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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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kaum einen
sinnvollen Gedanken fassen.
    »Was das Experiment betrifft!« sagte Mysterion.
»Ich werde dir das rauben, das dich zu dem macht, was du bist
– dein Ich!«
     
    *
     
    Jacques Estrelle glaubte einen Augenblick, seine Gedanken setzten
aus, erhielt aber das verlorene Bewußtsein sofort wieder
zurück.
    »Dein Ich, Estrelle! Deine Seele, deine Identität! Das,
was dein ganzes Sein in sich beherbergt!«
    Jacques hätte sich am liebsten die Hände an die Ohren
gepreßt, als er wieder das schauerliche Lachen vernahm, das der
Kopf ausstieß. Etwas Wildes, Ungebärdiges stieg in ihm auf
und versuchte sich der Lähmung, die ihn befallen hatte, zu
widersetzen.
    Seine Waffen waren Angst – Angst und Verzweiflung!
    »Du hast keine Chance gegen die Kräfte des
Bösen!« lachte Mysterion. »Du bist ein armer,
schwächlicher Mensch!«
    Aus den Worten des Kopfes sprach der jahrtausendelange Haß
auf alles Menschliche. Und dieser Haß brandete gegen die
Verzweiflung, der Estrelle ausgesetzt war.
    Mysterion ahnte nicht, daß er selber den Franzosen in die
Lage versetzte, sich von der Lähmung zu befreien. Auch Estrelle
ahnte es nicht, aber für ihn zählten nur die Tatsachen. Und
eine Tatsache war, daß er sich plötzlich befreit
fühlte.
    Ohne sich länger zu besinnen, nahm er die Flucht auf, lief
kreuz und quer durch den Raum, und schlug Haken, als stünde
hinter ihm ein Mann, das Gewehr im Anschlag. Doch das stimmte
nicht.
    Hinter ihm war etwas viel Schrecklicheres. Ein Kopf, der im
Mittelpunkt eines Netzes aus Licht saß und von dort aus seine
Fäden zog wie eine Spinne.
    »Du versuchst zu fliehen?«
    Es war mehr Feststellung als Frage.
    Mit gelangweiltem Gesichtsausdruck beobachtete Mysterion, wie sich
aus seinem Netz ein Lichtstrahl löste und dem Fliehenden
nacheilte.
    Estrelle hatte inzwischen die jenseitige Wand des Raumes erreicht.
Dem Raum gleich, in dem er erwacht war, waren auch hier die
Wände mit Technik aller Art ausstaffiert. Aber Schalter oder
Hebel gab es nicht. Bildschirme und Rechenpulte waren zu sehen und
unzählige Datenspeicher, die bedient werden wollten. Doch
Mysterion machte es mittels seines Geistes. Das war Jacques’
Unglück.
    Estrelle befand sich in einem Zustand, in dem er wahllos Hebel und
Schalter an den Wänden betätigt hätte. Nichts, so
schien es ihm, könnte schlimmer werden als das, was sein Gegner
mit ihm vorhatte. Nicht nur, daß er ihm bereits das Gesicht
genommen hatte, nun wollte er auch noch seinen Geist!
    Hemmungslos begann er gegen die Wand zu trommeln. Er machte sich
nicht mehr die Mühe, nach einer Ritze oder einem Spalt zu
suchen, der vielleicht ebenso wie in dem anderen Raum eine
Geheimtür barg, durch die er entfliehen konnte. Schmerzhaft
hatte sich in Estrelles Gedanken das Bewußtsein eingefressen,
daß er der Macht Mysterions nicht gewachsen war.
    In dem Augenblick, da ihn der Lichtfinger aus dem Energienetz
erreichte, leuchtete der Körper des Meeresforschers auf wie eine
überdimensionale Fackel. Estrelle erstarrte mitten in der
Bewegung.
    Erst als das Leuchten langsam nachließ, kam wieder Leben in
den Körper. Aber etwas hatte sich gewandelt.
    Jacques war ergeben geworden!
    »Keiner entgeht der Macht Mysterions!« hallte es durch
den Raum. »Keiner!«
     
    *
     
    Christine war der Verzweiflung nahe, als sich ihr eine riesige
Wand näherte.
    Schreiend wollte sie sich vor dem Ungetüm in Sicherheit
bringen, doch ein Durchkommen war nicht möglich, da die Wand
hermetisch den Raum zwischen den beiden Gangseiten
ausfüllte.
    Die Französin lief, so schnell sie ihre Beine trugen, aber
das Hindernis war schneller. Es erfaßte sie und schob sie vor
sich her.
    Die junge Frau fiel in Ohnmacht.
    Als sie wieder erwachte, befand sie sich auf einer Ebene, die der
des Ganges, durch den sie geeilt war, zum Verwechseln ähnlich
schien. Der einzige Unterschied:
    Nicht sie, sondern der Gang befand sich in Bewegung!
    Dann kam die Hitze.
    Übergangslos war sie da, und mit Schrecken mußte
Christine feststellen, daß sie einem tiefen Schlund entstammte,
der das Transportband beendete.
    Schweiß strömte über ihr Gesicht und verwandelte
ihre Frisur in ein tangähnliches Gewirr von Haaren. Die Angst
saß ihr wie ein Dämon im Nacken.
    ›Aus! Es ist aus!‹ dachte sie immer wieder.
    Schaudernd erinnerte sie sich an die Stimme, die auf ihrem Weg
hierher mehrmals ertönt war. Es war eine tiefe, gefühllose
Stimme, die Christine angst und bange machte.
    »Ich will nicht sterben!«

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