Macabros 069: Gigantopolis - Alptraumstadt
anzusehenden Ungeheuern
und gehörnten Teufeln über Berg und Tal, tauchte immer
wieder als vernichtende Kriegsherrin auf und ritt von Sieg zu
Sieg…
Apokalypta!
Der Name brannte sich förmlich in ihr Hirn.
Da begriff Carminia, was geschehen war.
Irgendwann, auch unbemerkt von Hestus und seinen Getreuen, war es
zumindest dieser reinblütigen Dämonin gelungen, eine der
› Stationen ‹ für ihre Zwecke umzupolen.
Aber – das konnte doch nicht sein. Das widersprach allen
Gesetzen, die Hestus und seine Weisen entdeckt und befolgt
hatten.
Dann gab es nur eine einzige Erklärung. Die Kräfte, die
in einem Bereich bereits über Jahrtausende wirkten, hatten hier
ihre Wirksamkeit verloren und die Mächte der Finsternis
schickten sich an, neue Bereiche zu erobern und sich günstige
Ausgangspositionen zu schaffen.
Dies war eine Falle, und jetzt war sie zugeschnappt. Für sie
alle drei…
»Wo sind wir, Carminia?« fragte Pepe leise. Er erhob
sich und ließ den Blick in das weite Rund der gewaltigen Halle
schweifen.
»Keine Ahnung, mein Sohn«, entgegnete die Brasilianerin
ebenfalls mit leiser, gedämpfter Stimme. »Wenn ich’s
wüßte, war’s mir wohler. Bis jetzt – so scheint
mir jedenfalls – sind wir die einzigen, die sich hier aufhalten.
Weit und breit gibt’s keine Menschenseele…«
Der Eindruck täuschte.
Sie konnte in diesen Sekunden noch nicht ahnen, daß sie alle
drei in die Vergangenheit der Erdgeschichte geschleudert worden
waren. In die Vergangenheit jenes Teils von Xantilon, von dem man
behauptete, daß Molochos hier als Herr triumphierte und
residierte.
Ebenfalls ahnungslos war sie darüber, daß sich hier an
diesem Ort Björns, Ranis und Arsons Schicksal entschieden
hatte.
Carminia war eine kluge Frau, die wußte, was sie wollte. Auf
keinen Fall gab sie zu schnell auf.
Mehrere Male noch unternahm sie mit Jim und Pepe einen Versuch,
doch noch dem Zugriff dieser Macht zu entrinnen. Aber alle Versuche
blieben ohne Ergebnis.
Da fingen sie an, ihre nähere Umgebung zu ergründen, in
der Hoffnung, einen anderen Ausweg aus ihrer mißlichen Lage zu
finden.
Über die Treppen erreichten sie das große, weit
geöffnete Tor und von hier aus, ohne, daß sie von irgend
jemand aufgehalten worden wären, den Palastsaal, in dem das
große Fenster zum Balkon ebenfalls noch geöffnet war.
Da meinte Carminia, eine eiskalte Hand würde sich um ihr Herz
spannen.
»Rani! Arson!« wisperte sie entsetzt.
Da vorn standen die beiden Freunde.
Oder – waren sie nur Wachsnachbildungen? Sie rührten
sich nicht. Mit keiner Geste gaben sie zu erkennen, daß sie sie
hier vorn wahrnahmen.
Da bewegte Rani Mahay die Augen. Es war das einzige Lebenszeichen
von ihm – zu mehr war er nicht fähig.
*
Carminia Brados Gedanken fieberten.
Eine neue Falle? Eine Vision? Sollten sie auf diese Weise hierher
gelockt werden?
Sie war unbewaffnet und von einer Sekunde zur anderen in eine
Situation geraten, die alles von ihr erforderte.
Wenn sie jetzt den geringsten Fehler beging, konnte dies das Ende
bedeuten…
Vorsichtig ging sie Schritt für Schritt näher, als sich
in ihrer Umgebung nichts weiter veränderte und niemand
auftauchte.
Sie näherte sich Rani Mahay bis auf drei Schritte. Die Haut
des Inders wirkte wie erstarrt.
Kein Muskel im Gesicht des Kolosses von Bhutan bewegte sich.
Sie streckte ihre Hand nach ihm aus bis ihre Fingerkuppen ihn
berührten.
Ja – er war Wirklichkeit. Ihre Hand fuhr nicht durch den
Körper hindurch.
»Was haben sie mit euch gemacht? Was ist hier geschehen,
Rani? Arson?«
Nur die Blicke der beiden ruhten auf ihr, und flehentlich sahen
die dunklen, warmen Augen sie an.
Diese beiden Männer brauchten Hilfe.
»Warum bewegt ihr euch nicht? Warum steht ihr da wie die
Ölgötzen?«
Rani und Arson konnten jedes Wort verstehen.
Alles in dem glatzköpfigen, breitschultrigen Inder wehrte
sich und wurde zum Protest.
Wie konnte Carminia nur so etwas fragen? Ganz deutlich mußte
sie doch sehen, daß sie Stück für Stück zu Stein
geworden waren. Daß sie keine Menschen mehr aus Fleisch und
Blut waren, daß nur ihre Sinne noch im Gehirn
funktionsfähig waren, damit sie die Qualen erkannten…
Er fühlte eine entsetzliche, grausame Kälte in seinem
ganzen Körper. Er fröstelte. Es kam ihm so vor, als
würden ihm die Zähne aufeinanderschlagen. Doch er nahm
keine Bewegung wahr und hörte kein Geräusch.
Er mobilisierte alle seine Kräfte, seinen ganzen Willen, um
Carminia eine
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