Lyonesse 3 - Madouc
die Älteren Inseln zu herrschen, niemals erfüllt werden!
König Casmir erfuhr nie den Namen von Suldruns erstem und einzigem Sohn, und er lebte in einem Zustand stetigen Bangens. Erst vor kurzem enthüllte der Priester Umphred König Casmir die Wahrheit und verriet ihm, daß Suldruns Sohn kein anderer als Prinz Dhrun ist. Seither sucht Casmir fieberhaft nach einem Weg, wie er die Prophezeiung ungültig machen kann.
Aus diesem Grund verlangte er ein Kolloquium hier auf Falu Ffail. Ihn kümmern nicht gutes Einvernehmen oder Frieden; ihm kam es allein darauf an, daß Dhrun die Weissagung erfülle, so daß er sodann gemeuchelt werden kann.
Gestern abend überredete Prinz Cassander Dhrun, sich auf den Thron Evandig zu setzen und einen Befehl zu äußern. Heute braucht Dhrun nur noch seinen Platz am Runden Tisch einzunehmen, um die Bedingungen der Prophezeiung zu erfüllen; darnach könnte er gefahrlos ermordet werden, womöglich gar noch in dieser heutigen Nacht. Ein Pfeil aus einer Hecke oder ein Messer aus dem Schatten, und Dhrun ist tot. Wer würde die Tat begehen? Da waren vier, die mit uns nach Norden ritten; ich wage es nicht, sie Schurken und Mörder zu schimpfen, aus Furcht, ich könnte ihnen Unrecht tun, aber sie waren weder Ritter noch Soldaten.
Nun wissen alle, was ich weiß, und warum ich Dhrun seinen Platz verwehre. Urteilt selbst, ob mein Betragen launisch ist; dann möge das Kolloquium seinen Lauf nehmen.«
Grabesstille herrschte im Heldensaal.
Es war schließlich König Audry, der das Schweigen brach. Er sagte mit beklommener Stimme: »Die Versammlung ist sowohl bestürzt als auch verwirrt ob Eurer Enthüllungen. Wir haben eine höchst ungewöhnliche Reihe von Beschuldigungen gehört, die bedauerlicherweise glaubwürdig klingen. Aber vielleicht kann König Casmir ja diese Anschuldigungen widerlegen. Was, Casmir von Lyonesse, sagt Ihr zu diesen Vorwürfen?«
»Ich sage, daß diese hinterhältige kleine Schlange das Blaue vom Himmel herunterlügt, unter schändlicher und niederträchtiger Mißachtung der Wahrheit und mit einem noch schändlicheren und niederträchtigeren Vergnügen am Geschmack der puren Schlechtigkeit und Verworfenheit. Nach unserer Rückkehr nach Lyonesse wird sie eingehend in der Tugend der Wahrheitsliebe unterwiesen werden.«
Madouc stieß ein höhnisches Lachen aus. »Haltet Ihr mich für wahnsinnig? Ich werde nicht nach Lyonesse zurückkehren.«
»Ich halte dich in der Tat für wahnsinnig«, schnaubte Casmir. »Deine Märchen sind das irre Gefasel einer Geistesgestörten. Ich weiß nichts von Persilian, dem Magischen Spiegel, noch gar von seiner Prophezeiung.«
Eine neue Stimme ließ sich vernehmen. »Casmir, Ihr lügt, und Ihr seid der Lügner!« Aillas trat langsam in den Heldensaal. »Ich selbst stahl Persilian, den Magischen Spiegel, mit meinen eigenen Händen aus Eurer geheimen Kammer und vergrub ihn unter dem Limonenbaum in Suldruns Garten. Das einzige, was ich bisher noch nicht wußte, ist das, was Madouc soeben über den Priester Umphred erzählt hat, der schon Suldrun unermeßliches Leid zugefügt hatte. Eines Tages werde ich mit dem Priester Umphred abrechnen.«
König Casmir saß schweigend da, mit rot angelaufenem Gesicht. König Audry sagte: »Ich hatte gehofft, daß dieses Kolloquium zu einem neuen Gefühl vonKameradschaft zwischen den Königen der Älteren Inseln führen werde, und vielleicht auch zu einer Beilegung unserer alten Zwiste, so daß wir unsere Heere verkleinern und unsere Festungen aufgeben und unsere Freisassen heimschicken könnten, auf daß sie zur höheren Wohlfahrt aller die Scholle beackern. Vielleicht bin ich zu idealistisch in dieser Hoffnung.«
»Überhaupt nicht«, sagte Aillas. »Ich will offen gestehen, daß ich den Menschen Casmir verachte. Seine Akte der Grausamkeit kann ich weder vergeben noch vergessen. Jedoch muß ich mit Casmir, dem König von Lyonesse, zu Rande kommen, und das werde ich in aller gebotenen Form tun, wenn es meiner Politik förderlich ist. Diese will ich hier und jetzt noch einmal darlegen, da sie einfach ist und alle sie begreifen sollten. Wir werden nicht zulassen, daß ein starkes, angriffslustiges Land ein passives friedliches Land attackiert. Sollte also beispielsweise Dahaut eine große Streitmacht aufstellen und sie wider Lyonesse schicken, würden wir sofort auf der Seite von Lyonesse kämpfen. Sollte Lyonesse törichterweise auf die Idee kommen, in Dahaut einzufallen, würden unsere Truppen postwendend
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