Lucy & Olivia - Das Vampirgeheimnis
treffen. Als sie ihre Schließfachtür zuknallte, hatte sie den Eindruck, jemand wäre durch eine nahe gelegene Tür verschwunden. Sie starrte einen Moment lang in die Richtung, aber es tauchte niemand wieder auf. Der Gang war sowieso praktisch leer.
Diese Geschichte mit Serena Star hat mich schon ganz paranoid gemacht, beschloss sie mit einem Kopfschütteln. In der Bücherei war sie sogar davon überzeugt gewesen, dass jemand sie durchs Fenster beobachtet hatte.
Lucy drehte sich um und ging den Gang entlang. Egal wie oft sie sich sagte, dass alles in Ordnung sei – sie wurde das Gefühl nicht los, dass ihr jemand folgte. Langsam begannen sich die Gänge wieder zu füllen, weil die AGs und Sportkurse nun zu Ende waren.
An der Ecke der Eingangshalle biss Lucy die Zähne zusammen und wirbelte plötzlich herum. Ein paar Meter hinter ihr duckte sich jemand in einem blauen Hemd hinter einem großen Mädchen, das ein Basketball-Trikot trug. Das Mädchen fand das offenbar komisch, denn es trat einen Schritt zur Seite und zum Vorschein kam … Toby Decker!
»Kann ich dir helfen?«, fragte das große Mädchen. Es hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah auf Toby runter. Toby begegnete nervös Lucys Blick, sprang auf und beugte sich über einen Wasserspender in der Nähe.
Auf einmal tauchte Olivia neben Lucy auf. »Ich hab dich gesucht«, sagte sie.
»Offenbar bist du nicht die Einzige«, erwiderte Lucy. »Ich glaube, Toby Decker verfolgt mich.« Sie zeigte zum Wasserspender, von dem aus Toby zu ihnen rüberschielte, während sich sein Mund mit Wasser füllte.
»Das wollte ich dir sagen«, murmelte Olivia leise. »Charlotte hat Serena Star erzählt, dass du so was wie die Königin der Gruftis bist. Und jetzt hat Serena Toby befohlen, jeden deiner Schritte zu beobachten.«
»Was?«, rief Lucy aus.
»Pst!«, raunte Olivia und gab Lucy ein Zeichen, neben ihr herzugehen. Sie sprach aus dem Mundwinkel.
»Benimm dich ganz natürlich. Serena glaubt außerdem, dass die Leute hier von Vampiren besessen sind.«
Lucys Herz setzte kurz aus, und sie konnte nicht anders, als einen Blick über die Schulter zu werfen. Dabei sah sie, wie Toby ein riesiges Teleobjektiv auf eine Kamera steckte. »Er versucht, Fotos von uns zu machen!«, gab sie bekannt und schluckte.
»Wir sollten nicht zusammen gesehen werden«, sagte Olivia.
Lucy stimmte ihr mit einem winzigen Nicken zu und flüsterte: »Wir treffen uns in einer halben Stunde im Meat & Greet .« Sie trennten sich und durchquerten die Eingangshalle in unterschiedlichen Richtungen.
Eine halbe Stunde später betrat Lucy das Meat & Greet und sah, dass ihre Schwester alleine direkt neben ihrem üblichen Tisch im hinteren Teil des Restaurants saß. Sie warf einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass Toby sich am Rand des Parkplatzes herumtrieb.
Lucy und Olivia warfen sich einen wissenden Blick zu. Daraufhin setzte sich Lucy an ihren üblichen Tisch – Rücken an Rücken mit ihrer Schwester, nur durch die Banklehne voneinander getrennt. Lucy nahm sich eine Speisekarte und tat so, als würde sie diese lesen.
»Es geht nicht, dass Toby mir die ganze Zeit hinterherschnüffelt«, sagte sie zu ihrer Speisekarte. »Was, wenn er mir bis zum BloodMart folgt oder so?«
Am Tisch neben ihr bestellte Olivia laut Schokoladenkuchen. Dann hörte Lucy sie flüstern: »Vielleicht ist das gar nicht so schlecht.«
»Das haben die Leute früher auch über öffentliche Hinrichtungen gesagt«, murmelte Lucy. »Und damit lagen sie genauso falsch.«
»Überleg doch mal«, flüsterte Olivia über ihre Schulter. »Wenn Toby dir die ganze Zeit folgt, kannst du kontrollieren, was er zu sehen bekommt – er wird nichts Interessantes finden, wenn du ihn nicht lässt.«
Lucy überlegte kurz. Ihre Schwester hatte völlig recht.
Als Sophia ankam, sah sie mit einem ernstlich verwirrten Gesichtsausdruck auf die beiden herunter. »Warum sitzt ihr zwei an verschiedenen Tischen?«
»Serena Star hat Toby Decker darauf angesetzt, mich auszuspionieren«, sprudelte es aus Lucy heraus. »Olivia darf nicht mit mir zusammen gesehen werden, weil sie eine Doppelagentin ist.«
»Verrückt«, sagte Sophia und rutschte Lucy gegenüber auf die Bank. »Auf dem Weg hier rein bin ich gerade an Toby vorbeigekommen.« Dann flüsterte sie Olivias Hinterkopf zu: »Hi, Olivia.«
»Hi, Soph«, flüsterte Olivia zurück.
»Glaubst du, mein Handy wird abgehört?«, fragte Lucy.
Sophia verdrehte die Augen.
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