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Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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geht mich nichts an, Cait, aber sie gehören nicht gerade zu den nettesten Menschen der Welt.«
    »Ich weiß.«
    »Sie haben etwas Böses im Blut, besonders Tait und seine Freundin. Sie sind besessen davon.« Er schaute mich an. »Das blonde Mädchen, nach dem ich dich schon mal gefragt habe, das ohne Gesicht   –«
    »Angel?«
    Er nickte und starrte ins Feuer. »Sie sucht nach Dingen, nach denen sie nicht suchen sollte . . . nicht mit denen. Sie ziehen sie runter, Cait. Sie machen sie fertig. Und sie werden auch deinen Bruder runterziehen, wenn er nicht aufpasst.«
    Ich sah ihn an. »Was machen sie denn da nachts am Strand?«
    Er schaute zurück und schnippte dabei die Asche von seiner Zigarette. »Sie ruinieren sich.«
    Es war eine merkwürdige Formulierung – ein bisschen altmodisch, besonders für einen Jungen   –, aber irgendwie klang sie genau richtig.
    »Woher weißt du das alles?«, fragte ich.
    Er zuckte die Schultern.
    »Ich weiß nicht, was das bei Dominic soll«, sagte ich. »Sich mit Leuten wie denen abzugeben . . . als ob er plötzlich ein anderer Mensch wäre. Bist du sicher, dass er es war?«
    »Kurze blonde Haare, braune Augen, mittelgroß . . .«
    Ich schüttelte den Kopf und seufzte. »Er ist so
dumm

    Lucas zuckte nur wieder die Schultern. »Wir machen alle ab und zu mal was Dummes.«
    Ja, dachte ich, das scheint bei uns in der Familie zu liegen. Erst sieht Lucas
mich
mit einer Gruppe von Schwachsinnigen zusammen und jetzt muss er mich wegen
Dominics
abstoßenden Freunden warnen. Er kann doch nur glauben, wir sind alle verhaltensgestört oder so.
    Lucas drückte seine Zigarette aus und lächelte mich an. »Ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen. Dein Bruder hat, glaube ich, ein sicheres Gespür dafür, sich Ärger vom Hals zu halten. Wahrscheinlich verliert er über kurz oder lang sowieso sein Interesse an ihnen. Bis dahin halte ich die Augen offen. Wenn irgendwas aus dem Ruder läuft, regel ich das schon.«
    »Wie denn?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er lächelnd. »Mir fällt schon was ein.« Er stand auf und trat ans Feuer, um nach dem Essen zu sehen.
    Ich fragte: »Warum machst du das?«
    »Was – kochen?«
    »Nein – ich meine, warum willst du meinem Bruder helfen? Was hat er für dich getan?«
    »Nichts, soweit ich weiß.«
    »Warum dann ihm helfen?«
    »Warum hast du mir an der Brücke geholfen, als die andern mit Steinen nach mir geworfen haben? Was hab ich für dich getan?«
    »Na ja, nichts . . . aber   –«
    »Eine Sekunde.« Er löffelte ein Stück Fleisch aus derPfanne, blies ein bisschen, dann steckte er es in den Mund und kaute. »Ich denke, das ist so gut wie fertig.«
    Ich sah ihn an.
    »Hast du Hunger?«, fragte er.
    Ich nickte.
    Er lächelte. »Okay. Dann lass uns essen.«
     
    Bei einem überraschend wohlschmeckenden Essen aus Krebsen, gekochten Kartoffeln, alten Keksen und schwarzem Tee kamen wir schließlich dazu zu bereden, was bei dem Floßrennen passiert war.
    »Ich war mit Dad und Deefer oben auf der Klippe«, erzählte ich ihm. »Wir haben alles gesehen. Es war unglaublich.«
    Lucas sagte nichts, sondern nickte bloß und konzentrierte sich auf sein Essen. Es gab nur einen Teller, ein ziemlich verbeultes Blechteil. Lucas hatte darauf bestanden, ihn mir zu geben, deshalb aß er direkt aus der Pfanne. Er suchte ein Stück Krebsfleisch aus und gab es Deefer, der es mit völlig untypischer Würde annahm.
    »Es war gut, dass du da warst«, sagte ich. »Wenn es dich nicht gegeben hätte, wär das kleine Mädchen ertrunken. Niemand hat irgendwas unternommen. Ich konnte es überhaupt nicht glauben. Ich versteh nicht, was mit denen los war.«
    »Es gibt einfach solche Tage.«
    »Was?«
    »Manchmal gibt es so Tage, da gehen sämtliche Lichter aus; wen du auch triffst, jeder ist kalt und hart. Alles geht sie nichts an. Heute war so ein Tag. Hast du das nicht gespürt?«
    Ich dachte an Tait und Sara Toms und Lee Brendell am Deich . . . die bösen Blicke, das spöttische Lachen . . . aber eigentlich, dachte ich, waren sie
immer
kalt und hart. Ich verstand trotzdem, was Lucas meinte. Den ganzen Tag hatte ein bitterer Geschmack in der Luft gelegen.
    »Und was war mit dir?«, fragte ich. »Wieso waren
deine
Lichter nicht aus?«
    »Sie waren aus – deshalb dachte die Frau ja, ich würde ihrer Tochter was antun.«
    »Aber es
war
nicht so.«
    Er zuckte die Schultern. »Sie hat nur getan, was sie für richtig hielt.«
    »Na ja, wie auch immer. Dad wird jedenfalls mit ihr

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