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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verstummte mitten in dem Vorwurf, seine Fingernägel wären immer schmutzig und er würde beim Lesen wie eine Ratte an ih nen herumnagen. Sie verstummte, und in diesem Augenblick waren keine Motorengeräusche vom Shamrock und dem Mill in der Innenstadt zu hören, keine quietschenden Reifen, nicht einmal der leise Klang der an diesem Wochenende in The Rock spielenden Band. Die Stille war gewaltig, und ihr wurde klar, dass sie alles zurücknehmen wollte, aber keine Ahnung hatte, wie sie das anfangen sollte. Das einfachste Mittel – Ich liebe dich trotzdem, Scott, komm ins Bett – wird ihr erst später einfallen. Erst nach dem Bool.
    »Scott … ich …«
    Sie hatte keine Ahnung, was sie als Nächstes sagen sollte, und das schien auch nicht nötig zu sein. Scott hob den linken Zeigefinger wie ein Lehrer, der etwas besonders Wichtiges unterstreichen will, und das Lächeln kehrte tatsächlich auf seine Lippen zurück. Jedenfalls irgendeine Art Lächeln.
    »Warte«, sagte er.
    »Warte?« Er wirkte zufrieden, als hätte sie endlich etwas sehr Schwie riges begriffen. »Warte.«
    Und bevor sie noch etwas sagen konnte, ging er einfach davon in die Dunkelheit: Rücken gerade, Gang aufrecht (an scheinend wieder stocknüchtern), die Jeans locker um seine schmalen Hüften. Sie sagte einmal seinen Namen – »Scott?« –, aber er hob wieder nur diesen Zeigefinger: Warte . Dann ver schluckten ihn die Schatten.
    17 Jetzt steht sie da und blickt sorgenvoll die Rasenflä che hinunter. Sie hat das Licht in der Küche ausgeschaltet, um besser sehen zu können, aber trotz der eingeschalteten Later ne im Garten nebenan sind die Schatten am unteren Teil des Hügels undurchdringlich. Im Garten nebenan bellt heiser ein Hund. Dieser Köter heißt Pluto, das weiß sie, weil sie oft ge hört hat, wie die Leute dort drüben ihn anschreien, obwohl das verdammt wenig hilft. Sie denkt an das Geräusch von zer splitterndem Glas, das sie vor einer Minute gehört hat: Wie jetzt das Bellen scheint das Splittern ganz aus der Nähe ge kommen zu sein. Näher als die sonstigen Geräusche, die diese ereignisreiche Unglücksnacht beleben.
    Warum, o warum musste sie so über ihn herfallen? Dabei wollte sie diesen blöden schwedischen Film doch überhaupt nicht sehen! Und warum hat es ihr so viel Freude gemacht? Eine derart gemeine, schmutzige Freude?
    Darauf weiß sie keine Antwort. Der Atem dieser Spätfrühlingsnacht umgibt sie mit lauen Düften, und wie lange ge nau ist er eigentlich schon dort unten in der Dunkelheit? Erst zwei Minuten? Vielleicht fünf? Es kommt ihr länger vor. Und das Klirren von zersplitterndem Glas, hatte das irgendwas mit Scott zu tun?
    Dort unten steht das Treibhaus. Parks Greenhouse.
    Eigentlich gibt es keinen Grund, dass deshalb ihr Herz zu rasen beginnt, doch genau das tut es. Und als sie gerade die sen beschleunigten Rhythmus bemerkt, nimmt sie jenseits der Grenze, hinter der ihre Augen nichts Bestimmtes mehr erken nen können, eine Bewegung wahr. Eine Sekunde später wird das sich bewegende Ding als Mann erkennbar. Sie verspürt Erleichterung, aber ihre Angst ist noch keineswegs gebannt. Sie muss weiter an das zersplitternde Glas denken. Und ir gendwas stimmt nicht mit der Art und Weise, wie er sich be wegt. Sein geschmeidiger, aufrechter Gang ist dahin.
    Jetzt ruft sie seinen Namen, aber was über ihre Lippen kommt, ist kaum mehr als Flüstern: »Scott?« Zugleich scharrt ihre Hand über die Wand, tastet nach dem Schalter für die Außenleuchte über der Tür.
    Ihre rufende Stimme ist leise, aber die schemenhafte Ge stalt, die über den Rasen heraufgestapft kommt – ja, das ist wirklich ein Stapfen, kein Gehen, sondern ein schwerfälliges Stapfen –, hebt den Kopf, als Liseys eigenartig taube Finger endlich den Lichtschalter finden und nach oben kippen. »Es ist ein Bool!«, ruft er laut, als das Licht aufflammt, und hätte er es besser inszenieren können, wenn er selbst der Regisseur wäre? Wohl kaum, denkt sie und hört in seiner Stimme eine verrückte jubelnde Erleichterung, als hätte er alles wieder ins Lot gebracht. »Und nicht nur irgendein Bool, sondern ein Blut-Bool!«
    Sie hat dieses Wort noch nie gehört, trotzdem missversteht sie es nicht als etwas anderes, als buh oder Buch oder was auch immer. Dies ist ein Bool, ein weiteres Scott-Wort, und nicht nur irgendein Bool, sondern ein Blut-Bool. Das Licht der Türleuchte springt ihm über den Rasen hinunter entgegen, und er streckt ihr seine linke Hand wie ein

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