Luc - Fesseln der Vergangenheit
Polizisten, der viel zu spät zu seiner Hilfe herbeieilte, etwas zu, dass das Mikrofon nicht einfing. Beide Männer lachten und dieses Mal starrte Jasmin mit offenem Mund auf den Monitor und konnte es nicht glauben. Exakt diese Art zu lachen kannte sie von Luc.
Mit einem Mausklick fror sie die nächste Nahaufnahme des Reporters ein und zoomte es größer. Braune Haare, aber genauso dicht und etwas zerzaust, wie sie es von Luc kannte, dazu die gleichen blauen Augen und das umwerfende Grinsen, die Ähnlichkeit war unverkennbar. Das konnte doch nicht wahr sein, es musste sich um einen seiner Brüder handeln, die Luc erwähnt hatte. Unten im Bild war der Name des Reporters eingeblendet: Dominik DeGrasse.
Jasmin ließ die Sendung weiterlaufen und gab parallel den Namen in eine Suchmaschine ein. Nach kurzer Zeit wusste sie einiges, aber lange nicht genug. Dominik DeGrasse hatte als Reporter einen hervorragenden Ruf und wurde von einigen Politikern wegen seiner Art, die Dinge direkt beim Namen zu nennen, gefürchtet. Über sein Privatleben gab es keine nennenswerten Informationen, auch von sozialen Netzwerken wie Facebook und Konsorten hielt er sich fern, was für einen Journalisten eher ungewöhnlich war.
Vergeblich suchte sie nach Informationen über Brüder oder seine Eltern. Trotzdem war sie sicher, dass sie durch puren Zufall auf einen von Lucs Brüdern gestoßen war. Dominik veröffentlichte in unregelmäßigen Abständen kurze, scharfzüngige Kolumnen in einem Blog und bot seinen Lesern dort die Möglichkeit, ihn direkt per Mail zu kontaktieren. Es wäre einfach gewesen, ihn via Mail nach dem Schicksal von Luc oder sogar seiner Adresse zu fragen. Aber da sie es nicht einmal fertigbrachte, bei Kalil nachzufragen, konnte sie auch diesem Reporter keine Mail schicken. Großartig, damit hatte sie einen weiteren Punkt, der sie heute Nacht wach halten würde.
Luc klappte so heftig sein Notebook zu, dass er anschließend besorgt das Gehäuse betrachtete. Den Computer zu zerstören, brachte ihm höchstens eine kurzfristige Befriedigung, aber keinen Schritt weiter bei seiner Suche nach Antworten. Seine Augen brannten von dem stundenlangen Starren auf den Monitor und hinter seiner Schläfe pochte es. Damit war seine Stimmung endgültig auf dem Nullpunkt angekommen.
Das Geräusch der Wellen, die an den Strand schlugen, verfehlte an diesem Abend seine beruhigende Wirkung, obwohl er sich aus genau diesem Grund gegen sein Arbeitszimmer und für die Veranda entschieden hatte.
Den Kopf in den Nacken gelegt blickte er hinauf zum Sternenhimmel. In Kalifornien war es nachts wesentlich wärmer als in den afghanischen Bergen, aber die Luft ähnlich klar und frisch. Er liebte sein Haus direkt am Meer, eins der wenigen Luxusdinge, die er sich gönnte, aber in diesem Augenblick wäre er lieber in den Bergen unterwegs gewesen. Denn dort hätte er wesentlich bessere Aussichten gehabt, seine Fragen zu klären. Motorengeräusche und das Licht greller Halogenscheinwerfer rissen ihn aus seinen Gedanken. Luc reichte ein schneller Blick, um den Pickup zu identifizieren, der neben seinem Porsche hielt. Es gab keinen Grund, seine bequeme Haltung aufzugeben.
Wenig später klappte eine Tür und Schritte erklangen. Wortlos setzte sich Scott in einen der Holzstühle und platzierte sein verletztes Bein auf einem Hocker, ehe er Luc eine kalte Dose Bier zuschob.
»Danke.«
»Immer noch keinen Schritt weiter?«
Luc grunzte nur und genoss den ersten Schluck Bier.
»Seit wann bist du zurück? Ich hatte vorhin auf der Basis mit dir gerechnet.«
Verdammt, ihre lockere Verabredung hatte Luc komplett vergessen. Eigentlich waren sie beide noch zu mindestens zwei Wochen Zwangserholungsurlaub verdonnert, aber ursprünglich hatte er vorgehabt, die Fotos auf der Basis durchzugehen. »Beschwer dich bei den Ratten von der CIA . Als ich mit denen endlich fertig war, bin ich sofort abgehauen. Die Sat-Bilder kann ich mir auch hier ansehen, aber bisher habe ich noch keine Spur von Hamids Dorf entdeckt.«
»War es so schlimm?«
Luc zuckte mit den Schultern. »Noch schlimmer. Erst als ich gedroht habe, kein weiteres Wort ohne Anwalt zu sagen, haben sie mich gehen lassen. Ich hätte nie gedacht, unsere ganze Ausbildung in Sachen Verhörtechnik gegen unsere eigenen Leute anwenden zu müssen.«
»Was genau werfen sie dir eigentlich vor?«
»Dass ich überlebt habe?« Die unfaire Behandlung und die stundenlangen Verhöre nagten an Luc. Zugegeben, er hatte den
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