Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Küchenreibe ziehen, war
von Ben keine Antwort zu bekommen.
„Es sieht aus, als wäre er
stranguliert worden“, sagte Magdalena teilnahmslos und deutete mit dem Finger
auf seinen Hals. Immer noch war es ihr, als würde sie neben sich stehen und das
Geschehen aus einer unbeteiligten Perspektive wahrnehmen.
Adrian befingerte die Druckspuren
an Bens Hals, woraufhin dieser panisch nach Luft schnappte. Adrian zuckte
zurück. „Sorry“, sagte er und hob abwehrend die Hände, „ich wollte nicht ...“
„Wir sollten die Polizei rufen“,
bemerkte Magdalena.
Doch auch dieser Satz führte bei
Ben zur Schnappatmung und schien ihn mächtig in innere Aufruhr zu versetzen.
Ratlos schauten die drei sich an. Was sollten sie tun?
„He, was geht denn hier ab?“,
hörten sie eine weitere Stimme von der Haustür her.
„Sören!“, rief die junge Frau
erleichtert auf, „gut, dass du da bist! Irgendjemand war hier und hat Ben
gewürgt ... oder so.“
„Wat?“ Mit einem Satz war Sören
bei Ben und begann, ihn an den unterschiedlichsten Stellen zu betasten, ihm die
Augenlider hochzuziehen und seine Reflexe zu testen.
„Er hat als Zivi eine Ausbildung
zum Sanitäter gemacht“, klärte das Mädchen Magdalena und Adrian auf, die ihn
erstaunt ansahen.
„Wohnst du auch hier?“, fragte
Magdalena, nur um etwas zu sagen, denn sie kam sich plötzlich so fehl am Platz
vor.
„Ja, ich bin Ella“, sagte das
Mädchen, „und was machst du hier?“
„Ich bin Magdalena. Ben sagt, ich
kann hier für ne Weile wohnen.“
„Ach, du bist das“, erwiderte
Ella und musterte Magdalena von oben bis unten, „hab schon viel von dir
gehört.“ Täuschte Magdalena sich, oder hatte sie aus diesen Worten einen
gewissen abfälligen Tonfall herausgehört? Sie hatte. Denn nun sagte Ella: „Du
bist doch diejenige, die sich von Raffael hat durchvögeln lassen, oder? Und
nicht nur von Raffael, wie man hört.“
Diese Worte wirkten auf Magdalena
wie tausende Stiche spitzer, heißer Nadeln, und ihr fiel nichts ein, was sie
darauf hätte erwidern können. Verlegen fummelte sie an den Säumen ihrer Bluse
herum.
„Lass gut sein“, ließ sich Sörens
Stimme vernehmen, „ich glaube kaum, dass wir hier gerade einen Zickenkrieg
gebrauchen können.“
„Sorry“, sagte Ella, nicht aber
ohne Magdalena noch einen vernichtenden Blick zuzuwerfen.
„Ich glaube, es ist wohl besser,
wenn ich nicht hier bleibe“, sagte Magdalena daraufhin mechanisch und wandte
sich der Haustür zu.
„Quatsch“, widersprachen Adrian
und Sören gleichzeitig und lächelten gequält. „Ella meint es nicht so“, fuhr
Sören fort, „sie steht nur unter Schock. Stimmt doch, Ella, oder?“ Er sah das
Mädchen beschwörend an.
„Ja, sorry“, sagte Ella nochmals
und warf dann einen Blick auf Ben. „Muss er ins Krankenhaus?“, fragte sie
besorgt.
„Kein ... kein Krank...Krank...“,
ließ Ben wieder sein Krächzen vernehmen.
„Er will nicht, und ich denke, er
muss auch nicht“, schüttelte Sören den Kopf. „Wenn ich nur wüsste, was hier
passiert ist.“
„Pastor Eckstein kam aus dem Haus
geschossen, als wir hier eintrafen“, bemerkte Adrian.
„Eckstein war hier?“, rief Ella
aus. „Hat der ihn so zugerichtet?“
„Gut möglich“, erwiderte Adrian
und nickte. „Ja, davon muss man ausgehen.“
„Dieses Schwein! Ich hol die
Bullen und dann ...“
„Nicht ... keine ... Bul ...“,
presste Ben mühsam hervor.
„Kein Krankenhaus, keine Bullen.
Was ist los mit dir, Ben?“, fragte Ella irritiert und kratzte sich an der
Stirn.
„Jetzt lass ihn erstmal in Ruhe
zu sich kommen, und dann wird er uns alles erzählen“, sagte Sören
beschwichtigend. „Hat jetzt gar keinen Zweck auf ihn einzureden, siehst ja, in
welchem Zustand er ist. Will jemand einen Tee?“, fragte er dann übergangslos.
Alle nickten, und Sören machte
sich gleich darauf am Wasserkessel zu schaffen.
„Da gibt’s doch bestimmt einen
Zusammenhang zum Mord an Raffael“, sprach Adrian schließlich aus, was alle
dachten, während sie an einer heißen Tasse Tee nippten. „Ich meine, hier kommt
doch nicht einfach so ein durchgeknallter Pfarrer rein, der zufällig ein
Verhältnis mit einem Mordopfer hatte und würgt dann dessen Bruder bis zur
Besinnungslosigkeit.“
„Wohl kaum“, nickte Sören, „aber
das werden wir wohl erst erfahren, wenn Ben wieder sprechen kann.“
„Wie lange kann das dauern?“,
fragte Magdalena, die sich langsam wieder von ihrem Schock
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