Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
habe ich es aber auch nur geglaubt. Ganz verschwommen tauchte Ritas Bild in seinen Gedanken auf, und er seufzte leise.
Dann blickte er Leander geradewegs in die mitternachtsblauen Augen. „Mein Urteil steht fest. Sie hat den Tod verdient. Und da sie Shane vernichten wollte, hat sie sich ihren Henker selbst gewählt.“ Zum ersten Mal sprach Jason Dawn als wahrer Fürst der Vampire, der keinen Widerspruch duldete. Bei diesem ungewohnt harten Tonfall in Jasons sonst so weicher Stimme zuckte selbst der Halbengel zusammen. Er hatte das Gefühl, dass Jason sich bei Evelyn für jeden Verrät an ihm rächen wollte, aber er schwieg. Nach dem, was sie gehört hatten, hatten sie einen weitaus größeren Feind zu bekämpfen und immer noch keinen Plan. Leander wollte zunächst feststellen, wie viele Vampire es tatsächlich getroffen hatte und welche Grenzgänger darunter waren. Während er in einem hellen Lichtstrahl das Landhaus verließ, führten die drei Hybridenvampire Evelyn nach draußen.
Jason begab sich in sein Kellerstudio, setzte die Kopfhörer auf und fuhr das Musikprogramm ab. Das ersparte ihm die Schreie, die nach und nach in der Einöde der Hügellandschaft verklangen. Was da draußen geschah, war allein Shanes Angelegenheit.
Evelyns Blut floss unaufhaltsam aus den zahlreichen Wunden in das Erdreich des verwilderten Gartens, bildete kleine Rinnsale und versickerte in den vom Regen vorgezeichneten Mulden bis hin zu dem von Rosen umrankten Grab der ehemaligen Fürstin Miriam, Jasons Gefährtin, die nur für kurze Zeit an seiner Seite herrschte und die ebenfalls durch eine üble Intrige vernichtet wurde.
* * *
Leanders Recherchen forderten eine erschreckende Statistik zutage. Ganze sieben Grenzgänger waren noch am Leben, inklusive der fünf, die im Krisengebiet von Afghanistan waren, und Richard Tabatha, dem ehemaligen Pianisten. Dann war da noch Isabella Dumont, die Tänzerin aus Paris. Die Zahl der verschwundenen Hybriden belief sich auf mittlerweile über zweihundert. Das konnte unmöglich allein das Werk von Evelyn gewesen sein. Dahinter steckte ein weitaus größeres Netzwerk, und der Schlüssel dazu war dieser Bischof Alberani. Bevor er sich wieder nach England aufmachte, wollte er daher dem Kirchenmann einen kleinen Besuch abstatten.
Im Vorzimmer des Bischofs wollte man den unangemeldeten Besucher gar nicht erst durchlassen. Aber Leander griff zu einer List und erzählte dem Sekretär, dass er wichtige Informationen in Bezug auf das neue „Projekt“ des Bischofs habe. Der junge Priester zögerte noch, den Bischof zu stören, andererseits … Wer weiß, vielleicht war ja mal eine Beförderung drin?
Die erste Begegnung zwischen Leander Knight und Alberani fiel recht unerfreulich aus. Das erste, was der Halbengel auf dem Schreibtisch des Bischofs bemerkte, war der Umschlag mit dem Zeichen, das er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sofort biss er sich auf die Zunge. Hier durfte er auf keinen Fall die Wahrheit über die Vampirgesellschaft preisgeben oder eventuell gar auf Verständnis hoffen.
Alberani blickte den ungebetenen Gast eher missmutig an. „Bisher haben Sie mir nichts Neues berichtet. Außerdem hat die Kirche oft genug ihren Standpunkt klargemacht“, knurrte er. „Im Übrigen wundere ich mich sehr, dass Sie wieder einmal den Vermittler spielen. Ihre Schützlinge haben es doch gar nicht nötig, bei der Macht, über die sie verfügen“, fügte er noch spöttisch hinzu. Leander Knight versuchte, die Provokation zu überhören.
„Ich bedaure, Eure Exzellenz, aber wenn Sie mir andeuten würden, was für Sie von besonderem Interesse ist, dann werde ich mich gerne für Sie umhören“, erwiderte er stattdessen mit heuchlerischer Freundlichkeit. Alberani, der nicht wusste, dass Leander nicht einmal ein Mensch war, hielt ihn für eine Art Sozialarbeiter, der zwischen den Untoten und der menschlichen Rasse Frieden stiften wollte.
Der ergraute Kirchenmann erhob sich hinter seinem riesigen Schreibtisch. Seine Robe war für den hageren Körper fast zu groß. „Mein lieber Freund, Ihre Bemühungen in allen Ehren, aber sehen Sie: Zwischen unseren Glaubenszielen und der Existenz dieser Höllenbrut liegen nun einmal unüberbrückbare Differenzen. Es darf solche Kreaturen nicht auf dieser schönen Erde geben. Das ist nicht nur meine Meinung. Aber ich persönlich werde alles daran setzen, dass die Menschen von dieser Plage befreit werden. Allerdings könnten Sie doch etwas für mich tun. Kardinal Pryce
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