage ich.
»Nein«, sagt er. »Willst du, dass ich gehe?«
Ich sage nichts, sondern nehme seine Hand und drücke sie sanft. Ich bin froh, dass er gekommen ist, gekommen, ohne dass ich ihn darum habe bitten müssen. Nur er ist bei mir, sonst niemand, auch mein Freund nicht. Die Menschen liegen tot in ihren dunklen Häusern, alle, auch Max. Nur wir beide nicht: Pia, die Ninja, und Daniel, der Vampir. Ich bringe ihm den Text von Que sera sera bei. Mitsingen will er aber nicht. Er sagt, dann würden alle Katzen in der Gegend die Bäume hochfliehen. Aber er hört mir andächtig zu, als ich singe, und am Ende sagt er: »Schön«, und ich spüre, er meint es auch so. Schön.
Als ich ihn küsse, ist es, weil dies in einer solchen Nacht die einzig richtige Art ist, danke zu sagen. Und er nimmt meinen Dank an und meinen Kuss und lächelt und sagt: »Que sera sera.«
Was geschieht, geschieht.
Und dann ist die Nacht zu Ende.
»Da können wir nichts machen«, sagt der Feuerwehrmann, der in seiner Montur, aber ohne Helm vor mir steht. Auf der Straße sehe ich das Feuerwehrauto und trotz der frühen Stunde schon ein paar Schaulustige. Auch Kowalski hat sich eingefunden und hört zu, wie der Mann erklärt: »Wegen den Hochleitungen. Da kommen wir mit der Leiter nicht ran. Zu gefährlich.«
»Das habe ich ihr auch schon gesagt«, ruft Kowalski wichtigtuerisch.
»Können Sie denn gar nichts tun?«, fragt Daniel, während ich mit Enttäuschung und Panik kämpfe.
Der Feuerwehrmann überlegt und sagt dann: »Wir könnten die Katze mit einem Wasserstrahl vom Baum holen. Aber dann fliegt sie bis nach Holthausen.«
»Wir können doch die Kleine da oben nicht einfach sich selbst überlassen!«, schreie ich aufgebracht. »Es muss eine Möglichkeit geben!«
Der Mann schaut mich bedauernd an. »Tut mir leid. Aber wie gesagt... Wiedersehen.«
Er wendet sich ab und will zu seinem Auto laufen, doch ich halte ihn an der Jacke fest. »Oh, nein! Ich lasse Sie nicht eher hier weg, bis Sie es wenigstens versucht haben.«
»Hören Sie«, kommt Daniel mir zu Hilfe. »Ich bin Chefredakteur eines bekannten Magazins. Wir würden einen Bericht darüber bringen. Mit Ihnen als Held, der ein Herz für Tiere hat. Mit Bild von Ihnen, wie Sie die Katze im Arm halten. Na, wie klingt das? Wir könnten auch schreiben, der Baum hätte gebrannt, damit es mehr Dramatik bekommt. Was sagen Sie dazu?«
»Ich wollte schon immer mal groß in der Zeitung stehen - aber nicht auf der Nachrufseite. Sie können sagen, was Sie wollen: Ich riskiere mein Leben nicht für eine Katze, die nachher von ganz alleine herunterkommt, wenn der Hunger zu groß wird. Und jetzt sagen Sie Ihrer Frau bitte, sie soll mich loslassen.«
Ich lasse ihn los und schaue wenig später niedergeschlagen dem Einsatzwagen hinterher. Ich fühle mich kraftlos. Die Feuerwehrleute haben offenbar doch ihren Job erledigt und ein Feuer gelöscht - in mir. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich weiß es nicht.
»Habe ich doch gleich gesagt«, trompetet mir Kowalski ins Ohr. Und während Daniel mich tröstend in den Arm nimmt, spielt mein Nachbar einen Schauspieler, der einen Polizisten spielt, und scheucht die letzten Neugierigen weg. »Geht nach Hause, Leute! Hier gibt‘s nichts mehr zu sehen.«
Bh i Nein! Ich muss etwas unternehmen! Ich muss Rosina da runterholen. Jetzt!
»Herr Kowalski«, rufe ich. »War der Vorschlag, den Baum umzusägen, Ihr Ernst gestern?«
Eifrig kommt er auf mich zu. »Ich finde sowieso, dass er zu viel Licht wegnimmt.«
»Aber wäre das nicht erst recht gefährlich für meine Katze?«, frage ich, hin- und hergerissen von meinem Wunsch, Rosina aus ihrem luftigen Gefängnis zu befreien, und meiner Sorge, sie dabei zu verletzen oder ... oder sie sogar schlimm zu verletzen.
»Besser als wenn sie entkräftet den Stamm herabstürzt und dabei von einem Ast auf den nächsten schlägt.« Er macht eine nach unten führende Zickzack-Bewegung mit seiner Faust. »Wie eine Flipperkugel.«
Ich versuche krampfhaft, es mir nicht vorzustellen. Mir wird schlecht.
»Und warum ist das andere besser?«, hakt Daniel
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