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Lustvolles Erwachen

Lustvolles Erwachen

Titel: Lustvolles Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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eine Vorliebe für Whisky oder unnatürliche Gewohnheiten im Badezimmer. Sie glaubte nicht einmal, dass er wusste, wie angespannt er wirkte, so als würde er sich gegen eine Katastrophe wappnen.
    »Tja, wir können mit den gesellschaftlichen Grundlagen beginnen«, schlug sie vor. »Magst du die Oper?«
    Er schien über die harmlose Frage ein bisschen überrascht zu sein. »Wenn es tatsächlich einen Inbegriff des Fegefeuers gibt«, sagte er schließlich und versteckte sich hinter seiner gesellschaftlichen Maske, »dann ist es die Oper. Erspare mir bitte kreischende Soprane. Das darfst du allerdings niemandem verraten. Für meinen Ruf wäre das tödlich.«
    Grace lächelte. »Das muss schwer für dich sein. Ich kann mir vorstellen, dass ein Diplomat ziemlich regelmäßig in die Oper eingeladen wird.«
    »Ja, meiner Meinung nach viel zu oft. Was ist mit dir? Bist du eine Liebhaberin der Arie?«
    Wieder lächelte Grace. »Ich bin mir noch nicht sicher. Für die Oper hatte ich nie viel Zeit.«
    »Nicht einmal, als du bei Lady Kate gewohnt hast?«
    »Sie mag die Oper genauso wenig wie du.«
    Nachdenklich nickte er. »Das stimmt. Was ist mit anderen Arten der Unterhaltung? Was unternimmst du in deiner Freizeit?«
    Bisher hatte sie immer genäht, gekocht oder geputzt. »Na ja«, sagte sie stattdessen, als der Kellner den Fisch brachte, »mein Vater hat immer darauf geachtet, dass wir genug Bücher dabeihatten. Ich liebe die Klassiker.«
    Er wollte gerade mit der Gabel in den Fisch stechen, als er abrupt innehielt und die Stirn runzelte. »Bitte, nicht im Original.«
    »Und warum nicht?«
    Er stöhnte auf. »Meine Liebe, mit dir stimmt etwas nicht, und das sollte man besser verschweigen. Mit deiner Belesenheit kann ich nichts anfangen. Du hättest viel besser zu meinem Bruder Robert gepasst.«
    Überrascht blinzelte sie. »Du hast einen Bruder?«
    Es war nur ein Moment, doch er zögerte, ehe er lächelte. »Hatte.« Grace sah den Schmerz in den kühlen grauen Augen. »Ein netter Kerl. Er war ein aufstrebender Kirchenmann, der für große Dinge vorbereitet wurde.«
    Sie wollte seine Hand berühren, aber sie rührte sich nicht. »Was ist passiert?«
    Wieder eine Pause. Ein Schluck Wein. »Ach, nichts von Bedeutung. Er war dem Bischof einfach nicht gewachsen.« Bevor sie nachhaken konnte, warf er ihr ein ausdrucksloses Lächeln zu, das die Tür zu seinem wahren Ich wieder schloss. »Was ist mit anderen Interessen?«, erkundigte er sich. »Theater? Ballett? Irgendetwas, über das man bei Tisch eine gepflegte Unterhaltung führen könnte?«
    Sie setzte ein Lächeln auf. »Harry Lidge hat mal ›Die Lästerschule‹ auf die Bühne gebracht. Harry hat Lady Sneerwell gespielt.«
    »Wen hast du gespielt?«, entgegnete er locker. »Die aufrichtige Maria?«
    Ihm musste klar sein, wie lächerlich das war. Maria war wunderschön.
    »Die Theatergruppe bestand nur aus Soldaten«, sagte sie und wandte ihre Aufmerksamkeit dem pikant gewürzten Fisch zu. »Meine Rolle war die des begeisterten Publikums.«
    Für eine ganze Weile waren die einzigen Geräusche zwischen ihnen das sporadische Klirren der Bestecke und Gläser, als sie in ihrem Essen herumstocherten.
    »Und das war in Indien?«, fragte Diccan schließlich. Seine Stimme klang ungewöhnlich zögerlich. »Das Theaterstück? Ich weiß, dass Harry einmal erzählt hat, dass er dich dort kennenlernte. Irgendetwas war da mit einem Elefanten, glaube ich.«
    »In Hyderabad. Er hat mich davor gerettet, zertrampelt zu werden.« Bei der Erinnerung musste sie lächeln. »Die Tatsache, dass er den Elefanten überhaupt erst betrunken gemacht hat, dürfte sein Handeln aufwiegen.«
    Diccan zog eine Augenbraue hoch. »Wie viel Bier braucht man, um einen Elefanten betrunken zu machen?«
    »Kein Bier. Whisky. Und er hat ungefähr den gesamten Vorrat des Kommandanten verbraucht.«
    Er lachte leise. »Kein Wunder, dass Harry noch immer nur Major ist. Wie lange warst du dort?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Mit einem Mal war sie wieder verunsichert und fragte sich, was Diccan tatsächlich von ihrem Vagabundenleben hielt. »Ich bin in Kalkutta geboren. Wir sind zweimal dorthin zurückgekehrt. Einmal mit Wellington, einmal mit General Lake. Um genau zu sein, war ich in Bharatpur, als er es belagerte.«
    Sie war sich nicht sicher, warum sie das erzählte. Vielleicht nur, um Diccans Reaktion zu sehen. Sie wünschte sich, sie wäre überrascht gewesen. Er starrte sie an, als hätte sie ihm offenbart, Mitglied

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