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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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er schon fort. Er hatte sich versteckt. Aber ich wusste, dass er mich beobachtet. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel, auf dem BOOL! stand. Und darunter …«
    »Moment mal«, sagt Lisey.
    Scott betrachtet sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Du warst drei … Paul war sechs … vielleicht schon fast sie ben …«
    »Richtig.«
    »Aber er konnte kleine Rätsel erfinden, und du konntest sie lesen. Nicht nur lesen, sondern auch lösen.«
    »Und?« Hochgezogene Augenbrauen fragen, was daran be sonders sein soll.
    »Scott … hat dein verrückter Daddy gewusst, dass er zwei gottverdammte Wunderkinder misshandelt?«
    Scott überrascht sie, indem er den Kopf zurückwirft und lacht. »Das wäre seine geringste Sorge gewesen!«, sagt er. »Hör mir einfach nur zu, Lisey. Denn das war der schönste Tag, an den ich mich aus meiner Kindheit erinnern kann – vielleicht weil es ein so langer Tag war. Wahrscheinlich hatte jemand im Gyppum-Werk Mist gebaut, und unser Alter muss te Überstunden machen, keine Ahnung, jedenfalls hatten wir das Haus von acht Uhr morgens bis Sonnenuntergang für uns allein …
    »Kein Babysitter?«
    Er gibt keine Antwort, stattdessen sieht er sie an, als hätte sie eine Schraube locker.
    »Keine Nachbarsfrau, die mal nach euch gesehen hat?«
    »Unsere nächsten Nachbarn waren vier Meilen entfernt. Mulie's war näher. Das war Daddy nur recht – und den Leuten in der Stadt auch, das kannst du mir glauben.«
    »Also gut. Erzähl mir Kapitel zwei. Scott und das Gute Bool.«
    »Paul und das Gute Bool. Das Großartige Bool. Das Exzel lente Bool.« Sein Gesicht glättet sich bei der Erinnerung daran. Ein Ausgleich für den Horror des Sprungs vom Tisch in der Diele. »Paul hatte ein blau liniertes Notizbuch von Denni son, und wenn er sich die Stationen eines Bools ausgedacht hat, hat er ein Blatt herausgenommen und so gefaltet, dass er es in Streifen reißen konnte. So hat das Notizbuch länger gereicht, verstehst du?«
    »Ja.«
    »Aber an diesem Tag muss er zwei oder sogar drei Blätter rausgerissen haben – Lisey, es war solch ein langes Bool!« Im Widerschein seines Vergnügens glaubt Lisey den kleinen Jun gen zu sehen, der er damals war. »Auf dem Papierstreifen auf dem Tisch stand BOOL! – auf dem ersten und dem letzten Streifen stand das immer –, und gleich darunter …
    1O Gleich unter BOOL! steht in Pauls großer und sorgfäl tiger Druckschrift:
    1 FINDE MICH NAHE IN ETWAS SÜSSEM! 16
    Aber bevor Scott sich daranmacht, diese Anweisung zu ent rätseln, betrachtet er die Zahl und genießt diese 16 . Sechzehn Stationen! Er ist erfüllt von kribbelnder, freudiger Erregung. Das Beste daran ist die Gewissheit, dass Paul ihn niemals irre führt. Verspricht er sechzehn Stationen, wird es fünfzehn Rät sel geben. Und wenn Scott eines nicht lösen kann, wird Paul ihm helfen. Paul wird aus seinem Versteck mit unheimlich gespenstischer Stimme rufen (es ist eine Daddystimme, wie Scott erst Jahre später klar wird, als er mit Empty Devils einen unheimlich gespenstischen Roman schreibt) und ihm Tipps geben, bis Scott es kapiert. Scott ist jedoch immer weniger auf solche Zusatzhilfe angewiesen. Er wird im Rätsellösen rasch besser, genau wie Paul rasche Fortschritte in der Kunst des Rätselerfindens macht.
    Finde mich nahe in etwas Süßem.
    Scott sieht sich um. Sein Blick fällt fast sofort auf die große weiße Schale, die in einem von Sonnenstäubchen erfüllten Strahl Morgensonne auf dem Küchentisch steht. Er muss auf einen Stuhl klettern, um sie zu erreichen, und kichert, als Paul in seiner gespenstischen Daddystimme ruft: Wirf sie nicht runter, Idiot!
    Scott nimmt den Deckel ab, und auf dem Zucker liegt ein weiterer Papierstreifen mit der nächsten Mitteilung in Pauls großer, sorgfältiger Druckschrift:
    2 ICH BIN WO CLIDE IN DER SONNE MIT SPUHLEN GESPIELT HAT
    Clyde war ihr Kater, bis er im Frühjahr verschwunden ist, und die Jungen haben ihn beide geliebt, aber Daddy hat ihn nicht geliebt, weil Clyde ständig miaut hat, wenn er rein- oder raus wollte, und obwohl keiner von ihnen das laut sagt (und keiner von ihnen es jemals wagen würde, Daddy danach zu fragen), sind beide ziemlich sicher, dass etwas weit Größeres und viel Bösartigeres als ein Fuchs oder Jagdhund ihren Kater er wischt hat. Jedenfalls weiß Scott genau, wo Clyde immer in der Sonne gespielt hat, und macht sich eilig auf den Weg dorthin: Er trottet durch die Diele zur Veranda hinter dem Haus, ohne die Blutflecken unter seinen Füßen

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