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Macabros 018: Knochentunnel in das Grauen

Macabros 018: Knochentunnel in das Grauen

Titel: Macabros 018: Knochentunnel in das Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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ich die Dinge vor mir, ich wußte nichts von einem
Jungen. Erst jetzt, auf dem Weg hierher, als du mir erzählt
hast, was geschehen ist, fiel es mir wieder ein.«
    Seine Stimme klang dumpf.
    »Du solltest zu einem Arzt gehen«, sagte sie leise.
    »Was kann ein Arzt für mich tun? Ich muß der
Stimme gehorchen.«
    »Was für einer Stimme, Henry?«
    »Ich kann es nicht sagen. Ich höre sie manchmal, aber
ich wollte nicht mit dir darüber sprechen.«
    »Ich weiß und beobachte dich schon geraume Zeit. Mir
ist nicht entgangen, daß du dich verändert hast.«
    »Außer der Stimme – sind da noch die Bilder. Ich
sehe Dinge, die es einmal gegeben haben muß. Davon bin ich
überzeugt. Aber warum sehe ich sie?«
    Er blickte sie fragend an, als könne sie ihm eine Antwort
darauf geben. »Seit Tagen durchstreifen wir die ausgegrabene
Stadt, die schmalen Gassen, bleiben vor Winkeln. Mauern, Statuen und
Säulen stehen. Wir sprechen darüber. Für dich ist es
wie ein Wunder, daß es so etwas gibt. Für mich ist es
– eine Selbstverständlichkeit. Ich habe alles schon mal
erlebt, Eve. Ich wollte es dir nicht sagen, aber ich kann es nun
nicht mehr länger für mich behalten.«
     
    *
     
    Sie hielt den Atem an. Das Eis war gebrochen. Seit Wochen wartete
sie darauf, daß er sich ihr anvertraute.
    »Mir ist dein Verhalten aufgefallen. Du wirkst in der letzten
Zeit wie ein Schlafwandler. Du tust Dinge, die dir nicht bewußt
sind, du sagst welche, an die du dich später nicht mehr erinnern
kannst. Ich habe dich im Schlaf sprechen hören. Das hast du
früher nicht getan. Ich habe versucht, dich wach zu
rütteln. Es war unmöglich. Du lagst wie in
Hypnose.«
    »Davon weiß ich nichts. Wovon habe ich
gesprochen?«
    Sie zögerte einen Moment, als überlege sie, ob sie es
sagen sollte. Dann gab sie sich merklich einen Ruck.
    »Du warst nicht zu verstehen. Du hast in einer fremden
Sprache gesprochen, Henry.«
     
    *
     
    Mit offenen Augen lag Eve Bingham im Bett und hing ihren Gedanken
nach.
    Die junge Frau wandte den Blick. Das Leuchtzifferblatt zeigte kurz
vor zehn.
    Sie hatte gerade zwanzig Minuten geschlafen.
    Eve Bingham steckte voller Unruhe und seufzte.
    Sie dachte darüber nach, was in den letzten Wochen und vor
allen Dingen während der letzten Tage passiert war.
    Ihren Begriffen nach war Henry Jake krank. Zum Arzt ging er nicht.
Sie mußte selbst etwas unternehmen und mit einem Psychiater
sprechen. Es war keine körperliche Krankheit, unter der er litt.
Sein Wesen hatte sich verändert. Seine ganze Art. Manchmal kam
er ihr vor wie ein Fremder.
    Die Worte, die er heute mittag gebraucht hatte, gingen ihr nicht
aus dem Sinn. Sie waren am Ausgrabungsort gewesen. Zielsicher
steuerte Henry Jake durch das Labyrinth der Gänge und
Mauerstraßen. ›Manchmal‹, hatte er gesagt,
›kommt es mir so vor, als sei mir das alles bekannt, als
wäre ich schon mal hiergewesen.‹
    Wie kam er dazu, so zu sprechen?
    Sie wandte den Kopf. Das Gefühl der Angst stieg wieder in ihr
auf.
    Henry Jake schlief unruhig.
    Seine Finger auf der Bettdecke zuckten. Er atmete flach und
unruhig und röchelte gelegentlich.
    Mondlicht fiel durch die Fenster und tauchte das Zimmer in
geisterhaft bleichen Schein. Vollmond! Hing damit Henrys Unruhe und
auch die ihre zusammen?
    Sie konnte sich jedoch nicht daran erinnern, jemals darunter
gelitten zu haben.
    Eve atmete tief durch und versuchte sich zur Ruhe zu zwingen.
    »Akkhmo… tark… uium Ire seii«, murmelte die
Stimme an ihrer Seite, und Eve Bingham fuhr zusammen, als würde
eine eisige Hand ihren Rücken hinabfahren.
    Diese seltsamen, schaurig klingenden Worte! Aus dem Mund von Henry
Jake…
    Eve Bingham hielt den Atem an.
    »Koopour mirek alak tantum skreek.«
    Was hatte denn das zu bedeuten? Was wollte er damit sagen?
    Es klang beschwörend und unheimlich, und sie zermarterte sich
das Gehirn, aus welcher der bekannten Sprachen diese Worte
stammten.
    »Sie sind zwei – und sie sind unsterblich… armagtu
irek tkoum… durch uns…«
    Er mischte die fremden, schaurig klingenden Laute mit Wörtern
aus seiner Muttersprache. »Trokul ark Skry.«
    Ein leises Lachen…
    Er bewegte sich. Das Bettzeug raschelte.
    Wurde er wach und merkte, daß er im Schlaf sprach?
    Ein Wimmern drang aus der Tiefe seiner Brust, und sein Atem
erfolgte stoßweise.
    Henry Jake Bingham richtete sich auf.
    Er saß im Bett, daß er ihr halb den Rücken und
das Gesicht dem Fenster zuwandte.
    So hätte es sein müssen, aber Eve Bingham sah es

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