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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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mich immer geweigert hatte zu glauben – doch in diesem Augenblick wusste ich mehr denn je, dass es die Wahrheit war. »Und dann … dann ist irgendetwas passiert und ich konnte ihn sehen. Ich konnte ihn sehen. Meinen garde du corps.«
    Plötzlich war ich den Tränen nahe. Meine Stimme versagte und ich musste schlucken. Shima und Suni tauschten einen Blick aus, den ich nicht deuten konnte, dann richtete die alte Frau ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. Sie sah mich an, ohne zu blinzeln. Wie hypnotisiert sprach ich weiter.
    »Dieser garde du corps ist in großen Schwierigkeiten. Ich muss … ich muss ihm etwas sagen, damit er weiterhin auf mich aufpassen kann. Etwas Wichtiges. Sonst wird er – weggeholt. Von den bösen Engeln. Sie wollen ihn bestrafen, weil ich ihn sehen konnte.«
    Ja. Das war die Wahrheit. Die Cherubims waren böse Engel, auch wenn Leander wie alle Körperwächter das Wort »Engel« hasste.
    »Ich bin ihm das schuldig«, schwebte meine Stimme durch die rauchige Stille – viel klarer und reiner, als ich sie eigentlich kannte. Wieder wechselten Shima und Suni einen Blick. Dann nickte Shima Suni auffordernd zu.
    »Weißt du, wohin genau wir fahren und warum?«, fragte Suni mich. Sie hörte sich zittrig an. Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein. Nur, dass ihr in den Süden reist.« Suni ließ sich neben Shima auf die speckige Bank sinken. Shima nickte erneut, lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an.
    »Wir fahren nach Saintes-Maries-de-la-Mer«, berichtete Suni andächtig. Wem galt diese Andacht? Etwa mir? »Dort huldigen wir der Schwarzen Sara.«
    »Der Schwarzen Sara?« Das klang ganz schön unheimlich. Überhaupt war mir gerade sehr unheimlich zumute, aber ich wollte auch nicht wegrennen. Ich wollte hier bleiben.
    »Die Schwarze Sara ist unsere Schutzpatronin. Ihre Statue steht in einer Grotte. Wir beten sie an, damit sie uns vor Unheil, Tod und Krankheit bewahrt. Eigentlich pilgern die Sinti und Roma jedes Jahr im Mai dorthin und tragen sie in einer feierlichen Prozession ins Meer, um ihr zu danken, aber …« Suni stockte. Ihre Augen verdunkelten sich. »Meine Mutter ist im Frühjahr gestorben und deshalb … deshalb mussten wir unsere Fahrt verschieben. Wir reisen stattdessen jetzt zur Schwarzen Sara. Und du …«
    Ich pilgere zu meinem blau-grünen Leander, führte ich ihre Gedanken zu Ende. Es war nicht exakt dasselbe, denn im Gegensatz zur Schwarzen Sara war mein Schutzpatron quicklebendig und würde sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, sein Dasein in einer Grotte zu verbringen, doch mir rann ein Schauer über den Rücken. Es war ein merkwürdiger Zufall. Oma Anni hätte darin ein Zeichen gesehen. Anscheinend ging es Shima ähnlich. Sie stellte eine kurze Frage und Suni übersetzte betont sachlich.
    »Womit verdient dein Vater sein Geld?«
    Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt … Ich biss mir auf die Zunge. Vielleicht sollte ich gedanklich nicht allzu viel fluchen. Ich stoppte meine Verwünschungen und versuchte es mit dem, was ich mir auf dem Weg zu Shimas Wagen in aller Eile ausgedacht hatte.
    »Er hilft Menschen, denen Schreckliches widerfahren ist.« Oh, das klang toll und vor allem stimmte es. Ich musste ja nicht zwingend erwähnen, dass Papas Hilfe zu spät kam. Aber kam sie wirklich zu spät? Vielleicht war es wichtig für die Seelen der Verstorbenen, wenn Papa bei ihnen war, während sie entflohen und der Meister der Zeit sie abholte. Vielleicht war Papa genauso wichtig wie Sky Patrol.
    »Also ist er ein Mann der Kirche?«, wollte Shima wissen.
    Ich nickte beklommen. Auch das war keine Lüge. Papa musste sich viel und oft in Kirchen und Kapellen aufhalten. Das gehörte zu seinem Job. Ohne die Kirche und ihre Rituale keine Begräbnisse.
    »Wer ist der Junge, der dich begleitet?«, wollte Shima nun wissen. Glück gehabt, Luzie, dachte ich. Keine weitere Frage nach meinem Vater und seinen unreinen Tätigkeiten. Ob die Sinti auch ein Problem mit Türken hatten?
    »Ein sehr guter Freund, fast wie ein Bruder«, wählte ich eine möglichst ehrliche Umschreibung für Serdan. »Er weiß nichts von meinem Schutzpatron, aber er weiß, dass ich ihn bei meiner Reise brauche. Er passt auf mich auf, wenn mein garde du corps nicht da ist.« Ja, genau so war es. Das fühlte ich tief in meinem Bauch. »Sein Vater ist übrigens Professor an einer Hochschule«, fügte ich sicherheitshalber hinzu, auch wenn Serdans Vater in Wahrheit nur Dozent war.
    Shima hielt mit der linken Hand

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