Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
schließlich
nicht seine Sache, dafür waren die Frauen zuständig. Nie im Leben wäre er auf
die Idee gekommen, seine Frau beim Einkaufen zu begleiten, ihr nach dem Essen
beim Aufräumen behilflich zu sein oder gar die Wäsche in die Maschine zu
stecken. Undenkbar, dass man sich als Mann mit so etwas befasste, schließlich
war diesem von Gott die Rolle des Ernährers und Beschützers zugedacht worden,
die er, Onno Fehnkamp, auch sehr gewissenhaft ausführte. Mit seinem Job als
Beamter in der städtischen Verwaltung sicherte er das Einkommen seiner kleinen Familie.
Dort, im Amt für öffentliche Ordnung, hatte er auch seine spätere Frau Gundula
kennen gelernt. Gleich nach der Hochzeit hatte sie sich aber selbstverständlich
seinem Wunsch gebeugt und darauf verzichtet zu arbeiten. Ja, sie hatte
verstanden, worin die Rolle einer Ehefrau bestand und sich nie beschwert. Mit
diesem ganzen Emanzengequatsche frustrierter Frauen um Gleichberechtigung hatte
sie nie etwas am Hut gehabt, und das war auch gut so. Sie führte ihrem treu
sorgenden Ehemann den Haushalt, bereitete ihm jeden Abend ein warmes Essen, kam
des Nachts ihrer ehelichen Pflicht nach und erzog ihre Tochter zu einem
gottesfürchtigen Menschen. Genauso sollte es sein, fand Onno Fehnkamp und war
ziemlich stolz darauf, dass ihm das alles so gut gelungen war.
„Magdalena“, sagte er scheinbar
ruhig, nachdem sich seine Frau und seine Tochter zu ihm ins Wohnzimmer gesetzt
hatten, „ich habe vorhin mit deiner Lehrerin telefoniert.“ Er nahm die Deutschklausur
vom Tisch, wedelte damit in der Luft herum und sah seine Tochter mit seinem
stechenden Blick an.
„Aber, Papa ...“, setzte
Magdalena leise zu einer Erwiderung an, wurde jedoch sogleich von ihm
unterbrochen. „Du brauchst mir nicht zu danken“, sagte er in einem Tonfall, als
würde er mit einer geistig minderbemittelten Person sprechen, „das ist doch
eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich für dich darum kümmere.“
Ich hasse diese schleimige Art ,
durchfuhr Magdalena ein Gedanke, über den sie bereits im nächsten Augenblick
furchtbar erschrak. Was war das? Noch nie hatte sie etwas so Böses auch nur in
Ansätzen über ihren Vater gedacht. Was war nur plötzlich los mit ihr? Sie
schluckte. „Papa“, startete sie vorsichtig einen neuen Versuch, „das ... du hättest
das nicht tun müssen, weißt du, ich kann das schon ...“
„Ich sagte bereits, dass es eine
Selbstverständlichkeit ist, dass ich mich darum kümmere“, fuhr er erneut
dazwischen, und nicht nur sein Tonfall, sondern seine ganze Körperhaltung bekam
nun etwas Drohendes. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und stieß
geräuschvoll die Luft aus, so dass Magdalena unwillkürlich an einen Stier
denken musste, der schnaubend zum Angriff auf den ihn bedrohenden Torero
ansetzte, um ihn mit einem gezielten Stoß seiner Hörner zu vernichten.
„Was hat Frau Ravensburger denn
gesagt?“, mischte sich nun Magdalenas Mutter ein, die zu Recht befürchtete,
dass ihr Mann kurz davor stand, einen seiner berüchtigten Wutanfälle zu
bekommen. Und das wollte sie nicht riskieren. Sie warf ihrer Tochter einen
beschwörenden Blick zu. Magdalena wusste genau, was sie ihr damit sagen wollte: Provoziere deinen Vater nicht, denn du weißt, dass er keinen Widerspruch
duldet . Ja, das wusste Magdalena nur zu gut, schließlich hatten ihre Eltern
ihr schon als Kleinkind beigebracht, dass eine Frau ihrem Mann keine Widerworte
zu geben habe. Und dasselbe gelte für die Töchter. So stehe es schon in der
Bibel, und so sei es gut.
„Frau Ravensburger ist eine durch
und durch unverschämte Person!“, herrschte Onno Fehnkamp seine Frau an, als sei
ganz alleine sie Schuld an dieser Tatsache. Nicht nur seine Körperhaltung,
sondern auch seine Gesichtsfarbe verhießen nun nichts Gutes mehr. Gundula
Fehnkamp begann innerlich zu zittern. Gleich würde seine Wut wie eine Lawine
über sie und Magdalena hinwegrollen. Wie hatte das Kind ihn nur so provozieren
können! „Dann ... hat sie nicht eingesehen, dass ...?“, unternahm sie mit ihrer
ruhigen, immer leicht zittrigen Stimme einen letzten Versuch auf ihn einzugehen,
aber es war zu spät.
„Ein Nutte hat sie unsere Tochter
genannt“, brüllte er mit hochrotem Kopf in den Raum, „eine Nutte ! Da
hört sich doch wohl alles auf!“
Magdalena fuhr bei diesen Worten
der Schreck in die Glieder. Ihr war sofort klar, was ihre Lehrerin damit gemeint
haben musste. Ganz langsam begann es sich in ihrem Kopf zu
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