Lyonesse 3 - Madouc
Sie sind nicht so, daß man sie stolz hinausposaunen wollte, weshalb ich es vorziehe, mich in Zurückhaltung zu üben.«
»Dann werde ich die Episode erzählen. Zuvörderst jedoch will ich darauf aufmerksam machen, daß Verlegenheit die Kehrseite von Eitelkeit ist.«
»Ich hege eine tiefe Bewunderung für mich selbst«, sagte Twisk. »Ist das Eitelkeit? Hierüber ließe sich gewiß streiten.«
»Der Begriff mag zutreffend sein oder auch nicht. Ich werde nun in eine Zeit zurückgehen, die einige Jahre zurückliegt. Twisk hielt sich schon damals – wie heute – für eine große Schönheit – die sie zweifelsohne war und ist. In ihrer Tollheit reizte und neckte sie den Troll Mangeon, indem sie ihm erst stolz ihre Reize zur Schau stellte, um dann behende seinem Zugriff zu entspringen und sich schadenfroh und hohnvoll an seiner Liebespein zu weiden. Mangeon, zutiefst in seinem Mannesstolz gekränkt, geriet darob in hitzige Wut und beschloß, ihr freches Betragen zu ahnden. Eines Tages schlich er sich unbemerkt an Twisk heran, ergriff sie, schleppte sie den Wamble-Pfad hinauf zum Munkins-Weg und kettete sie an den Pfosten Idilra, der neben der Kreuzung steht. Sodann sprach der Troll Mangeon einen Zauberspruch des Inhalts, daß die Ketten erst dann gelöst werden könnten, wenn Twisk drei Wandersleute dazu bewegt hätte, einen erotischen Akt an ihr zu vollziehen. Twisk mag sich nun, so sie dazu geneigt ist, ausführlich über die Begebenheit auslassen.«
»Ich bin nicht dazu geneigt«, sagte Twisk ungehalten. »Gleichwohl werde ich – in der Hoffnung, daß meine Tochter aus meinem Irrtum lernt – die genauen Umstände detailliert darlegen.«
»Sprich«, sagte König Throbius.
»Da gibt es wenig zu erzählen. Der erste, der des Weges kam, war der Ritter Sir Jaucinet von Wolkenburg in Dahaut. Er war sowohl höflich als auch einfühlend und hätte auch länger bei mir verharrt, als vielleicht eigentlich nötig gewesen wäre, aber ich entließ ihn schließlich, da es zu dämmern begann und ich nicht andere Wandersleute abschrecken wollte. Der zweite, der vorüberkam, war Nisby, ein Ackerknecht, der auf dem Heimweg vom Felde war. Er war höchst hilfreich – in einer ungestümen und ungeschlachten, aber kraftvollen Manier. Er verschwendete keine Zeit, da er, wie er erklärte, Speck zum Abendbrot erwartete. Ich war wild darauf erpicht, noch vor Einbruch der Nacht freizukommen, und daher erleichtert, als er schließlich schied. Doch weh! Ich sollte schwer enttäuscht werden! Die Dämmerung wich der Nacht; der Mond war voll; er schien so hell als wie ein Wappenschild aus blankem Silber vom Himmel herab. Des Weges kam jetzt eine schattenhafte, schwarz verhüllte Männergestalt mit einem breitkrempigen Hut auf dem Haupt, welcher ihr Gesicht gegen das Mondlicht abschirmte, so daß ihre Züge nicht zu erkennen waren. Der Mann kam langsam näher, nach jedem dritten Schritt kurz innehaltend, aus Wachsamkeit oder vielleicht aus einer achtlosen Gewohnheit heraus. Ich fand ihn bar jeden Liebreizes und rief ihn nicht an, daß er mich von dem Pfosten befreie. Dessen ungeachtet erblickte er mich im Mondlicht und blieb jählings stehen, mich zu taxieren. Weder seine Haltung noch sein Schweigen vermochten meine bösen Ahnungen zu vertreiben; aber ich konnte mich ja wegen der Kette und ihrer Verknüpfung mit dem Pfosten Idilra nicht entfernen. Also machte ich aus der Not eine Tugend und blieb, wo ich war. Mit langsamem und bedächtigem Schritt näherte sich der fremde Wandersmann mir und zwang mir schließlich seinen Willen auf. Wo Nisby grob und hastig gewesen war und der Ritter Sir Jaucinet elegant und gefällig, da ging der dunkle Fremdling mit einem furiosen Eifer zu Werke, dem es an jeder Empfindsamkeit fehlte; nicht einmal seinen Hut nahm er ab! Und er nannte weder seinen Namen noch sprach er sonst auch nur ein einziges Wort. Unter diesen Umständen blieb meine Reaktion auf kalte Verachtung beschränkt.«
»Die Sache nahm schließlich ihren Lauf, und ich war frei. Der dunkle Mann ging durch das Mondlicht davon; sein Gang war noch langsamer und bedächtiger als vorher. Ich eilte zurück nach Thripsey Shee.«
In diesem Moment gesellte sich Königin Bossum, gehüllt in ein prächtiges, mit funkelnden Saphiren besetztes Gewand aus schimmerndem Spinngewebe, zu König Throbius, der sich umwandte und sie mit vollendeter Höflichkeit begrüßte.
Twisk fuhr mit ihrer Erzählung fort. »Nach gehöriger Frist wurde ich von einem
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