Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
ihren feinen Ohren dem Gespräch problemlos hatten lauschen können. Ihre Mienen waren versteinert. Sie wirkten ratlos.
„Damit dürfte sich wohl unsere Aufgabe wohl erledigt haben“, warf Miles in den Raum. „Die neuen Vampirmeister werden sich von jetzt an besser abschirmen. Unsere Kräfte werden da nicht ausreichen.“
„Wir können froh sein, dass es nur noch zwei sind“, meinte Leander gedankenvoll. „Hätten die ersten vier Meister nicht schon untereinander einen Krieg angezettelt und sich gegenseitig vernichtet, dann wäre jetzt bereits die Hölle los.“
„Bist du sicher, dass sie nicht mehr existieren?“, erkundigte sich Shane. Der verwegene Hybridenvampir bedauerte das im Stillen.
Der Halbengel nickte jedoch.
„Ihre Erschaffer hatten sich zwar kluge Köpfe für eine Wandlung ausgesucht, aber zwei davon waren hoch dekorierte Militärs. Ihr wisst, wie solche Typen schon als Menschen drauf sind.“
„Dann haben sie einen Minikrieg angezettelt?“, grinste Shane.
„Stimmt. Daraufhin haben die Grenzgänger dann nur noch ‚harmlose’ Menschen ausgewählt.“ „Daraus sind aber leider keine ‚harmlosen’ Vampire entstanden“, meinte Weston pragmatisch.
Leander erhob sich vom Schreibtisch und ging zum Fenster.
„Die Frage ist doch nur, wer wen zuerst erwischt: Sie unseren Jason oder Jason und die Lamia die beiden Meister.“
„Und wir können da gar nichts anderes tun als zuschauen?“, Miles, der ehemalige Bassist der Band, wollte sich mit dieser Tatsache nicht abfinden.
„Wenn wir uns jetzt einmischen, besteht die Gefahr, dass die Meister neue Vampire wandeln, die wiederum die Hybriden offen bekämpfen!“, warnte Leander.
Der Ernst der Lage wurde den Vieren nun endgültig klar. Entweder zwei Fronten und ein Krieg der Unsterblichen mitten unter den Menschen oder … Jason allein gegen die beiden Meister kämpfen lassen und hoffen, dass seine Verbündeten rechtzeitig eingreifen würden! Das sah nach einem Vabanquespiel aus.
Jason Dawn befand sich immer noch in Amsterdam und schlenderte ziellos durch die nächtlichen Straßen. Sofern man von Schlendern sprechen konnte, denn die Vorstadt hatte er bald hinter sich gelassen und war im Zentrum angekommen. Er selbst nahm jedoch seine Umgebung kaum wahr. Seine Gedanken kreisten um das soeben Erlebte. In gleicher Weise war ihm die Situation, wie sie eben Leander den Hybriden in Italien beschrieb, ebenfalls bewusst geworden. Er war allein. Allein mit unsichtbaren Mächten, von denen er so gut wie nichts wusste und nur hoffen konnte, dass diese ihm bei einer Auseinandersetzung mit den neuen Meistern beistehen würden. Viel schienen die Lamia ja nicht von ihm zu halten, so wie sie mit ihm in Tibet gesprochen hatte. Jason schnaubte verächtlich. Kunststück, wenn ich direkt nach meiner Wandlung in ein Kloster gegangen wäre … , dachte er zynisch.
Er stand gerade an der Kaimauer zu einer der Grachten und blickte auf das dunkle Wasser, in dem sich zahllose Lichter widerspiegelten. Seine schlanke Silhouette hob sich schwarz gegen die Häuserfront hinter ihm ab.
…dann würdest du heute noch im Sarg liegen, vollendete eine humorvolle Stimme den Satz in seinem Kopf.
Jason fuhr herum. Er konnte trotz seiner scharfen Augen niemanden erkennen und auch keinerlei vampirische Präsenz erspüren. Sein Blick schweifte suchend über die Umgebung. Ein Pärchen auf einer Bank auf der anderen Seite des schmalen Wasserkanals war mit sich selbst beschäftigt. Eine Gruppe angetrunkener Touristen kam hinter ihm aus einer Kneipe und zog lautstark ihres Weges. Jason trat näher an den Kai heran. Ein paar kleine Motorboote und ein gedrungenes Hausboot lagen wenige Meter entfernt vertäut. Die Wasserfläche darunter glich einem dunkelblauen Spiegel, der verzerrte Bilder zurückwarf.
Dort, auf dem Hausboot regte sich plötzlich etwas. Eine Frau trat aus einer Tür hinaus auf das Vorderdeck. Sie war jung, mit schulterlangen, lockigen schwarzen Haaren. Dunkle Augen blickten jetzt direkt zu ihm herüber. Ihr Gesicht war von herber Schönheit, der Teint zart gebräunt und die gazellengleiche Figur wurde von einem bunten, bodenlangen Sommerkleid betont, dessen Oberteil eng anlag und das in einem weit schwingenden Rock endete. Der auffällige Schmuck an Ohren und um ihren Hals verriet ihre Herkunft: Sie war eine Zigeunerin! Die Unbekannte hob die Hand und winkte ihm. Neugierig trat Jason näher. Wie konnte ein Mensch in der Lage sein, die Gedanken eines Vampirs
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