Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luftschlösser

Luftschlösser

Titel: Luftschlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Nitzsche
Vom Netzwerk:
Gästezimmer im unteren Stockwerk. Dazu sagte Persephones Brief: ‘Auch in diesem Zimmer hielt ich freundliche Motive für angeraten. Deshalb zwei Bilder von John Constable - ‘ Seepromenade und Hängebrücke von Brighton’ , gemalt von 1824-27 und ‘Das Kornfeld’ von 1826. Kornfelder in beiden Gästezimmern, das nenne ich Kontinuität.’ Charles lachte leise vor sich hin. Er liebte diese Art von Humor.
    ‘Im Wohnzimmer selbst wollte ich dich nur mit drei Werken erfreuen, die ich persönlich so atemberaubend finde, dass ich mir immer wünsche, dass auch alle anderen sie gern ansehen. Das abstrakte Bild ist ‘Tirol’ von Franz Marc aus dem Jahr 1914. Wenn man sich darauf einlässt, kann man es über Stunden betrachten und immer neue Facetten darin entdecken, finde ich. Das andere Bild unterscheidet sich sehr davon, ist aber nicht minder faszinierend, ‘Der Kuss’ von Gustav Klimt, gemalt zwischen 1907 und 1908. Dazu muss ich mich wohl nicht weiter äußern - schon die Farbgestaltung ist traumhaft schön. Das Bild über deiner Couch ist Art Nouveau vom Feinsten, Alphonse Muchas ‘ Edelsteine’ aus dem Jahr 1900. Jede einzelne Darstellung kann, meiner Meinung nach, den Betrachter in ihren Bann ziehen. Pass’ also auf, dass deine Gäste künftig nicht nur mit offenen Mündern vor diesen betörenden Damen stehen und ganz vergessen, dass sie mit dir Konversation betreiben sollten.’ Bei diesen Worten merkte man Sephis Liebe und Leidenschaft für Kunst ganz deutlich. Charles mochte die drei Gemälde schon allein deshalb. Und sie hatte vollkommen Recht - wenn man sich erst einmal darin vertieft hatte, konnte man den Blick so schnell nicht mehr abwenden. Mit seinen eigenen Assoziationen zum Thema Kuss war es sogar nahezu unmöglich.
    Er ließ seinen Blick schweifen. Auf der Fensterbank lagen Sitzkissen - blau-weiß gestreift, passend zum Strandhaus-Look. Daneben zwei Gedichtbände und eine Autobiographie von Noel Coward. Im Zeitungsständer neben der Couch lagen die aktuellen Ausgaben des Playboy (Charles’ Augenbrauen schnellten nach oben), des GQ und eines Technikmagazins. Was hatte er noch nicht angeschaut? Ah, ja, das Sideboard an der gegenüberliegenden Wand. Zu seiner Verblüffung befanden sich darauf mehrere Fotos, die ihn als Jungen mit seinen Eltern zeigten, eins seiner Eltern als Paar und eins, auf dem nur er als Teenager zu sehen war. An diesem Foto blieb sein Blick hängen. Etwas stimmte damit nicht, Charles wusste nur nicht sofort, was es war. Sein jüngeres Ich grinste ihn vergnügt an, mit nassen Haaren und nacktem Oberkörper. Moment mal, da fehlte etwas! Tatsächlich, ihm fiel wieder ein, wann Edward dieses Bild geschossen hatte. Persephone hatte neben ihm gestanden und ebenso fröhlich in die Kamera ihres Vaters gestrahlt. Diesen Teil hatte sie nun nachträglich entfernt. Charles schluckte hart. Diese ganze Wohnung atmete Verständnis, Zuneigung, vielleicht sogar Liebe, aber ausgerechnet der eine offensichtliche Beweis ihrer Zusammengehörigkeit war verändert, auseinander gerissen, zerstört worden. Das traf ihn hart, denn es widersprach seinen eigenen, neu entdeckten, Gefühlen auf das Heftigste. Vielleicht hatte sie angenommen, ihm sei die Erinnerung an die gemeinsame Vergangenheit unangenehm. Passen würde es zu ihrer eher abweisenden Zurückhaltung. Ihm fiel wieder ein, dass er ihren Brief noch in der Hand hielt und las den letzten Abschnitt.
    ‘Ich habe mir nicht angemaßt, einen Fernseher und eine Stereoanlage für dich zu kaufen, weil ich weiß, dass Männer einen sehr eigenen Kopf haben, wenn es um Technik geht. Wenn du dort (er überflog die niedergeschriebene Adresse) etwas Passendes findest, nach Warren fragst und ihm sagst, dass du mein Bekannter bist, macht er dir einen guten Preis. Das haben wir so ausgehandelt. Abschließend bleibt mir nur noch, dir eine gute Zeit in deinem neuen Domizil zu wünschen und meine Hoffnung zu äußern, dass alles zu deiner Zufriedenheit eingerichtet ist. Nachträgliche Änderungen und Reklamationen sind jederzeit möglich. Alles Gute, Persephone.’
    So einfach war das für sie? ‘Alles Gute’ und das war’s? Charles musste sich einen Plan überlegen, um sie weiterhin treffen zu können. Oder zumindest, um ein Wiedersehen anzuleiern. Eins, bei dem Persephone nicht ablehnen konnte. Keine besonders leichte Aufgabe, zumal sie beinahe alles ablehnte, was mit ihm zu tun hatte. Kommt Zeit, kommt Rat, das hatte schon seine Oma gewusst, und die hatte

Weitere Kostenlose Bücher