Macabros 123: Die Spuk-Ruine von Maronn
euch.«
»Erzähl’ das einer Amme – aber nicht
uns«, maulte der Blonde mit dem Lippenbart.
»Ich bin es, der euch auf der Spur ist«, sagte Doc
Shadow. »Die anderen haben nichts damit zu tun.«
»Aber auch über die anderen wollen wir etwas
wissen«, bemerkte der Ältere. »Die Men in Black haben
uns einen Gefallen getan, nun sind wir an der Reihe. Eine Hand
wäscht die andere, so ist das nun mal auf dieser Welt. Man
erwartet von uns ein paar Informationen – und die werden wir
weitergeben. Und dann kommt das spezielle
›Omega-Thema‹.«
Shadow schalt sich im stillen einen Narren. In seinem Geist war
nach seinem Tod die Erinnerung an damals erwacht. Sehr viel hatte er
im Verlauf seines ersten Lebens über die Menschen mit den
»Omega-Seelen« zusammengetragen. Das Mosaik war fast
vollständig. Nun fehlte ihm nur noch ein entscheidendes
Teilstück. Dies hatte er sich im Körper von Hellmark
beschaffen wollen.
Wer wußte, woher die fremden, menschenfeindlichen Seelen
kamen, der konnte das Übel an der Wurzel packen. Und diese
Gefahr hatten eindeutig die »Omegas« erkannt.
Sie, die falschen »Menschen« der letzten Tage, wollten
nicht, daß quasi im letzten Augenblick ihre Felle
davonschwammen.
Zeit gewinnen!
Dies war zunächst das Gebot der Stunde.
Er hatte Freunde im Hintergrund, Menschen, denen das Wohl dieses
nur ihm »geliehenen« Körpers sehr am Herzen lag. Sie
würden alles daransetzen, ihn zu finden. Wenn es Spuren gab, die
auf seinen jetzigen Aufenthaltsort hinwiesen, dann würden sie
ihn auch finden. Aber er mußte ihnen Zeit lassen.
Er wußte nicht, wieviel Zeit seit seiner Ankunft in diesem
Kellerraum schon vergangen war.
Er gab ausweichende Antworten. Die bewirkten, daß seine
Gegner nachfassen mußten. Damit erreichte er den
gewünschten Effekt.
Aber die Zeit, die ihm dabei zur Verfügung stand, war
trotzdem zu kurz.
Das seltsame Verhör wurde plötzlich abgebrochen.
Beide Männer wirkten plötzlich verändert und
lauschten in sich hinein, als hätten sie plötzlich einen
geheimnisvollen Befehl aus dem Unsichtbaren erhalten.
»Okay, nehmen wir ihn also mit«, reagierte gleich darauf
der Mann mit dem schmalen Lippenbart, und er schien etwas
fortzusetzen, was eben auf geheimnisvolle Weise entschieden worden
war, ohne daß Doc Shadow akustisch davon etwas mitbekommen
hätte.
Der Blonde faßte ihn scharf ins Auge.
»Es war immer dein Wunsch, Maronn kennenzulernen, wie du
selbst eingestanden hast«, fuhr er zu sprechen fort. »Nun
hast du die Gelegenheit, Shadow. Wir wurden soeben aufgefordert,
unseren Fang vorzustellen. Offenbar bist du gewichtiger, als man dich
zunächst eingeschätzt hat. Wir stellen unseren
persönlichen Wunsch, dir einen Denkzettel zu versetzen,
hintenan, weil es im Interesse des Ganzen ist. Und das ist wichtiger.
Aber mach dir keine Hoffnungen, Shadow. Wer mal nach Maronn kommt,
für den gibt’s keine Rückkehr mehr. So dumm darfst du
uns nicht halten. Was du in Maronn siehst und erfährst, wird ein
für allemal dein Geheimnis bleiben, das du mit ins Grab nimmst.
Unser Herrscher, der hohe Führer, der die Entscheidungen
für Maronn zu treffen hat, will dich persönlich
kennenlernen.«
Spätestens in dieser Sekunde erhielt Shadow den
endgültigen Beweis für seine These, daß zwischen den
Menschen mit den »Omega-Seelen« so etwas wie ein
Kollektiv-Bewußtsein oder eine ständige geistige
Verbindung bestand. Über welche Entfernungen hinweg diese
Verbindung aufrecht erhalten wurde, ob möglicherweise rund um
den ganzen Erdball, das allerdings erfuhr er auch jetzt noch
nicht.
Zwei, drei Minuten vergingen...
Einer seiner beiden Widersacher verließ den Lagerraum.
Shadow hörte, wie im Korridor die Schritte des Davongehenden
verhallten.
Nach fünf Minuten kehrte er zurück.
Wieder verständigten sich die beiden Männer wortlos mit
einem Blick.
»Komm', Shadow!« Der Angesprochene erhielt einen
Stoß in die Rippen, daß er nach vorn taumelte. Der
Ungepflegte mit den abgewetzten Bluejeans und dem Rollkragen-Pulli
fing ihn auf und ließ ihn wie einen Mehlsack über die
Schulter fallen. »Wir machen einen kleinen
Spaziergang.«
Shadow wurde ein schmutziges Tuch zwischen die Lippen
geschoben.
»Nur zur allgemeinen Sicherheit«, sagte der mit dem
Lippenbart, der offensichtlich eine höhere Rangordnung bei den
»Omegas« einnahm als der andere. Er hatte sich meistens zum
Sprecher gemacht. »Schreien hat keinen Sinn. Hier draußen
im Hafen gibt’s zuviele
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