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Luc - Fesseln der Vergangenheit

Luc - Fesseln der Vergangenheit

Titel: Luc - Fesseln der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ross
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auf die persönliche Erfahrung verzichten können. Wenn einer der Brüder ihm zu nahe kam, würde er sich für den hinterhältigen Angriff revanchieren und wenn es das Letzte war, das er auf dieser Welt tat.
    Die Tür wurde geöffnet. Sofort schloss er die Augen und lauschte angespannt. Bisher hatte er es nicht erlebt, dass Hamid die Stimme erhob. Jetzt gab der Afghane in durchdringender Lautstärke Befehle. Jedes Wort bohrte sich wie ein Dolch in Lucs Schläfe und mit Verspätung erreichte die Bedeutung sein malträtiertes Gehirn. Offenbar waren Warzais Leute eingetroffen und hatten andere Vorstellungen über seine Behandlung als die Brüder. Auch wenn ihm Hamids Eingreifen gefiel, hätte Luc ihm freiwillig ein Vermögen dafür gezahlt, dass er die Stimme senkte.
    Endlich war Hamid am Ende seiner Tirade angekommen und sprach in normaler Lautstärke weiter: »Ich werde dafür sorgen, dass er bei Warzais Eintreffen lebt. Wenn einer von euch meinen Bruder daran hindert, dies sicherzustellen, oder einer von euch noch einmal meine oder Kalils Autorität in Frage stellt, werdet ihr Warzais Ankunft nicht mehr erleben. Sind wir uns jetzt einig? Übernehmt die Wache draußen und haltet euch ansonsten zurück. Meine Geduld ist zu Ende. Und jetzt raus hier.«
    Schließlich kehrte Stille ein. Dann schlug die Tür mit einem lauten Knall zu, bei dem Luc ein Stöhnen unterdrücken musste.
    »Sorg dafür, dass er rechtzeitig aufwacht.« Das war erneut Hamid, wesentlich leiser, fast flüsternd. »Es ist zu knapp.«
    »Ach was, es müsste noch reichen, aber du weißt, dass er keinen Grund hat, mir zu trauen.«
    »Dann sorg dafür, dass er es trotzdem tut. Luc ist intelligent genug, um zu sehen, wie beschränkt seine Möglichkeiten sind. Wenn er unbedingt Selbstmord begehen will, können wir ihn nicht davon abhalten.«
    Ein tiefer Atemzug, dann wurde die Tür erneut geschlossen, aber Luc spürte, dass er nicht länger alleine war.
    Kalil machte seinem Ärger durch einen Vergleich von Warzais Männern mit einigen wenig schmeichelhaften Tierarten Luft und kam dann zu ihm. Luc öffnete die Augen einen winzigen Spalt und wartete, bis der Afghane ihn erreicht hatte. Seine zusammengekrümmte Haltung erwies sich jetzt als Vorteil. Er hatte genug Schwung, um zuzutreten. In der Kniekehle getroffen, fiel Kalil vorne über und landete hart auf dem Boden. Luc warf sich nach vorne und schmetterte seine gefesselten Hände gegen den Kiefer des Afghanen. Das dumpfe Keuchen gefiel ihm ausgesprochen gut. Aber es reichte nicht, Kalil warf sich zur Seite und kam schwankend wieder hoch. Luc hatte darauf gesetzt, ihn bewusstlos zu schlagen, so war sein Sieg nur von kurzer Dauer. An Händen und Füßen gefesselt, war er kein ernsthafter Gegner, solange der Afghane sich außerhalb seiner Reichweite hielt.
    Mit schmerzverzerrter Miene rieb sich Kalil über den Kiefer und humpelte zur Wand, gegen die er sich schwer lehnte. »Ich würde sagen, damit sind wir quitt. Wenn du es drauf anlegst, verschwinde ich und überlasse dich Warzai. Alternativ – beruhig dich und hör mir zu.«
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil du Jasmin etwas versprochen hast?«
    Das war ein Argument.
    Kalil beobachtete ihn abschätzend und nickte dann zufrieden. Mit dem Kopf deutete er auf einen Stoffbeutel, der während ihrer Rangelei auf dem Boden gelandet war. »Verbirg den Inhalt, bis du ihn brauchst. Zusätzliches Wasser findest du drüben beim Kocher. Nimm die Tabletten schon jetzt. Das ist reines Aspirin, ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es deinem Kopf geht.«
    »Hoffentlich so wie deinem Kiefer.«
    Kalil verzog den Mund zu einem Grinsen, das in einer Grimasse endete. »Hättest du dich brav ergeben, wenn wir dich höflich gebeten hätten? Das war der sicherste Weg, dich ohne weitere Blessuren zu überwältigen.«
    »Meine Dankbarkeit kennt keine Grenzen.«
    Unbeeindruckt von seinem drohenden Blick, kam Kalil zu ihm, hockte sich neben ihn und stopfte den Stoffbeutel unter die dünne Decke, die achtlos neben der Matratze lag. »Du kennst unsere Sitten und Gebräuche besser als viele andere, aber mir ist klar, dass selbst du nicht verstehen kannst, wie unser System funktioniert. Wenn sich herumspricht, dass man sich nicht länger auf Hamids Wort verlassen kann, bricht hier mehr zusammen, als du überschauen kannst. Ehre ist das Fundament für vieles, ohne sie bleibt nur Chaos. Wenn es nach uns gegangen wäre, hättest du mit Jasmin in den Sonnenuntergang reiten können, aber

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