Lust de LYX - Ergebener der Lust (German Edition)
Gewicht verloren. An ihren hängenden Schultern erkannte er, dass die Peitschenhiebe nicht nur ihn, sondern auch sie geschwächt hatten.
Sie rauschte in einer Wolke blauer Seide davon. Hinter ihm befahl Nuha: »Wachen, bindet ihn los!«
Die Männer schlurften zu ihm herüber und nahmen ihm die Fesseln ab. Ashur hatte nicht die Kraft, ohne Hilfe zu stehen. Kaum dass sie ihn losließen, sackte er in sich zusammen.
»Wartet draußen«, befahl Nuha.
»Aber –«, wandte eine der beiden Wachen ein.
»Verschwindet!«
Er hörte das Poltern von Stiefeln, dann krachte die Zellentür ins Schloss. Stille trat ein. Ashur holte tief Luft, gespannt, was ihn nun erwartete.
Nuha kam auf leisen Sohlen zu ihm und blickte auf ihn hinab. Sie seufzte. »Habe ich dir denn gar nichts beigebracht? Du solltest die Herrin zufriedenstellen, anstatt sie in Rage zu versetzen.«
Ashur spürte Nuhas Stirnrunzeln mehr, als dass er es sah. Sie kniete sich neben ihn, war jedoch klug genug, ihn nicht zu berühren. »Ich habe versucht, dich zu warnen, Ashur. Ich habe es wirklich versucht. Wieso konntest du die Seele des Engels nicht einfach verderben, wie es dein Auftrag war? Sie ist ein himmlisches Wesen, grundgütiger Allah. Jeder Dschinn weiß doch, dass man einem Engel nicht trauen kann. Sie sind böse.«
Er wusste, dass man einem Engel nicht trauen durfte, auch Zoraida hatte ihn gewarnt. Jede Autoritätsperson, zu der er als Kind aufgeblickt hatte, riet ihm einst, sich vor himmlischen Wesen in Acht zu nehmen, wenn er in die Menschenwelt reiste. Er wollte ja Distanz zu Claire wahren, aber sie … Sie hatte seine Kräfte nicht gestohlen. Und obwohl sie ihn nach dem fantastischsten Sex seines Lebens verlassen hatte, hätte sie ihn, wenn sie tatsächlich so versessen auf die Opale war, wie sie behauptete, benutzen können, um ins Dschinn-Reich zu gelangen und
sie
zu finden. Doch das hatte Claire nicht getan, sondern war einfach gegangen.
Der körperliche Schmerz rückte in den Hintergrund. Ashur fühlte sich jahrelang ausgeschlossen, unbeachtet, wie das fünfte Rad am Wagen. Doch bei Claire war rein gar nichts davon zu spüren gewesen. Er hatte sich stark gefühlt. Begehrenswert. Selbstsicher. Und das vielleicht zum ersten Mal überhaupt.
Du bist nicht
böse,
Ashur. Und die Zauberin hat keine Macht über dich, wenn du es nicht zulässt. Ich glaube nicht, dass du mein Licht auslöschen wirst. Nicht, solange das Gute dein Herzen regiert Ich vertraue dir
…
Aufregung erfasste ihn. Claire vertraute ihm! Das war keine Lüge gewesen! Er hatte es gespürt. Und das nicht nur an ihrer Erlösung, sondern auch daran, wie sie sich ihm hingegeben hatte. Und tief in seinem Herzen – von dem er dank ihr erst wirklich wusste, dass er es besaß – war er überzeugt, dass sie ihn nicht verraten hatte, so wie Zoraida und Nuha es glauben wollten. Claire war einfach gegangen, als sich die Gelegenheit bot. Sie hatte getan, wozu er nicht fähig gewesen war, und sich selbst gerettet.
Er hob das Kinn und kniff die Augen zusammen, dann spähte er zu der Frau, die er auf intime Weise von seiner Ausbildung kannte und dennoch nicht persönlich kennenlernen wollte. Im Gegensatz zu Claire. »Das Böse beschränkt sich nicht auf eine einzelne Rasse. Es schlummert in den Herzen jener, die über einen freien Willen verfügen. Die Zauberin weiß das. Sie nährt sich davon. Und wir erliegen ihm, weil wir schwach sind. Aber ganz gleich, was ihr beide oder einer ihrer Sklaven mir antut, werde ich nicht derjenige sein, der das Gute vernichtet.«
Nuhas Gesicht rötete sich. »Das Gute? – Törichter Dschinn! Du denkst, der Engel sei gut? Sieh dich um! Wenn sie so gut wäre, wie du glaubst, würde sie dich ganz gewiss nicht deinem Schicksal hier überlassen. Aufgrund deiner fehlgeleiteten Loyalität, deiner grenzenlosen Dummheit wird dein Volk leiden.«
Seine Gedanken kreisten um seinen Vater, den dahinsiechenden König. Um seine Brüder Tariq und Nasir, die er in der Menschenwelt zurückgelassen hatte. Selbst wenn Zoraida Nasir zurückbeordern würde, legte Ashur sein ganzes Vertrauen in ihn, der Zauberin zu trotzen. Nasir hatte die Gruben überlebt. Offenbar war er stärker gewesen, als Ashur ihm zugetraut hatte. Und Tariq war jetzt frei. Sollte in Gannah der Krieg ausbrechen, war Ashur fest überzeugt, dass Tariq zurückkehren und für ihr Volk kämpfen würde, auch wenn das bedeutete, dass er sich von seiner menschlichen Gefährtin trennen musste.
Das Gute triumphiert
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