Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)
mindestens einem halben terranischen Jahr Wache. Hier passiert nie etwas. In diesen gottverlassenen Gang kommt sowieso kein Mensch. Was meinst du, wie langweilig es war, bevor du hier eingeteilt wurdest.«
»Aber ich weiß nicht, irgendwie ist das komisch, hier so auf dem Gang, wenn uns jemand beobachtet.« Die Frau entwand ihren Kopf aus der Hand des Mannes, der ihr durch das kurze Haar streichelte.
»Das ist auf jeden Fall gegen die Dienstordnung.«
»Ich glaube nicht, dass darüber etwas in der Dienstordnung steht.« Der Mann grinste die Frau frech an.
»In der Dienstordnung steht, dass man sich von seinen Aufgaben nicht ablenken lassen darf«, entgegnete die Frau, sah den Mann aber mit dem gleichen schelmischen Blick an und wehrte die Hand des Mannes nicht mehr ab, die ihr zärtlich durchs Haar strich.
»Komm lass uns jetzt nicht streiten. Wir haben nur zwanzig Minuten. Dann müssen wir wieder diesen bekloppten Raum kontrollieren. Weißt du, wie lange es diese Station schon gibt? Dreihundert Jahre! Seit dreihundert Jahren latscht alle zwanzig Minuten jemand in diesen Raum und kontrolliert, ob irgendwas nicht stimmt. Und weißt du, wie oft hier schon was passiert ist? Nein? Kann ich dir sagen: In dreihundert Jahren ist hier noch kein einziges Mal etwas passiert! Erzähl du mir noch was von Dienstordnung!«
»Ich meine ja nur, ich fühl mich hier irgendwie beobachtet.« Trotzdem legte sie ihre Hand an den Hinterkopf des Mannes, zog ihn zu sich heran und begann, ihn intensiv zu küssen.
Lucy brauchte Kim gar nicht anzusehen. Sie wusste auch so, dass sie völlig begeistert den beiden zusah. Und sie musste auch nicht lange warten, bis sie Kims verträumte Stimme in ihr Ohr flüstern hörte: »Lucy, ich glaube wir machen hier etwas falsch. Die hier unten sind mir viel sympathischer als die kalten Aranaer da oben.«
Die beiden Liebenden waren dazu übergegangen, sich neben den Küssen intensiv zu streicheln.
»Verdammt!«, dachte Lucy. »Wir können hier doch nicht verborgen sitzen und zusehen.« Laut, das heißt flüsternd, sagte sie: »Kim, wir müssen da rein.«
Ohne weitere Vorwarnung zog sie ihre kleine Waffe und schoss schnell hintereinander zweimal. Die beiden sackten, noch im Kuss vereint, bewusstlos zusammen. Kim sah Lucy entsetzt an.
»Lucy spinnst du!«, rief sie mit vorwurfsvoller Stimme aus. »Das kannst du doch nicht machen. Doch nicht in so einer Situation.«
»Hätte ich noch einen Augenblick warten sollen, damit du noch ein wenig länger zusehen kannst?«, erwiderte Lucy sarkastisch.
»Das hat doch nichts mit mir zu tun. So eine Situation hat was mit Vertrauen zu tun, mit Geborgenheit. Und du schießt sie einfach nieder.«
»Kim, wir haben eine Aufgabe. Wir müssen da rein. Hilf mir lieber mal. Die zwei müssen ja nicht auch noch Ärger bekommen, weil sie hier rumgemacht haben.«
Lucy trennte die beiden voneinander, legte ihnen ihre Waffen in die Hände. Es sollte so aussehen, als hätten sie wenigstens versucht, sich zu wehren.
»Lucy, du bist wirklich unromantischer als alle Kerle, die ich kenne, zusammen. Hättest du die nicht wenigstens vorwarnen können«, fing Kim wieder an, während sie Lucy half, die Bewusstlosen zu arrangieren.
»Am Besten damit die dich erschießen oder was? Vielleicht hast du recht, dann würde mir jetzt wenigstens niemand blöde Vorwürfe machen.«
»Oh Mann, Lucy, ich mag nicht, wenn du so bist.«
»Und ich mag es nicht, wenn du vergisst, warum wir hier sind und wer diese netten Schmusekatzen hier sind.«
Die beiden stritten sich weiter. Lucy war froh als die Viertelstunde, die sie bis zur nächsten Inspektion warten mussten, herum war.
»Wir müssen los!«, unterbrach sie abrupt Kims Wortschwall von Vorwürfen. Kim sah sie wütend an und wollte schon losstapfen. Lucy hielt sie zurück.
»Schalte den Schirm aus. Wir spielen jetzt die beiden. Du spielst den Mann.« Lucy grinste Kim an. Die sah sie wütend an. Für eine Sekunde sah sie aus, als wollte sie protestieren, dann grinste auch sie versöhnlich.
Beide hatten die Schirmmützen soweit es ging in die Stirn gezogen. Vorher hatten sie sich gegenseitig ihre Haare unter die Mützen geschoben. Lucy machte sich keine Illusionen, dass sie von den beiden Wachen zu unterscheiden waren. Sie hoffte einfach, dass nach dreihundertjähriger Routine ohne Zwischenfälle keiner so genau auf die Kamera sehen würde.
Kim ging vor. Beide vermieden jeden Blick zur Kamera. Ihre Gesichter sollten nicht zu erkennen
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