Lust de LYX - Träume der Sehnsucht (German Edition)
zur Tür hinaus. Verdutzt sah Nolan ihm nach; eigentlich hatte er erwartet, dass Keith ihn wieder in die Zelle sperren würde, diesmal mit doppelt gesichertem Schloss. Als Nolan ihm nicht schnell genug folgte, drehte er sich um. »Wo bleibst du?«
Hastig rutschte er von der Pritsche und folgte seinem Wächter. Die Gänge waren noch immer kalt und klamm, die trostlose Atmosphäre der Betonflure hatte sich in einer Nacht nicht geändert, obwohl Nolan jetzt nicht mehr auf der Flucht war.
Nolan musste sich beeilen, um mit Keith Schritt halten zu können. Der größere Sealgair rannte nicht, aber seine Schritte waren lang und zielstrebig. Trotz seiner Situation musste Nolan lächeln, er hatte es ganz natürlich gedacht: Sie beide waren Sealgair, sie gehörten zusammen.
Nicht so, wie du es gern hättest.
Die Stimme in seinem Kopf war diesmal seine eigene, und sie erinnerte ihn daran, dass in ihm ein Wunsch aufgekeimt war, den er schnellstmöglich vergessen musste. Seine Träume waren für ihn real, aber sie waren nicht mehr als das – nur Träume. Wahrscheinlich nur sein Unterbewusstsein, das sich aus irgendeinem Grund an diesem ewig mürrischen, aber verdammt scharfen Jäger festgebissen hatte.
Nolan schluckte und versuchte sich abzulenken; es war eine Sache, sich einzugestehen, dass er Keith gegenüber offenbar eine Art Stockholm–Syndrom entwickelt hatte, aber eine ganz andere, so deutlich daran zu denken. Er hatte so schon genug Schwierigkeiten, seinen Körper unter Kontrolle zu bringen; eine Erektion in Keiths Nähe konnte er nun absolut nicht gebrauchen!
Ihrer beider Schritte hallten dumpf von den Betonwänden wider. Diesmal brannte Licht im Flur, aber viel half das nicht. Schon nach der nächsten Biegung gab es nur noch schummeriges Zwielicht, in dem alles oder nichts lauern konnte. »Das hier ist unsere Trainingsstätte, der Bau. Sealgair und Draoidh kommen hierher, um zu üben, sich ausbilden zu lassen oder einfach den Kontakt zu den anderen Sealgair zu suchen.«
Das klang plausibel. »Heißt das, ihr lebt nicht hier?«, fragte er. Aufgrund seiner Träume und der Zelle war er davon ausgegangen, dass alle Sealgair in diesem Bau unter der Erde hausten. Aber wo waren dann die anderen?
Keiths Antwort war ein belustigtes Schnauben. »Nein, wir kommen nur manchmal hierher, ganz zum Anfang unserer Ausbildung. Sobald ein Nachfahre der ersten Sealgair zwanzig Jahre alt wird, suchen wir ihn auf und bringen ihn zum Training hierher. Er wird ausgebildet, und je nachdem, wo seine Fähigkeiten liegen, zu einem Sealgair oder Draoidh. Er oder sie verbringen sechs Monate hier, ehe sie in ihr Leben da draußen zurückkehren. Wir jagen meist allein, nur manchmal finden sich kleinere Gruppen von Sealgair, meist in den Großstädten. Die Unseelie sind überall, und wir müssen es ebenso machen.«
In Nolans Erinnerung regte sich etwas, ein kurzes Bild blitzte in der Dunkelheit seiner Vergangenheit auf, verschwand aber wieder, ehe er es zu fassen bekam. »Wo sind die anderen?«, fragte er stattdessen. »Findet zurzeit kein Training statt?«
»Nein«, erwiderte Keith. »Durch den Gruagach ist es zu gefährlich, in den Highlands zu sein. Wir waren direkt im Training, als die ersten Angriffe begannen. Als klar war, dass wir ihn hier nicht stellen können, wurden alle angewiesen, in ihre Heimat zurückzukehren.«
»Du hast dich also in Gefahr gebracht, um mich aufzuspüren und hierherzubringen?«
Diesmal schwieg Keith, bis sie eine große Stahltür erreicht hatten. Neben der Tür war ein Kästchen in die Wand eingelassen, ähnlich wie das, das Nolan vor der Tür gesehen hatte, die ihn zum Ursprung gebracht hatte. Keith malte mit bloßen Fingerspitzen ein Zeichen darauf, und sie glitt geräuschlos zur Seite. Nolan hatte so etwas Ähnliches wie den Ursprung erwartet – Moos, Erde, Wurzeln. Etwas, was für ihn mittlerweile zu den Sealgair gehörte. Umso überraschter war er, als er sich in einem hochmodern eingerichteten Videoraum wiederfand. Er war rund, und um das Zentrum war ein Kreis aus hohen Glasscheiben aufgebaut, auf denen Bilder aufflackerten. An den Wänden waren flache Bildschirme aufgereiht, die in langsamem Wechsel verschiedene Flure und Eindrücke von außen zeigten. Die Bilder der Umgebung wurden dominiert von Felsen, Heidegras und Büschen. Von menschlicher Zivilisation war weit und breit nichts zu erkennen.
In der Mitte des Raums stand ein hoher Monolith. Er wirkte grob behauen und war übersät mit Runen und
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