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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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easier.
    Dylan's Dogs hatten es auch erkannt. The Ballad of Sailor and Sunny.
    Die Melodie begann zu fließen, die Rhythmen vibrierten, die Bässe rollten, die Gitarren jaulten auf.
    Sie kamen sich vor wie ein Paar in einem Road Movie, heute hier, morgen da. Nichts hielt sie in New Orleans, alles war im Fluss. Was immer die Zukunft ihnen an Trost oder anderen Verheißungen versprach, es wartete auf sie irgendwo da draußen, in den Sümpfen von Louisiana. Die Welt war ihnen ein entzündetes Streichholz, das die Nacht erhellte.
    »Glaubst du ihm?«, fragte Sunny, als sie losfuhren.
    »Mr. Jones?«
    »Er war so... unecht.«
    »Ich weiß, was du meinst.« Mr. Jones war aufgetaucht wie ein Schatten, wie ein Geist in der Maschine, der alles vorantreibt, von dem aber niemand weiß, welcher Art seine Rolle ist.
    »Und?«
    »Warum sollte er uns belügen?«, fragte Danny.
    »Warum sollte er uns die Wahrheit sagen?«
    »Tyler Blake hat mich zu ihm geschickt.«
    »Du kennst His Blake-ness nicht.«
    »Warum sollte Tyler Blake mich anlügen?«
    »Die Tatsache, dass wir den Grund nicht kennen, weshalb er das tun sollte, heißt nicht, dass er es nicht getan hat.«
    »Gutes Argument.«
    »Sehe ich auch so.«
    Er deutete nach vorn. »Aber wir haben uns auf den Weg gemacht«, sagte er. »Wir treiben uns rum.«
    Sie lächelte. »Ja, das ist wohl so.«
    »Nur das zählt.«
    Sie drehte das Radio auf.
    Lehnte sich zurück.
    Beobachtete, wie die Welt da draußen vor dem Fenster vorbeizog.
    »Buddy Holly«, sagte sie sehnsüchtig.
    Everyday.
    Manchmal lohnte es doch noch, das Radio einzuschalten. Danny trommelte den Takt auf dem Lenkrad. Ja, die Musik beruhigte ihn, das hatte sie schon immer getan.
    Was immer auch geschehen mochte, die Musik würde sie nie im Stich lassen, so viel war gewiss.
    Also entspannte er sich.
    Der Highway 90 führte aus New Orleans heraus, aus dem Gewirr all der Umgehungsstraßen geradewegs in das riesige und unüberschaubare Gebiet der Flussarme und Seen und Sümpfe.
    Der Mississippi und all die anderen kleinen Flüsse verzweigten sich zu einem undurchdringlichen Labyrinth aus Wasserstraßen, die zu verborgenen Ortschaften in den Sümpfen führten.
    Sie fuhren über den Bayou Segnett, und die Landschaft veränderte sich sofort Das Land schien hier unendlich weit zu sein, auf der einen Seite die Ebenen, irgendwo auf der anderen Seite der Golf von Mexiko, blau und schimmernd, so dass die Sonne alle Farben von dort in die entlegenen Gegenden der Region zu bringen vermochte. Ja, weit wie die Welt, so weit wie die Träume. Weit und so feucht wie die Hände eines Akkordeonspielers.
    Die Sonne spiegelte sich fortwährend in den Wassern, die alles, sogar die Wälder, zu umschließen schienen.
    Nach einer Weile schlief Sunny auf dem Beifahrersitz ein. Ihr Kopf lehnte am Fenster, ihre Lider flackerten unruhig. Sie sah aus wie ein Traum, den Danny nie zu träumen verlernt hatte.
    Er musste an den Nachmittag denken, den sie gemeinsam im Tonstudio in Minneapolis verbracht hatten.
    Alex, Mike und Carl waren kurz nach draußen gegangen, um eine Pause zu machen. Sie lungerten auf der Treppe vor dem Haus herum, rauchten Zigaretten, tranken Kaffee aus Pappbechern und quatschten.
    Danny war im Studio geblieben. Er hatte auf seiner Gibson eine lustige Melodie gespielt, die zu einem Text passte, der ihm schon ein halbes Jahr zuvor während einer Wanderung durch die Wälder eingefallen war.
    The Wolf and the Squirrel.
    So hieß der Song.
    Danny spielte die Melodie, übte einige Riffs, probierte gewisse Harmonien aus. Es war ein Lied, das von der Freiheit handelte. Von einem Wolf, der die Tiere des Waldes unterdrückt, und von einem Eichhörnchen, das eine Revolution auslöst, weil es sich nicht unterordnen will.
    Sunny beobachtete ihn durch die Trennscheibe. Sie trug die Haare offen an jenem Tag. Danny spielte auf der Gitarre und sang leise dazu.
    Sie überprüfte die Einstellungen am Mischpult, schlürf te leise ihren heißen Kräutertee und knabberte Erdnüsse mit Erdbeeren und Käse. Das allein hätte ihm schon auf fallen müssen.
    Tat es aber nicht.
    Als Danny erneut mit dem Refrain einsetzte, hörte er eine Stimme in seinem Kopfhörer.
    Sie sagte: »Ich bin schwanger.«
    Woosh!
    Einfach so.
    Heiter Skelter.
    Donnergetöse.
    Flutwellen.
    Vulkanausbrüche.
    Tornados.
    Mit einem Klimpern erstarb die Melodie. Unbeholfen rutschte er von den Saiten ab. Er starrte durch die Glasscheibe. Hatte er richtig gehört?
    Unsicher klopfte er mit

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