Lykos (German Edition)
er und Angela Damm dem Direktor hinter die Wohnwagen folgte, wo zwei Gespanne mit Käfigen standen, in denen drei Tiger und zwei Löwen gelangweilt auf schmalen Prischen lagen und nur kurz aufblickten, als die drei Menschen sich ihnen näherten. Kiechnetzky redete den Tieren im vertrauten Tonfall zu und streichelte einen der Löwen durch das Gitter. Die beiden Polizisten sahen sich dabei an und grinsten. Nachdem sie die Tiere einige Zeit interessiert betrachtet hatten, fragte Straub nochmals nach weiteren Raubtieren, was der Direktor wiederum verneinte.
„Sie kennen doch sicher viele Kollegen von ihnen. Wissen sie, ob ein Zirkus hier in der Nähe gastiert, der einen oder mehrere Wölfe in seinem Programm hat?“, wollte der Oberkommissar weiter wissen.
„Nein, mir ist kein Zirkus bekannt, der Wölfe in der Manege zeigt. Haben sie Probleme mit diesen Tieren?“
„Ich kann ihnen darüber leider nichts sagen, da wir direkt in Ermittlungen stecken. Wenn ihnen aber doch noch etwas dazu einfällt, rufen sie uns bitte über diese Nummer an“, erklärte Straub dem Zirkusdirektor und überreichte ihm eine Visitenkarte mit seinem Namen und der Telefonnummer des Büros. „Ansonsten danke ich ihnen für die Mühe, die sie sich gemacht haben“, ergänzte er und verabschiedete sich zusammen mit seiner Kollegin von dem Mann.
Der Direktor verbeugte sich übertrieben und ließ noch einige Höflichkeitsfloskeln ab. Dann bestieg er wieder seinen Wagen und verschwand in der Tür. Straub und Damm blieben noch einen Augenblick stehen und unterhielten sich, als plötzlich eine alte Frau aus einem der benachbarten Wohnwagen herauslugte und sie mit einer heiseren Stimme ansprach: „Sie suchen etwas Bestimmtes? Einen Wolf?“, krächzte sie mit ebenfalls osteuropäischem Akzent.
„Jaaaa ...“, antwortete der Oberkommissar gedehnt.
„Kommen sie, das interessiert mich“, sagte die alte Frau und winkte sie zu sich.
„Tut uns leid, wir sind leider in Eile“, schüttelte Straub den Kopf und wollte schon gehen, doch die seltsame Frau ließ nicht locker.
„Ich weiß etwas über Wölfe, ich kann ihnen einige Dinge erzählen. Dinge, die ich selbst gesehen habe“, sagte sie mit einem beschwörenden Tonfall.
Straub wollte dennoch ablehnen, doch seine Kollegin deutete lächelnd mit dem Kopf in Richtung Wohnwagen. „Na komm, hören wir es uns einmal an“, sagte sie grinsend.
Der Oberkommissar gab sich geschlagen und folgte seiner Kollegin ergeben in den Wohnwagen. Die alte Frau war wirklich mehr als eigenartig. Sie trug ein wallendes, lilafarbenes Gewand und ein ebensolches Kopftuch. Ihr Gesicht war über und über mit Falten bedeckt, aber sehr stark geschminkt. Sie schritt gebeugt zu einem Korbsessel, der an einem runden, dunklen Holztisch stand. „Kommen sie nur herein“, wiederholte sie. Dann ließ sie sich langsam in den Sessel fallen und atmete tief und erleichtert auf.
Straub und Damm blickten sich fasziniert im Inneren des Wohnwagens um. Sie waren in einem wahrhaften Museum gelandet – einem Museum des Lebens. Der Raum war vollgestellt mit persönlichen Dingen. Es grenzte fast an ein Wunder, die alte Frau sich hier noch zurechtfand. Die Wände waren über und über mit alten Schwarzweißbildern bedeckt und zeigten zumeist eine junge, bildhübsche Frau in der Zirkusmanege oder in einem Variete. Auf manchen der Bilder war die selbe Frau etwas älter und mit einigen Prominenten aus Film und Fernsehen zu sehen. Straub kamen einige der Gesichter bekannt vor, aber er wusste keine Namen dazu. Daneben hingen etliche Urkunden in verschiedenen Sprachen. Unter den Bildern und Urkunden standen haufenweise Regale, Setzkästen und Schränke, die mit allerhand seltsamen Dingen gefüllt waren. Offensichtlich besaß die Frau einen Hang zum Okkulten. In einigen der Regale standen etliche gläserne Gefäße mit Schlangenköpfen und riesigen Spinnen als Inhalt. Auf einem anderen Schrank standen oder lagen mumifizierte Körperteile von Tieren in allen Größen und Formen. Überall hingen Pendel und Kettenanhänger mit verschiedenen Symbolen aus allen möglichen Religionen. Pentagramme und Voodoopuppen waren ebenso vertreten, wie Kreuze und Heiligenikonen. Dieses eigenartige Sammelsurium wurde von Büchern mit schwarzen Einbänden umrahmt, die offensichtlich von Magie und Hexenkunst handelten, wie an der Schrift und den Titeln zu entnehmen war. Dazwischen standen überall kleine und größere Lampen, deren Schirme wieder ausnahmslos lila
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