Macabros 102: Die Finsterlinge von Krosh
vorgestellt. Es sah alles so nah’ aus…«
»Hast du von deiner luftigen Warte aus nichts entdeckt, was
auf die Nähe der Entführten und der Armee des Todes, die
uns gezeigt wurde, schließen läßt?« fragte
Macabros.
»Nein. Keine Spur…«
»Es ist noch sehr weit«, warf der hellhäutige
Priester ein. »Zwischen dem, was man sieht – und dem, was
man greifen kann, liegen große Entfernungen.«
»In deinem eigenen Interesse hoffe ich, daß das Ganze
nicht wieder nur eine Vorspiegelung falscher Tatsachen ist«,
murrte Bolonophom. »Erst schickst du uns eine Eliva, die
schönste Frau aus Varone, und sie ist in Wirklichkeit nur eine
Fata Morgana, und dann läßt du uns Opfer und Getötete
sehen, die in einem langen Zug durch eine unwirtliche Landschaft
wandern… unwirtlich, das ist in der Tat das richtige Wort«,
nickte er aufgebracht und sah sich suchend um. »Hier gibt’s
keine Frauen, nichts zu essen und zu trinken. Ich hab’ ’nen
Bärenhunger, und außerdem…«
Macabros schüttelte den Kopf, und sein neuer Freund schwieg
sofort, als er diese Geste sah. »Unterbreite keine
Vorschläge, Bolonophom. Sonst läßt er uns ein paar
Sachen sehen, die uns nur verwirren.«
Macabros drückte es scherzhaft aus, doch der Inhalt seiner
Worte spiegelte den Ernst wider.
Sie wußten in der Tat sehr wenig über den Priester
Kophas.
Das Wichtigste an seiner Person hatte er zu einem Zeitpunkt, als
er glaubte, Bolonophom und Macabros überlistet zu haben, selbst
in Triumph preisgegeben.
Er nannte sich der >Oberste der Siegelbewahrers er war ein
›Wiederbringer‹, der alles daransetzte, den Schlafenden in
den erstarrten Fluten zu rufen und zu erwecken. Der Geheimnisvolle
ohne Namen sollte nach Kophas’ Vorstellungen die Herrschaft
über Xantilon antreten. Die Wünsche des Schlafenden wurden
erfüllt, um die geistige Kraft in der Tiefe des Flusses
abzusaugen, um die Priester selbst mit dieser Kraft zu versehen.
Kophas aber wußte noch mehr. Und nach dem langen Marsch
sprach Macabros ihn darauf an.
Mehr noch als Bolonophom brannte ihm die Zeit auf den Nägeln.
Macabros wußte nicht, wieviel ihm zur Verfügung stand.
Solange er existierte, solange die geistige Kraft aus dem im
Schreckenszentrum Rha-Ta-N’mys gefangenen Originalkörper
ihn mit Leben versah, war die Chance gegeben, daß er seinen
Auftrag erfüllte. Durch ein ausführliches
Kontaktgespräch mit seinem Geistfreund Al Nafuur wußte er
in allen Einzelheiten über seine Situation Bescheid.
Er bewegte sich im Xantilon der fernsten Vergangenheit.
Bewußt erlebte er die graue Vorzeit der Insel mit, als
rätselhafte Dinge vorgingen, die in keinem Geschichtsbuch zu
finden waren.
Es war die Zeit, in der die Legende vom ›Toten Gott‹
aufkam…
Bolonophom hatte ihn, Macabros, als ›Gott‹ bezeichnet,
weil er unverletzbar schien. Ein Körper aus ätherischer
Substanz ließ sich nicht mit einem Schwert, nicht durch Feuer
und Gift auslöschen…
Und doch war er vernichtbar.
In dem Augenblick, da er in seiner Persönlichkeit als
Björn Hellmark starb, würde es auch keinen Zweitkörper
mehr geben, der von ihm über Räume und Zeiten hinweg
getrennt und doch eng verbunden war…
Al Nafuur hatte gewarnt, leichtfertig und oberflächlich zu
sein. Macabros mußte die Dinge provozieren, sich ins rechte
Licht setzen, um die Legende zu gründen. Dazu gehörten
mutige, außergewöhnliche Taten und Abenteuer - und vor
allem das Auffinden des rätselhaften Dinges, das Al Nafuur mit
den Namen »Singendes Fahsaals« bezeichnet hatte.
Was es war, wo es sich befand – das wußte niemand.
Nicht mal Kophas war darüber informiert, obwohl auch er ein
großes Interesse daran hatte, es zu erbeuten. Doch aus einem
anderen Grund als Macabros.
Der wollte das »Fahsaals« in das
Ewigkeits-Gefängnis Molochos’ bringen, wo Carminia und
Björn gefangen waren. Das »Singende Fahsaals« war
angeblich in der Lage, die Atmosphäre des Bösen
vollständig zu eliminieren.
Kophas dagegen wollte dieses geheimnisvolle Etwas vernichten. Aus
einem verständlichen Grund. Er beabsichtigte den Aufbau einer
Herrschaft über alle Völker und Rassen, die 8734 Jahre vor
der eigentlichen Zeitrechnung Xantilons existierten.
Kophas blickte auf den großen blonden Mann, der ihn
unablässig mit dem eigenen, ihm entwendeten Schwert
bedrohte.
Macabros hatte schnell herausgefunden, daß dieses Schwert
offensichtlich Kophas’ Eigeninitiative beträchtlich
einschränkte.
»Du bist ein Fremder, ich
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