Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Sie es sich so vorgestellt?«, fragte Madame Fontaine erwartungsvoll, als sie das Boot an einem Steg festmachte.
    »Nein«, murmelte Danny. Tunlichst hatte er es vermieden, sich das übel beleumundete Haus überhaupt in irgendeiner Art und Weise vorzustellen. Er hasste große Häuser eben noch immer, da biss die Maus keinen Faden ab.
    »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen«, flüsterte Sunny ihm zu, als sie sich dem Gebäude näherten, und ergriff seine Hand, als ob sie seine Verunsicherung spürte.
    Gemeinsam gingen sie hinein.
    Das Innere war, auf den ersten Blick, durch Wände und Treppen aus Holz bestimmt.
    »Alles Eichenholz«, erklärte Madame Fontaine. »Cheniere bedeutet Platz der Eichen.«
    Es roch nach exotischen Düften, die im Rauch vieler Kerzen geboren wurden. Wie unscheinbar träumerische Nebel schwebten sie einem entgegen, sobald man die Schwelle des Anwesens überschritten hatte.
    Eine breite Treppe mit rotem Teppich erhob sich in der Diele, die groß und elegant, wenn auch schlicht eingerichtet war. An den Wänden hingen Bilder, allesamt Porträts. Männer, Frauen, jung und alt. Die Kleidung ließ auf verschiedene Zeiten schließen, angefangen mit den Jahren der Besiedlung über das Antebeüum bis in die Moderne.
    Eine Frau erschien oben auf der Treppe.
    »Dies«, stellte Madame Fontaine vor, »ist Cal.«
    Sie sah ganz anders aus als ihre Schwester, hatte pechschwarzes Haar, andere Gesichtszüge. Es bestand nicht die geringste Ähnlichkeit, doch auf eine seltsame Art und Weise kam sie Danny bekannt vor. Er wusste nicht woher, aber sie schien ihm vertraut zu sein.
    Eindeutig war sie die ältere der beiden. Danny schätzte sie auf Mitte sechzig, aber er war nie gut darin gewesen, jemandes Alter zu schätzen.
    Sie schritt die Treppe herab.
    »Ah, wir haben Gäste.« Ihre Stimme war ein heller Klang, filigran und frisch, wie die Musik aus den alten Zeiten, in denen Perez Prado, Billy & DeDe Pierce, Sidney Bechet und Doc Paulin's Marching Band ihre Erfolge gefeiert hatten. »Es gefällt Ihnen doch sicher hier.« Sie stand vor Danny und ergriff seine Hand. »Ich bin Calliope Fontaine. Cal.« Sie lächelte, zwinkerte Sunny zu. »Sie sind schwanger, Liebes, kann das sein?« Sie war auf eine Art und Weise zuvorkommend und liebreizend, die Danny sofort misstrauisch machte.
    Sunny nickte stumm.
    »Seine Mutter ist eine Sherazade«, sagte Madame Cacaelia.
    Madame Cal wirkte nur vordergründig erstaunt. »Und Sie sind gekommen, damit wir Ihnen helfen.« Es war keine Frage, nein, keineswegs. Sie ergriff Sunnys Hand und bekräftigte: »Oh, das werden wir, Liebes, ganz sicher.« Sie berührte Sunnys Bauch mit ihren knorrigen Fingern, so dass Sunny erschrocken und bleich zusammenzuckte. »Sie müssen keine Angst haben, dem Baby wird es gutgehen. Ja, ja, wir werden Ihnen helfen, Liebes.«
    Madame Cacaelia sagte: »Wenn sie bereit sind, den Preis zu zahlen.«
    »ja«, murmelte Madame Cal, »natürlich.«
    »Wir müssen diese Lüge loswerden«, betonte Danny.
    Die beiden Damen standen abwartend da.
    »Über die Geschäfte«, beschloss Madame Cal, »sollte man beim Essen reden. Na, was halten Sie davon?«
    Was sollten sie schon davon halten?
    Beide gaben sich einverstanden.
    »Ich habe schon etwas vorbereitet«, verkündete Madame Cal.
    Madame Cacaelia machte eine Handy-Geste. »Wir sind gute Gastgeber, hier in den Sümpfen.«
    Die beiden Frauen führten sie in einen Salon, der aussah wie eine Kulisse aus Vom Winde verweht. Ein riesiger offener Kamin, darauf Vasen mit Figuren, die griechisch aussahen; lange Vorhänge, Polstermöbel mit Ornamenten im Holz, ein Tisch mit einer weißen Decke darauf.
    Es war schon gedeckt, Kerzen brannten.
    »Nehmen Sie doch Platz«, forderten die Damen sie auf.
    »Monsieur Laveau sprach von einer dritten Schwester«, gab Sunny zu bedenken.
    Madame Cacaelia winkte ab. »Ja, die gibt es, aber sie ist nicht hier. Ist in New Orleans. Treibt sich wieder in den Spelunken herum.« Sie wirkte grimmig, doch schnell wurde der Grimm mit einem Lächeln überschminkt. »Aber das«, säuselte sie, »muss Sie nicht weiter kümmern.«
    Sie lenkten die Aufmerksamkeit aufs Essen.
    »Es duftet köstlich«, bemerkte Sunny, die nicht recht wusste, was sie sonst sagen sollte.
    Danny versuchte seine innere Unruhe zu unterdrücken.
    »Das ist Andouille-Gumbo«, erklärte Madame Cal. »Und das dort drüben sind Blaukrabben und frische Flusskrebse etouffee, in dunkler Soße.« Sie öffnete eine

Weitere Kostenlose Bücher