Lustnächte
bedankte sich sehr artig und Pierre warf ihm zum Abschied einen vernichtenden Blick zu.
„Ich wette, keines seiner verlausten Zimmer war vermietet“, wetterte er, als sie draußen ins Auto stiegen.
„Vergiss es. Wir haben immerhin ein Bett für die Nacht.“
„Es ist ein wenig klein, aber Sie werden es gemütlich hier haben.“ Madame Junot lächelte mütterlich.
Gediegene Möbel, in denen offensichtlich Generationen von Junots groß geworden waren, blütenweiße Leinenbettwäsche mit Lochstickerei und als Hommage an die Neuzeit eine klitzekleine Dusche nebenan. Pierre behielt seine Ansichten über mangelnden Komfort für sich.
„Frühstück gibt’s pünktlich um acht Uhr. Unten in der Küche“, ließ die alte Dame sie wissen. Warum nicht noch ein bisschen früher? „Ich wünsche einen schönen Aufenthalt bei uns, Madame und Monsieur LeBreton.“
Überrascht sah Beatrix auf. „Ich bin nicht Madame … “
„Wir sind in den Flitterwochen“, posaunte Pierre, bevor Beatrix ihren Satz zu Ende bringen konnte.
„Oh, wie schön.“ Madame Junots breites, faltiges Gesicht bekam einen verklärten Ausdruck. „Dann lasse ich Sie jetzt mal allein.“
Er schenkte ihr sein unschuldigstes Lächeln und endlich fiel die schwere Eichentür hinter ihr ins Schloss.
„Wie kommt sie zu der Annahme, ich sei Madame LeBreton?“ Die Arme in die Hüften gestemmt, baute Beatrix sich kriegerisch vor Pierre auf.
Ohne weiteren Kommentar wollte er sie an sich ziehen.
„Lass das sein und beantworte gefälligst meine Frage!“
„Ich habe uns als Monsieur und Madame LeBreton in ihr Gästebuch eingetragen, um ihre Ansichten über Anstand und Moral nicht allzu sehr zu strapazieren. Wir sind in der tiefsten Provinz und sie gehört offenbar noch zu einer recht moralduseligen Generation. Ich wollte nicht, dass sie auf die Idee verfällt, uns getrennte Schlafzimmer zu geben. “
„Du bist ein unmöglicher Lügner, Pierre LeBreton.“
„Ich habe nur ein bisschen vorgegriffen. Was nicht ist, kann ja noch werden.“
Beatrix würdigte ihn keiner Antwort, rauschte ins Badezimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Hoppla! Hatte seine kleine Notlüge sie tatsächlich verstimmt? Nun, sie würde sich schon wieder abregen. Er setzte sich auf die Bettkante und ließ sich in die frisch gestärkte, kratzende Leinenbettwäsche fallen. Scheußlich. Wenn er zwischen diesen scheuernden Laken auch nur ein Auge zutun wollte, musste er sich ordentlich ablenken. Am besten gleich. Wozu warten, bis er Beatrix im Bett hatte? Mal sehen, ob er nicht gemeinsam mit ihr unter die Dusche passte.
Er klopfte kurz an die Tür und drückte die Klinke hinunter. Abgeschlossen, stellte er enttäuscht fest.
„Was willst du?“ Klang das etwa immer noch unwillig? Na schön. Dann würde er sein Vorhaben ein bisschen verschieben.
„Wenn du rauskommst, könnten wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem machen“, flötete er. „Ich fürchte, hier kriegen wir nichts.“
„Kannst du auch noch an etwas anderes denken, als an Essen?“
„Oh ja“, antwortete er voller Inbrunst. „Aber vorher sollten wir doch etwas essen.“ Und ein paar Gläschen Rotwein werden dich hoffentlich wieder umgänglicher machen, mein widerspenstiger Engel. Endlich ging die Tür auf und Beatrix, frisch gewaschen undfrisiert, rauschte vorbei.
„Ich schlage das Restaurant in der Villa Béthania vor, gleich in der Höhle des Löwen“, sagte er zu ihrem Rücken.
„Viel mehr Auswahl wird es hier wohl nicht geben.“ Sie riss ihre Handtasche an sich und war auch schon auf dem Flur. Am Fuß der Treppe holte er sie ein. Madame Junot trat aus der Küchentür.
„Wir gehen ins Restaurant. Sie müssen nicht auf uns warten.“
„Dann nehmen Sie die Schüssel mit. Ich bin es gewohnt, pünktlich um zehn Uhr abzuschließen.“
„Vielen Dank, Madame.“ Er nahm Beatrix um die Taille und zog sie mit sich.
„Lass mich los“, zischte sie.
„Verzeiht mir, Euer Kratzbürstigkeit. Ich gelobe Besserung.“ Er zwinkerte ihr zu und entlockte ihr ein Lachen. Sie machte keinen weiteren Versuch, seine Hand von ihrer Pobacke zu schieben. Na also.
Im Restaurant servierte man entgegen Pierres Prophezeiungen ein ausgezeichnetes Essen. Selbst das Angebot der Weinkarte hatte seinen Zuspruch gefunden. Das Ambiente wirkte anheimelnd. Gedämpftes Licht, silberne Kerzenleuchter, in denen Bienenwachskerzen flackerten, Kellner, die sich fast lautlos bewegten.
Und Pierre, der sich sichtlich Mühe gab
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