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Luegen haben huebsche Beine

Luegen haben huebsche Beine

Titel: Luegen haben huebsche Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nell Dixon
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Weizenflocken oder Cornflakes zu sagen, doch brachte es alles nichts. Die Worte blieben in meinem Hirn hängen. Es war dermaßen frustrierend, dass ich am liebsten laut geschrien hätte. Wie sollten wir jemals wieder in der Lage sein, irgendein Ding zu drehen, wenn ich nicht lügen konnte?
    »Was ist das hier?« Er hielt mir eine Apfelsine unter die Nase.
    »Eine Apfelsine.« Gott, war das deprimierend. Ich hatte verzweifelt versucht, Apfel zu sagen.
    »Bist du sicher, dass du dich wirklich bemühst, Abbey?« Er packte die Schoko-Pops in eine Kiste mit der Aufschrift »Küchensachen«. Ich wusste, dass er enttäuscht war. Er war überzeugt gewesen, dass er die Lösung für all meine Probleme hatte. Ich muss zugeben, dass ich selbst davon überzeugt gewesen war, als ich all die Artikel gelesen hatte, die er ausgedruckt hatte, und das Informationsmaterial, das der CD beigelegen hatte.
    »Vielleicht brauche ich noch weitere Sitzungen.« Ich wusste nicht genau, ob ich noch weitere Sitzungen wollte , nur hatte ich seit der ersten angefangen, mehr und mehr über Mum nachzudenken. Ich war vier gewesen, als sie verschwand. Charly war damals dreizehn gewesen und Kip noch ein Baby. Falls meine durch die Regressionstherapie aufgewühlten Erinnerungen zu Hinweisen darüber führten, was mit ihr geschehen war, musste ich mehr herausfinden.
    Kip legte die Stirn in Falten. »Da könntest du recht haben. Wenn wir das neue Haus bezogen haben, werden wir es noch einmal probieren.«
    Ich packte weiter Geschirr in die Kiste. Charlie hatte arrangiert, dass wir Tante Beatrice einen Besuch abstatteten, bevor wir nach Cheshire fuhren. Tante Beatrice hatte immer noch unsere Geburtsurkunden und ein paar Fotografien aus der Zeit, als wir noch Kinder gewesen waren. Sie hatte ebenfalls ein paar Fotos von Mum. Keiner von uns freute sich darauf, dem alten Elend neuerlich ins Auge zu sehen, doch wie Charlie es formuliert hatte, war es höchste Zeit, dass wir uns die Sachen holten, die rechtmäßig uns gehörten. Während sich das in der Theorie gut anhörte, war ich nicht so sicher, ob es sich auch in die Praxis umsetzen ließ.
    »Wird wieder mal umgezogen, Charlotte?«
    Abgestandener Tee füllte die anmutigen Teetässchen, die wir in den Händen hielten, während wir aufgereiht wie die Orgelpfeifen auf Tante Beatrices Ledersofa saßen und uns wünschten, wir wären woanders. Wie Gewitterwolken hingen die Erinnerungen in der Luft, Erinnerungen an Mahnungen wie die, uns die Füße abzutreten, unseren Rosenkohl aufzuessen und dass man uns zwar sehen, aber niemals hören dürfe.
    »Das liegt an unserer Arbeit, Tante Beatrice. Unsere Firma ist ziemlich erfolgreich, aber wir müssen halt dahin ziehen, wo die Arbeit ist.« Charlie schenkte dem Tantchen ein kleines, aber feines Lächeln. Ich wusste, dass sich ihre Erinnerungen an das Leben hier nicht von meinen unterschieden. Es war besser gewesen, als im Waisenhaus zu leben, aber nicht wesentlich besser. Meine Schwester hatte die Hauptlast getragen; sie war ein Teenager gewesen, als wir hier eingezogen waren, und hatte sozusagen über Nacht ein Miniatur-Erwachsener werden müssen. Es wurde von ihr erwartet, dass sie das Gros der Hausarbeiten erledigte und Kip versorgte. Tante Beatrice hatte Charlie nicht erlaubt, mit ihren Freundinnen auszugehen, denn es hätte ja sein können, dass sie »vom rechten Weg abkam« wie unsere Mutter. Später, als ich älter wurde, erfuhr ich das Ganze dann am eigenen Leib.
    »Ich kann nur nicht verstehen, warum ihr den armen Christopher immer mit Euch herumschleppen müsst. Er weiß doch, dass er immer ein Zuhause bei mir hat.«
    Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, dass von Kip die Rede war. Außer Tante Beatrice gab es niemanden, der ihn jemals Christopher genannt hatte. Die Muskeln in Kips Bein, das fest gegen meines gedrückt war, spannten sich mit aller Kraft, als sie sagte, was für ihn einer Drohung gleichkam.
    »Das ist sehr großzügig von dir, Tantchen, aber wir glauben, dass ihm eine andere Umgebung guttun wird.«
    Tante Beatrice blickte über den Rand ihrer Teetasse hinweg und nahm ihn genauer in Augenschein. »Er sieht ziemlich käsig aus«, urteilte sie. »Du bist heute sehr still, Abigail. Geht es dir gut?«
    Ich bemühte mich, nur ja nicht zu zappeln, als sie mir so plötzlich ihre Aufmerksamkeit schenkte. »Sehr gut, Tantchen, danke.« Von dem Blitzschlag hatten wir ihr nichts erzählt. Es wäre schwierig geworden, ihr das mit dem anderen Namen zu

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