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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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Zeit herum beschloss Henry, seine Taktik zu ändern. Und diese
Taktik hatte alles in allem ganz gut funktioniert.
    Patrick war zu einem netten Burschen herangewachsen, bis er anfing,
diesen missmutigen, aufmüpfigen Charakterzug zu zeigen. Er war spät
herausgekommen – so spät, dass Henry bis dahin geglaubt hatte, sie könnten
diese Phase komplett übersprungen haben. Aber am Ende machen sich die Anlagen
eben doch bemerkbar.
    Kurz hatte Henry überlegt, aufzugeben und einfach eine Waise aus
Osteuropa zu kaufen. Aber da blieb immer noch die Frage nach den Anlagen,
danach, was im Gesamtpaket enthalten war. Ohne Gewähr.
    Darum wäre Baby Emma ideal gewesen. Ihre Anlagen waren perfekt. Die
Lamberts waren perfekt. Aber dieses Fiasko hatte dazu geführt, dass nun fast
ganz London glaubte, er wäre ein Kindsmörder oder ein Perversling.
    So ist Henry nun an einem Punkt angelangt, den er in einer perfekten
Welt gerne umgangen hätte.
    Später, wenn Mia gebärfähig ist, wird sie ihn wie einen Vater
lieben, was Henrys Vorhaben zu einer unheimlichen Art von Inzest macht. Henry
ist das unangenehm, aber es erregt ihn auch. Er wird Mia nicht auf jene Weise
berühren, bis sie es will. Aber der Gedanke daran, die Steigerung des
Verbotenen, ist stimulierend. Es wird aufregend sein. Vater und Tochter,
Geliebte, Eltern.
    Während Henry diese Gedanken durch den Kopf gehen, ist er gezwungen,
mehrmals in ein Stofftaschentuch zu masturbieren.
    Das hat mehr mit Überlebenswillen als mit Genuss zu tun. Henry weiß,
dass sexuelles Verlangen das logische Denken trübt. Sexuell erregt zu sein,
ist, wie an einen Wahnsinnigen gekettet zu sein.
    Also sitzt er mit offenem Hosenschlitz und dem durchtränkten
Taschentuch da, umfasst es mit einer Hand wie eine Blüte. Er streicht sich über
den Bauch und starrt auf den schwarzen Fernseher und schmiedet Pläne.
    Er meint, von unten Schluchzen zu hören, aber er weiß, dass das
unmöglich ist. Er und Patrick haben den Keller oft genug getestet, mit
Tonbandgeräten und Geräuschmessern. Man glaubt, man hört Weinen in einem leeren
Haus, aber wenn man das Band abspielt, ist nur Stille darauf.
    Das Schluchzen ist nur Henrys Einbildung. Da sind nur er und der
schwarze Fernseher, das Gefühl seines straffen Bauches unter seiner Handfläche.
Er schaltet den Fernseher ein, zappt von Sender zu Sender. Lässt den Ton leise.
Genießt die Bilder.
    Das Haus in Chiswick. Bleiche Polizisten. Gierige Schaulustige. Das
Absperrband, die Lampen, der Regen. Ernste Reporter.
    Ein Krankenhaus. Ein Haufen Polizisten.
    Und dazwischen ein Gesicht, das er kennt.
    Eine Frau. Viel älter als das letzte Mal, als er sie gesehen hat.
Ihr Gesicht angespannt und erschöpft, blass unter den verregneten Lichtern.
    Polizisten führen sie durch die automatischen Schiebetüren des
Londoner Krankenhauses.
    Henrys Penis schrumpft zusammen. Sein Sack zieht sich in seinen
Körper zurück.
    Er verspürt ein Gefühl von Leichtigkeit, als verließe er seinen Körper.
    Julian schlendert benommen über den überfüllten,
verwirrenden Chapel Market, vorbei an den Obst- und Gemüseständen, den
Fischhändlern, den billigen Klamotten, den Transistorradios,
Batterie-Großpackungen. Es gibt sogar einen Computer-Reparaturstand, den Julian
kurios und interessant fände, wenn er nicht so angespannt wäre.
    Vor einer halben Stunde hatte Barry Tonga angerufen und gesagt, sie
müssten sich dringend treffen. So schnell wie möglich. Irgendwo in der
Öffentlichkeit. Er dürfe niemandem davon erzählen. Vor allem nicht Lee Kidman.
    Tonga wollte nicht sagen, warum.
    Das muss doch was Schlimmes sein, oder?
    Also bahnt er sich durch die überfüllte Straße einen Weg, vorbei am
Fischgeruch, dann am Bananenaroma, und versucht, Tongas riesige Gestalt irgendwo
in den Menschenströmen ausfindig zu machen.
     Aber er sieht nicht Barry
Tonga. Er sieht Reed und Luther.
    Julian überlegt kurz, wegzurennen, aber was würde das bringen? Sie
würden ihn verfolgen und festnehmen und es als Grund ansehen, ihn still und
heimlich zu verprügeln.
    Wenn er nicht wegrennt – was können sie schon machen, zwischen all
den Menschen?
    »Tag«, sagt Luther.
    »Hallo, beschissener Autos abfackelnder Psycho«, antwortet Julian.
    Luther lacht, gereizt und überdreht.
    Luther und Reed stoßen Julian ins M. Manze , ein Pie-and-Mash -Restaurant:
Holzbänke, Kachelwände, Marmortresen.
    Sie bestellen drei große Pasteten mit Rinderhack und Zwiebeln. Die
Serviererin schöpft den

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