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Luegensommer

Titel: Luegensommer
Autoren: Alexandra Kui
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ihn betrogen hat, dennoch stellt sich der Fall wohl mittlerweile so komplex dar, dass die Haftgründe nicht mehr ausreichen dürften.«
    »Echt jetzt?«
    »Echt jetzt.«
    Marit hüpft aus dem Bett und bricht in Jubel aus, fällt erst ihrem Vater, dann ihrer Mutter um den Hals, sämtliche Hassgefühle gegen die beiden ziehen sich in die finstere Kammer ihres Empfindens zurück, aus der sie gekommen sind. Alles vergeben und – fast – vergessen. Ansgar kommt nach Hause. Und sie hat es gewusst.

Nasser Tag
    Liebe Marit. Wenn du das hier liest, bin ich tot. Ersoffen. Ich kann so nicht mehr weitermachen. Mein Leben ist verpfuscht und ich würde nichts lieber tun, als Mutter die Schuld zu geben, weil sie dieses Monster aus mir gemacht hat, das ich heute bin, aber das wäre billig. Ich hab’s allein vermasselt, sie wollte mir nur helfen. Bitte verzeih mir all die Lügen, wenn du kannst. Vielleicht irgendwann. Eins musst du wissen: Ich habe dich sehr geliebt. Du warst mein Lieblingsmensch …
    D ance with somebody. Nicht schon wieder das Lied. Mando Diao rauf und runter. Gut platziert ist der Song, ein Garant für eine rammelvolle Tanzfläche, und der DJ, den Franka für ihre Abschiedsparty engagiert hat, versteht sein Handwerk. »I wanna dance with somebody – dance with somebody – dance – dance – daaaaance!«, brüllt die sexy Stimme des Sängers, quietschende Geigen, und alle parieren, wollen mit irgendwem tanzen, sogar mit Marit, obgleich sie mit ihrer lauwarmen Bionade abseitssteht, aus allen Poren Frustration ausdünstet und jeden abblitzen lässt, der sich ihr nähert. Grund für die neueste Talfahrt ihrer Gefühlsachterbahn: Jan natürlich. Wer sonst? Jan, der mal wieder nicht da ist, wo er hingehört, nämlich an ihre Seite, der nicht an sein Handy geht, der nicht bei sich zu Hause ist, nicht bei einem seiner drei Jobs, nicht in der Laube. Moment: drei Jobs? Von wegen. Den einen hat er vor zwei Monaten gekündigt, und zwar den im Callcenter, wie ihr der Bereichsleiter mitteilte, worauf sie natürlich wie eine Idiotin dastand. Hätte sie Jan nicht wegen dieser dämlichen Party hinterhertelefoniert, hätte sie noch immer nicht die blasseste Ahnung davon. Hat er bloß vergessen, sie über diese Kleinigkeit zu informieren, oder macht er ihr absichtlich etwas vor? Und viel wichtiger: Wo hat er wirklich gesteckt, als er vorgab, im Callcenter Dienst zu schieben?
    Franka tanzt mit erhobenen Armen und einem faszinierenden Hüftschwung auf sie zu, ein Vamp in dunkelroter Seide. »Hey, Marit, amüsierst du dich gut?«
    Typisch Franka diese Frage. Marit nickt artig. Die Musik ist eigentlich zu laut für eine Unterhaltung.
    Franka stört das weniger: »Du siehst heute richtig scharf aus«, brüllt sie und strahlt Marit in Erwartung einer entsprechenden Erwiderung freudig an.
    Marit tut ihr den Gefallen. »Und du erst. Dein Kleid ist der Hammer.« Das ist es wirklich. Der fließende Stoff, die Rüschen am linken Armausschnitt, die gewagte Rocklänge. Gewagt und gewonnen, denn Franka kann es tragen. Dagegen fühlt sich Marit in ihrem knielangen weißen Baumwollhängerchen an Zeiten erinnert, in denen sie dachte, es würde sich niemals ein Junge in sie verlieben. Und wenn schon: Ihres ist ein Strandkleid, ideal, um den Bikini darunterzuziehen, und das hier ist eine Poolparty. Franka ist schlicht und ergreifend overdressed. Was soll’s, es ist ihr Abend.
    Die Freundin winkt ihren Ex herbei und nötigt ihn, ein Foto von ihnen beiden zu schießen. Arm in Arm grinsen sie in die Kamera. Als Hendrik ihr das Bild auf dem Display zeigt, ist Franka ganz aus dem Häuschen. »Wie geil, das lass ich mir einrahmen. Wir zwei Hübschen, was Marit? Engelchen und Teufelchen.«
    »Wer ist wer?«, fragt Marit, ohne einen Blick auf das Foto zu werfen, worauf Franka vor Lachen kreischt.
    Marit lässt sie stehen und geht hinüber zur Bar. Allmählich ist sie es leid, ständig für brav gehalten zu werden. Hallo, sie hat einen Mörder gejagt! Damit ist jetzt allerdings Schluss, das musste sie ihren Eltern versprechen. Ihr ist es recht. Wenn Ansgar rauskommt, hat sie ohnehin erreicht, was sie wollte, um den Rest soll sich die bekloppte Varnhorn kümmern. Marit muss ihr eigenes Leben in Ordnung bringen, und sie hat wenig Lust, mit ihrem Mini ebenfalls baden zu gehen.
    Jan, dieser Arsch.
    Marit stellt die halb leere Bionadeflasche auf dem Tresen ab. Frankas Vater, vom Banker zum Barmann degradiert, mixt unaufgefordert einen Caipirinha für sie
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