Love
überlegte, ob sie in das kleine Büro in der Scheune zurückgehen sollte, um den aufgesprochenen Text zu ändern und ihre Handynummer anzugeben, als ihr einfiel, dass sie ihre Nummer gar nicht wusste. Ich rufe mich so selten an, Darling, dachte sie und lachte wieder schallend laut.
Sie fuhr langsam die Einfahrt hinunter und hoffte, dass Deputy Alston da war. Das war er: größer denn je und selbst recht urtümlich. Lisey stieg aus und tippte sich mit zwei Fin gern grüßend an die Schläfe. Alston forderte weder Verstär kung an noch lief er beim Anblick ihres Gesichts schreiend davon; er grinste nur und erwiderte ihren Gruß auf gleiche Weise.
Lisey hatte natürlich mit dem Gedanken gespielt, eine Geschichte zu erfinden, wenn sie auf einen wachhabenden Deputy stieß, irgendetwas darüber, dass »Zack McCool« angerufen und ihr mitgeteilt hätte, dass er in sein kleines olles Loch in West Virginny zurückkehrte und die Widwentussi des Schreibalings nicht mehr belästige; bei den Yankees wäre ihm einfach zu viel Po -lizei unterwegs. Den Akzent hätte sie natürlich weggelassen, und sie traute sich zu, recht überzeu gend zu sein, vor allem in ihrem gegenwärtigen Zustand der Taufgnade, aber letztlich war sie doch wieder davon abgekommen. Eine Story dieser Art konnte den amtierenden Sheriff Clusterfuck und seine Deputys dazu anstacheln, noch wachsamer zu sein, weil sie vielleicht zu der Einschätzung gelangten, dass Jim Dooley es darauf anlegt, sie einzulullen. Nein, es war viel besser, alles zu lassen, wie es war. Dooley hatte es einmal geschafft, zu ihr vorzudringen; er konnte es vermutlich wieder. Wenn er dabei geschnappt wurde, waren ihre Probleme gelöst … obwohl dies offen gesagt nicht mehr ihre bevorzugte Lösung war.
Jedenfalls gefiel ihr die Vorstellung nicht, Alston oder Boeckman mehr zu belügen als unbedingt nötig. Die beiden waren Cops, sie taten ihr Bestes, um sie zu beschützen, und vor allem waren sie zwei liebenswerte Trottel.
»Wie geht's, Mrs. Landon?«
»Danke, gut. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich nach Auburn rauffahre. Meine Schwester ist dort im Krankenhaus.«
»Oh, das tut mir aber leid. CMG oder Kingdom?«
»Greenlawn.«
Sie war sich nicht sicher, ob er das kennen würde, aber das kleine Zucken, das sein Gesicht straffte, schien darauf hinzu deuten. »Nun, das ist bedauerlich … aber wenigstens ist heute ein schöner Tag für eine Ausfahrt. Sie sollten nur vor Spät nachmittag zurück sein. Das Radio sagt schwere Gewitter voraus, vor allem hier im Westen.«
Lisey sah sich um und lächelte erst dem Tag, der wirklich sommerlich-prachtvoll war (zumindest im Moment), und dann Deputy Alston zu. »Ich werde mein Bestes tun. Danke für die Vorwarnung.«
»Kein Problem. Hören Sie, Ihre Nase sieht links etwas ge schwollen aus. Hat Sie irgendwas gestochen?«
»Das kriege ich manchmal von Mückenstichen«, sagte Lisey. »Neben der Lippe habe ich auch einen. Können Sie ihn sehen?«
Alston begutachtete ihren Mund, den Dooleys flache Hand vor nicht allzu langer Zeit so schmerzhaft getroffen hatte. »Nee«, sagte er. »Könnt nicht sagen, dass ich was seh.«
»Gut, dann scheint das Benadryl zu helfen. Solange ich da von nicht schläfrig werde.«
»Wenn Sie doch plötzlich müde werden, fahren Sie an den Straßenrand, okay? Tun Sie sich selbst einen Gefallen.«
»Ja, Dad«, sagte Lisey, und Alston lachte. Er wurde auch ein bisschen rot.
»Übrigens, Mrs. Landon …«
»Lisey.«
»Ja, Ma'am … Lisey. Andy hat angerufen. Er möchte, dass Sie gelegentlich im Sheriff's Office vorbeikommen und Ihre Aussage zu Protokoll geben. Damit er sie zu den Akten neh men kann. Würden Sie das tun?«
»Ja. Ich werde versuchen, bei ihm vorbeizuschauen, wenn ich aus Auburn zurückkomme.«
»Nun, ich will Ihnen ein kleines Geheimnis verraten, Mrs. Lan… Lisey. Unsere Sekretärinnen machen beide ziemlich früh Schluss, wenn für nachmittags Regen vorhergesagt wird. Sie wohnen drüben in Motton, und die dortigen Straßen sind überschwemmt, wenn man sie nur schief anguckt. Sie brau chen neue Bachdurchlässe.«
Lisey zuckte mit den Schultern. »Warten wir's ab.« Sie sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. »He, wie die Zeit vergeht!
Ich muss wirklich weiter. Übrigens können Sie gern die Toi lette im Haus benutzen, Deputy Alston. Der Schlüssel …«
»Joe. Sind Sie Lisey, bin ich Joe.«
Sie reckte einen Daumen hoch. »Okay, Joe. Der Schlüssel zur Hintertür liegt unter der Treppe. Wenn Sie ein
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