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Macabros 072: Nh'or Thruus Unheil-Schläfer

Macabros 072: Nh'or Thruus Unheil-Schläfer

Titel: Macabros 072: Nh'or Thruus Unheil-Schläfer
Autoren: Dan Shocker
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der gläsernen
Gebäude führen.
    Das Mädchen bedeutete ihm, auf einer Ruhebank neben dem
Eingang Platz zu nehmen und verschwand im Innern der gläsernen,
saphirfarbenen Halbkugel. Nach kurzer Zeit kam sie mit einem
dünnen Kristalltablett zurück.
    Auf dem Tablett lagen verschiedene geschälte Früchte und
eine Schale mit kirschrotem Saft, der etwas bitter schmeckte, aber
vorzüglich den Durst löschte.
    Schweigend sah Meryna zu, wie Mirakel hungrig aß und sich am
Ende der Mahlzeit die Finger an einigen Blättern
säuberte.
    »Ich sagte«, begann der Dykte sorgfältig,
»daß ich von der Küste komme. Ich wurde dort von
einem heftigen Unwetter überrascht. Vom Meer rollte eine
Springflut heran, der ich nur knapp entkommen konnte…«
    Die Djan sah ihn erwartungsvoll an.
    »Nach dem Abflauen des Orkans«, fuhr Mirakel fort,
»stieß ich auf einen Schiffbrüchigen, der kurz darauf
starb. Sein Name war Shenia.«
    Merynas Gesicht blieb unbewegt.
    Der Dykte runzelte enttäuscht die Stirn. Er hatte gehofft,
daß die Nennung des Namens eine Reaktion auslösen
würde. Schließlich hatte Shenia angedeutet, aus seiner
Heimat aufgebrochen zu sein, um Rettung für sein Volk zu
finden.
    »Shenia war ein Djan wie ihr!« schloß er.
»Kennst du ihn vielleicht, Meryna?«
    Das Mädchen antwortete nicht. Nach wie vor lächelte sie
ihn schweigend an.
    Mysteriös, durchzuckte es Mirakel. Warum schwieg sie? Warum
blieb sie so unbewegt?
    Sinnend betrachtete er einen geflochtenen Korb mit
ananasähnlichen, ockergelben Früchten.
    »Ernährt ihr euch nur davon?« erkundigte er sich
schließlich, um das Schweigen zu beenden.
    Das Mädchen blinzelte verwirrt. Ihr seltsam starres
Lächeln verschwand. »Ja, natürlich! Die Früchte
wachsen überall, und es ist genug von ihnen da, daß jeder
von uns seinen Hunger stillen kann. Was sollen wir denn sonst
essen?«
    »Nun, Fleisch zum Beispiel?« Der Dykte wies auf den See.
»Oder Fische! Es wimmelt ja förmlich von ihnen!«
    Meryna schnitt eine Grimasse.
    »Wir töten keine Tiere!« entgegnete sie bestimmt.
»Sie sind unsere Freunde. Wir spielen mit ihnen und pflegen sie,
wenn sie verletzt sind.
    Ich würde es niemals über mich bringen, einen meiner
Freunde zu verzehren. Könntest du das denn?«
    Mirakel lachte und schüttelte den Kopf. »Nein,
natürlich nicht, Meryna.
    Unter diesem Blickwinkel betrachtet… Vergiß meine
Frage! Sie ist nicht wichtig.«
    »Du bist ein seltsamer Mensch«, murmelte das
Mädchen und fuhr die Linien in seinem Gesicht mit den Fingern
nach. »Du bist kein Djan; das merkt man an deinen Fragen. Woher
kommst du? Und warum trägst du dieses rote Gewand? Bist du so
häßlich, daß du deinen Körper verstecken
mußt?«
    Mirakel schmunzelte. »Nun, ich hoffe nicht«, entgegnete
er amüsiert. »Aber in meiner Welt ist es Sitte, Kleidung zu
tragen. Außerdem ist es meistens zu kalt. Ohne Kleidung
würde man frieren oder sogar krank werden.«
    »Wie heißt deine Welt, Mirakel, und wo befindet sie
sich?«
    Der Dykte sah zu Boden. »Es ist die Erde. Sie liegt hier ganz
in der Nähe. Man kann sie beinahe berühren, doch wir sind
zu klein für sie. Viel zu klein.«
    Das Mädchen blickte ihm verständnislos in die Augen.
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte sie
zögernd. »Ich begreife nicht, warum wir sie nicht sehen
können, wenn sie doch so nah ist.«
    »Ich glaube, Meryna«, sagte der Dykte, »niemand
kann das so richtig verstehen.«
    Der Mann und die Djan sahen sich schweigend an, die Gesichter
flackernd vom gebrochenen Licht der Glashäuser erleuchtet.
    Zum ersten Mal in seinem Leben begriff Mirakel, was es bedeutete,
unter Menschen und doch einsam zu sein.
    Ihn und Meryna trennte mehr als die Kluft zwischen dem Makro- und
dem Mikrokosmos. Die Djan dachte anders und besaß ein
völlig anderes Weltbild als er.
    Vom See drang das fröhliche Lachen der Mädchen, die das
Leben genossen und weder Sorge noch Arbeit zu kennen schienen.
    Sie waren Geschöpfe eines Paradieses, vom Schicksal mit allem
ausgestattet, was es an Glück zu bieten hatte.
    Mirakel fror plötzlich.
    Nur Shenias düstere Worte störten die Harmonie. Obwohl
sie angesichts des unberührten Friedens immer
unverständlicher erschienen, besaßen sie vielleicht doch
einen realen Hintergrund.
    Irgend etwas schien zu fehlen…
    Aber was irritierte ihn?
    Die Djan bemerkte, daß ihn ein Problem beschäftigte.
»Was bedrückt dich, Mirakel?« fragte sie sanft.
»Deine Augen sind’ plötzlich unruhig. Vermißt
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