Luc - Fesseln der Vergangenheit
Schlagabtausches ab. »Ich könnte euch ja noch stundenlang zuhören, aber es reicht. Ich bin Andi, das ist Mike. Schön, dich gefunden zu haben, Luc.«
Der Verzicht auf Formalitäten kam Luc entgegen, zumal Andi etwas älter als Luc wirkte und damit vermutlich auch ranghöher war. »Ich bin auch froh, euch zu sehen, aber das klang eben, als ob ihr mich hier erwartet habt.«
Die Deutschen wechselten einen Blick, den Luc nicht interpretieren konnte, dann antwortete Andi: »Also, hellsehen können wir tatsächlich noch nicht. Es war lediglich ein Gerücht, dem wir nachgegangen sind.«
Luc glaubte ihm kein Wort, konnte ihn aber auch nicht dazu zwingen, mehr zu sagen. »Wisst ihr zufällig, was mit Scott ist? Scott Henderson, er war mit mir im Wagen, als ich auf den Sprengsatz gefahren bin.«
»Liegt auf der Krankenstation in Kunduz und hat sich erfolgreich dagegen gewehrt, ausgeflogen zu werden. Eine fiese Verletzung am Bein, aber sie mussten ihn trotzdem fast anbinden, um ihn davon abzubringen, uns zu begleiten. Bist du fit genug, um noch ungefähr fünf Kilometer zu unserem Taxi zurückzulegen?«
»Klar.« Luc blickte den Hügel hinauf. »Ich möchte nur ungern ein Gewehr und eine Pistole dort oben liegen lassen. Außerdem können die Techniker vielleicht feststellen, ob die Waffen schon gegen uns verwendet worden sind.«
»Gewehr und Pistole? Auf die Erklärung bin ich gespannt. Eins ist jedoch klar: Du kletterst da nicht rauf. Mike übernimmt das. Dann hat er schon mal Gelegenheit, an seiner Ausrede zu arbeiten, wieso du ihn da oben überrascht hast.«
Mike hatte leise in das Mikrofon seines Headsets gesprochen und verzog jetzt den Mund. »Alles klar, Boss. Sie treffen gleich hier ein. Unser Freund hat den Anschluss verloren, aber leider haben sie ihn nicht abgehängt.«
Unvermittelt wechselte Andi zur deutschen Sprache. »Halt dich zurück, Mike. Du hast schon genug geredet. Versau die Sache nicht.«
»Tut mir leid, Andi. Hast recht. Der Kerl macht mich einfach nur krank.«
Luc ließ sich nicht anmerken, dass er die Sprache fließend sprach. Sein Vater war in Deutschland geboren worden und im Alter von zwölf Jahren mit seinen Eltern nach Amerika ausgewandert. Sowohl seine Großeltern als auch seine eigenen Eltern hatten darauf bestanden, dass Luc und seine Brüder die Sprache lernten. Da ihre Großeltern ganz in der Nähe seines Elternhauses wohnten und sie jeden Sommer einige Wochen zusammen verbracht hatten, sprachen die Kinder rasch Deutsch und Englisch bunt durcheinander.
Seine Neugier war endgültig geweckt. Das klang, als hätten die Deutschen gewusst, dass er hier entlanggehen würde. Dazu kam noch Kalils Forderung, dass Luc unbedingt diesen Pfad nutzen sollte. Das ergab keinen Sinn, es sei denn, Kalil und die Deutschen hätten sich abgestimmt, was er ausschließen konnte.
14
Mit einigen interessanten Flüchen erklomm Mike den Hügel. Schmunzelnd verfolgten Andi und Luc den Aufstieg. Bisher hatte der Deutsche sich auffallend zurückgehalten, jetzt warf er Luc einen Seitenblick zu. »Ist damit zu rechnen, dass du verfolgt wirst?«
Das war ein erster Vorgeschmack auf die endlosen Befragungen, die Luc bevorstanden, aber er hatte Zeit genug gehabt, sich eine Geschichte zurechtzulegen, die plausibel war und dennoch einige wesentliche Punkte verschwieg. »Ich glaube nicht. Eigentlich dürfte erst im Morgengrauen auffallen, dass ich meinen Aufenthalt eigenmächtig beendet habe.«
Besonders überrascht reagierte Andi nicht. Offenbar hatte Luc damit seine eigene Einschätzung nur bestätigt. »Dann haben wir Zeit genug. Ein kostenloser Tipp: Lass dein bemerkenswertes Messer verschwinden. Das wirft im Zweifel mehr Fragen auf, als du beantworten kannst.«
Zu dem Ergebnis war Luc bereits selbst gekommen und nickte nur.
Aus der Dunkelheit tauchten weitere Schatten auf. Anscheinend hatten die Deutschen in Form einer lockeren Kette die Gegend durchkämmt. Einer der Männer kam auf Andi zugestürmt und sah aus, als ob er jeden Moment zuschlagen würde. Luc erkannte Chris, den Jüngsten aus seinem eigenen Team, sofort. Ehe er einschreiten konnte, brüllte Chris los: »Was soll das heißen, wir brechen ab? Wenn es eine Chance gibt, meinen Boss zu finden, werden wir jetzt nicht aufhören. Meinetwegen haut ab und fliegt zurück, aber Timothy und ich bleiben hier und suchen weiter.«
Andi wirkte eher amüsiert als erbost und gab Luc ein Zeichen, die Sache selbst zu klären.
»Dein Einsatzeifer freut mich,
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