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Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini

Titel: Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thomas
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über die Bibelseiten. Zwei Zeilen stachen
    ihm dabei besonders ins Auge:
    Apostelgeschichte 4,20: »Denn wir können unmöglich schweigen von
    dem, was wir gesehen und gehört haben.«
    Apostelgeschichte 8,37: »Wenn du von ganzem Herzen glaubst, kann es
    geschehen.«
    Es konnte keinen Zweifel mehr geben. Die unterstrichenen Textzeilen
    waren mehr als nur eine kontemplative Laune ihrer Verursacher. Sie
    deuteten auf eine Gemeinsamkeit hin.
    Ben klappte die Bibel zu und steckte sie ein. Kardinal Ciban würde sich
    gewiss weiterhin stur stellen und nichts von seinem Hintergrundwissen
    offenbaren, aber womöglich erkannte Catherine in den Markierungen
    einen tieferen Sinn.

53.

    Der Meister lehnte sich bequem in seinem Sessel auf der Veranda zurück
    und ließ seinen Blick über das abendliche Rom schweifen. Seine Hände,
    in schneeweiße, hauchdünne Handschuhe gehüllt, ruhten auf Papst Leos
    Tagebuch.
    Er hatte keine weiteren Namen der päpstlichen Kongregation in Leos
    privaten Aufzeichnungen finden können, womit er auch nicht wirklich
    gerechnet hatte, dafür aber hatte sich ein anderer Verdacht bestätigt:
    Dieser naive Idealist von einem Papst, dieser Tagträumer vor dem Herrn,
    plante doch tatsächlich ein drittes vatikanisches Konzil.
    Mit Unbehagen dachte der Meister an die verheerenden Folgen, die das
    zweite Vatikanische Konzil auf die Kirche gehabt hatte. Obwohl die
    Kurienkardinäle, vor allem Päpste wie Paul und Innozenz, das
    Schlimmste verhindert hatten, wirkte die nachkonziliare Krise bis in den heutigen Tag hinein, und der Schaden, den diese Nachwehen anrichteten,
    war überhaupt noch nicht abzusehen. Ordensleute wie Catherine Bell
    waren nur ein Produkt dieser Krise. Leos Naivität war unglaublich.
    Dieses Konzil musste noch im Ansatz verhindert werden! Es wurde Zeit,
    dass er, der Meister, die Führung hinter den Kulissen übernahm.
    Er blickte über die steinerne Umrandung der Veranda auf die scheinbar
    so nahe Kuppel des Petersdoms, und seine Miene verdunkelte sich. Noch
    immer hatte er nicht herausgefunden, worauf Leos so wundersam
    wiedergewonnene Stärke zurückzuführen war. Doch von der Lösung
    dieses Rätsels hing der Erfolg seines gesamten Planes ab. Und die Zeit
    drängte!
    Kurz überkamen ihn Zweifel an der Wahl der Ermordeten, aber er
    konnte Innozenz in diesem Punkt absolut vertrauen. Zwei Jahrzehnte
    hatten der verstorbene Pontifex und er gemeinsam die Kirche regiert und
    waren ein nahezu unüberwindbares Bollwerk gegen die Modernisten in
    den eigenen Reihen gewesen. Innozenz hatte im Meister seinen
    Nachfolger gesehen. Alles für die Machtübergabe war bereits arrangiert
    worden, daher hatte Innozenz ihm – auch dank seiner
    Überredungskunst – noch einige der Namen der geheimen Kongregation
    auf dem Sterbebett genannt. Sechs Namen. Den siebten hatte Innozenz
    leider nicht mehr über die Lippen bringen können. Doch für das
    Vorhaben des Meisters waren die sechs Namen, die er hatte, erst einmal
    mehr als genug gewesen, und das Eliminieren der Genannten hatte zu
    Beginn durchaus Wirkung gezeigt. Die Antwort auf Leos so
    überraschende Genesung musste also woanders liegen. Nur wo?
    Wurden die ermordeten päpstlichen Berater, diese Spiritualen, wie sein
    Freund Innozenz sie immer genannt hatte, etwa doch ersetzt? Soweit der
    Meister wusste, war das bisher nur wenige Male in zweitausend Jahren
    Papsttum geschehen. Erst ein weiteres Konklave, erst der erneuerte Bund
    mit einem neuen Papst setzte normalerweise die notwendigen Kräfte für
    eine Wiedererstarkung der päpstlichen Kongregation frei. Der Meister
    hatte keine konkrete Vorstellung, wie das genau vonstattenging, er
    wusste nur, dass es geschah. Es schien ebenso ein Wunder wie die
    Auferstehung Jesu Christi zu sein.
    Das vornehme Räuspern des Hausdieners holte ihn aus seinen düsteren
    Gedanken zurück. »Monsignore deRossi wünscht Sie zu sprechen,
    Eminenz.«
    Der Meister nickte und bat den Hausdiener, den Pater zur Veranda zu
    geleiten, während er Leos Tagebuch und die hauchdünnen Handschuhe
    in einem Fach seitlich an seinem bequemen Sessel verschwinden ließ.
    Als deRossi eintrat, bestellte der Meister bei dem Diener ein leichtes
    Essen und einen guten Wein. Sein fähigster Schüler sollte nicht mit
    leerem Magen Bericht erstatten. Überdies ließ sich bei einem guten
    Essen sehr viel klarer denken, reden und planen.
    »Guten Abend, Eminenz«, grüßte deRossi.
    Der Meister deutete auf den gegenüberstehenden

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