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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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schwierige Frage! Die Chroniken boten beide
Lösungen an: Manch Edler in seiner, Trix’, Lage legte
keinen Wert auf ein makelloses Äußeres und war dreckig, abgerissen und blutverschmiert umhergezogen, um
den Ernst der Lage zu unterstreichen. Manch anderer zog
ein gepflegtes Auftreten vor, um zu zeigen, dass sein
Geist nicht gebrochen war und wahrer Adel sich nicht
unterkriegen ließ.
Da riss das Auftauchen von zwei Jünglingen, die einander wie zwei Brüder glichen, Trix aus seinen Grübeleien. Die beiden mochten sechzehn oder siebzehn Jahre
alt sein und trugen Hosen aus grünem Cord, spitzenbesetzte Batisthemden und kurze Jacken aus braunem
Samt. Unter den jeweils mit drei Federn – einer roten,
einer blauen und einer grünen – besetzten Hüten lugten
blonde Locken hervor. Beide hatten Mappen mit Blättern dabei, aus den Brusttaschen ragten gleich einem
Kamm Buntstifte auf. Kurz und gut, selbst Trix konnte
in ihnen mühelos Gesellen aus der ruhmreichen Gilde
der Künstler erkennen.
Die beiden hatten für Trix nur einen flüchtigen Blick
übrig, als sie sich in seiner Nähe auf die Brüstung setzten
und ihre Krüge entkorkten, die Wasser oder einen leichten Wein enthalten mochten.
»Schade, dass wir so wenig Zeit hatten«, sagte einer
der beiden enttäuscht. »Ich hatte gerade erst den Folterknecht skizziert …«
»Halb so wild. Ich habe den Usurpator gemalt«, brüstete sich der andere und nahm einen großen Schluck. »Du
kannst ihn von mir abzeichnen.«
Nachdem sie ihren Durst gestillt hatten, öffneten sie
die Mappen und verglichen ihre Zeichnungen. Trix
machte einen langen Hals und lugte auf die Blätter. Das
blieb nicht unbemerkt. Die Gesellen erwiesen sich jedoch
als großherzig, denn sie fuhren ihn deswegen nicht an.
Im Gegenteil, sie drehten die Zeichnungen in seine Richtung und lauerten auf seine Reaktion.
»Fabelhaft!«, sagte Trix, dem klar war, dass er in die
Rolle des gönnerhaften Betrachters zu schlüpfen hatte,
während er sich die von der Süßigkeit klebrigen Finger
ableckte.
Die Skizzen waren übrigens wirklich nicht schlecht.
Auf einem Blatt war mit einem dicken Kohlestift in
schnellen Strichen die Figur des Folterknechts hingeworfen, ein breitschultriger Mann mit nacktem Oberkörper,
das Gesicht von der Haube verborgen, die wie eine
Schlange eingerollte Peitsche in der Hand. Die Haube
und das Peitschenende waren mit roten Strichen herausgehoben. Wen der Mann schlug, blieb unklar.
Die andere Zeichnung zeigte einen Jungen, der auf
dem Bauch lag, den Rücken voller Striemen. Der Junge
schrie, jammerte und verzog das Gesicht, alles gleichzeitig. Er war schlechter als der Folterer geraten, fast wie
eine Karikatur, dafür aber eindrucksvoller und lebendiger.
»Gefällt mir selbst«, sagte der Künstler bescheiden.
»Schade, dass er nur so kurz ausgepeitscht wurde, aber
der Regent war heute in guter Laune.«
»Wie viel hat er denn gekriegt?«, fragte Trix, der unwillkürlich Mitleid mit dem Jungen empfand.
»Zehn Peitschenschläge. Dazu noch drei Jahre Arbeit.
Entweder auf den Reisfeldern oder als Hirte im fernen
Weideland. Wie gesagt, der Regent war in guter Laune.«
»Und wofür war die Strafe?«
»Das ist ein Usurpator«, erklärte der Geselle, der den
Folterknecht gemalt hatte, und spuckte über die Brüstung. »Der ist heute Morgen am Hof aufgetaucht und hat
behauptet, dass er der Co-Herzog Trix Solier ist. Er hat
den Regenten um Schutz und Hilfe gebeten.«
»Dann hat er es nicht besser verdient, dieser falsche
Co-Herzog!«, polterte Trix. »Bestimmt hat ihn der Regent auf den ersten Blick enttarnt, oder?«
»Der Regent hat ihn gar nicht gesehen«, antwortete
der Geselle lachend. »Alle wissen, dass der minderjährige
Trix getötet wurde, als er versucht hat, Derrick Gris zu
erschlagen. Derrick selbst hat das erledigt. Deshalb hat
der Regent gleich erklärt, dass er jeden, der kommt und
behauptet, er sei Trix Solier, auspeitschen lässt und zur
Besserungsarbeit schickt. Angeblich treiben sich die falschen Trixe im ganzen Königreich herum …«
Das verschlug Trix die Sprache. Seine Ohren glühten.
Der Geselle bemerkte seine Reaktion jedoch nicht und
fuhr schwärmerisch fort: »Schade, dass ich nicht dabei
war! Angeblich hat die Co-Herzogin, die Dame Remy
Solier, alle Gesetze des Hohen Todes befolgt und sogar
noch eins draufgesetzt! Sie hat Schlangengift getrunken,
sich ihren Dolch ins Herz gerammt und ist aus dem Fenster des Turms gesprungen! Vorher

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