Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
hatte: Sie würde kotzen, reihern, sich erbrechen, sich übergeben müssen. Mit geschlossenen Augen und offenem Mund hing sie über dem Becken, während ihr angespannter Magen sich verkrampfte. Nach einer gewichtigen Fünfsekundenpause stieß sie schließlich einen kleinen Rülpser aus, der wie eine Zikade summte. Sie blieb noch einen Augenblick vorn-übergebeugt stehen, um ganz sicher zu sein, dass nicht mehr kam. Anschließend spülte sie sich den Mund aus, spuckte das Wasser in die Spüle und zog »Zack McCools« Brief aus der Gesäßtasche ihrer Jeans. Es wurde Zeit, Joseph Woodbody anzurufen.
    4 Sie rechnete damit, sein Büro in der Pitt zu errei chen – wer würde einem Irren wie ihrem neuen Freund Zack seine Privatnummer geben? –, und war darauf gefasst, auf Woodbodys Anrufbeantworter etwas zu hinterlassen, was Scott vermutlich »eine rihiesig provokante Nachricht« genannt hät te. Stattdessen wurde der Hörer nach dem zweiten Klingeln abgenommen, und eine Frauenstimme, recht freundlich und möglicherweise durch diesen eminent wichtigen ersten Drink vor dem Dinner geschmiert, teilte Lisey mit, dass sie den An schluss der Woodbodys erreicht habe, und fragte nach ihrem Namen. Zum zweiten Mal an diesem Tag stellte Lisey sich als Mrs. Scott Landon vor.
    »Ich möchte Professor Woodbody sprechen«, sagte sie. Ihre Stimme klang angenehm und sanft.
    »Was darf ich ihm sagen, worum es sich handelt?«
    »Um die Papiere meines verstorbenen Mannes«, antwortete Lisey und ließ ihre geöffnete Packung Salem Lights vor sich auf dem Couchtisch kreiseln. Sie merkte, dass sie wieder Ziga retten, aber kein Feuer hatte. Vielleicht war das eine War nung, das Rauchen doch wieder aufzugeben, bevor es wieder seine kleinen gelben Haken in ihren Hirnstamm schlagen konnte. Sie überlegte, ob sie Er wird bestimmt mit mir reden wollen hinzufügen sollte, sparte sich jedoch die Mühe. Seine Frau würde Bescheid wissen.
    »Einen Augenblick, bitte.«
    Lisey wartete. Sie hatte sich nicht genau überlegt, was sie sagen wollte. Das entsprach einer weiteren Landon-Regel: Was man sagen wollte, legte man sich nur zurecht, wenn es sich um Meinungsverschiedenheiten handelte. War man wirk lich zornig – wollte man jemandem ein zweites Arschloch ver passen, wie man so schön sagte –, war es meist besser, tief Luft zu holen und loszulegen.
    Lisey saß also da, dachte bewusst an nichts und ließ die Zigarettenschachtel kreiseln. Sie drehte und drehte sich.
    Endlich sagte eine sanfte Männerstimme, an die sie sich zu erinnern glaubte: »Hallo, Mrs. Landon, was für eine angeneh me Überraschung.«
    SUWAS , dachte sie. SUWAS , Babylove .
    »Nein«, sagte Lisey, »dieses Gespräch wird durchaus nicht angenehm.«
    Eine Pause. Dann fragte er vorsichtig: »Wie bitte? Spreche ich mit Lisa Landon? Mrs. Scott Lan…«
    »Passen Sie auf, Sie Hurensohn. Ein Mann belästigt mich. Ich schätze, dass er verdammt gefährlich ist. Gestern hat er mir damit gedroht, mir wehzutun.«
    »Mrs. Landon …«
    »An Stellen, an die ich die Jungs auf Schulbällen in der Junior High nie rangelassen habe – so hat er sich ausge drückt, glaube ich. Und heute Abend …«
    »Mrs. Landon, ich weiß nicht …«
    »Heute Abend hat er eine tote Katze in meinen Briefkasten und einen Brief in meine Tür gesteckt, und in dem Brief steht eine Telefonnummer, diese Nummer hier, also erzählen Sie mir nicht, Sie wüssten nicht, wovon ich rede, wenn ich doch weiß, dass Sie's tun!« Beim letzten Wort versetzte Lisey der Zigarettenschachtel einen Schlag. Einen Rückhandschlag wie einem Federball. Sie flog durchs ganze Wohnzimmer und ver streute dabei Salem Lights. Lisey atmete stoßweise, aber mit weit geöffnetem Mund. Sie wollte nicht, dass Woodbody das mitbekam und ihren Zorn als Angst missdeutete.
    Woodbody gab keine Antwort. Lisey ließ ihm Zeit. Als er noch immer nicht redete, sagte sie: »Sind Sie noch da? Das will ich doch hoffen.«
    Sie wusste, dass dies derselbe Mann war, der ihr nun ant wortete, aber der glatte, sanfte Vorlesungstonfall war ver schwunden. Dieser Mann wirkte jünger und zugleich ir gendwie älter. »Ich lege Ihren Anruf jetzt auf Haltefunktion, Mrs. Landon, und nehme ihn in meinem Arbeitszimmer ent gegen.«
    »Damit Ihre Frau nicht mithören kann, meinen Sie.«
    »Einen Augenblick, bitte.«
    »Aber nicht zu lange, Woodsmucky, sonst …«
    Ein Klicken, dann herrschte Stille. Lisey wünschte sich, sie hätte vom schnurlosen Telefon in der Küche aus angerufen;

Weitere Kostenlose Bücher