Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
Fähigkeit kam, wusste niemand. Jeder nahm es einfach als gegeben hin, als ein Geschenk der Weißen Magier sozusagen, die Marlos durch ihren Schutzbann zu einem ganz besonderen Hort des Friedens gemacht hatten.
Bei seinem Erkundigungstrip hatte Mahay von der Einladung auf der Schloss des Malers erfahren und die Chance sofort beim Schopf gepackt. Der Journalist Andreas Bottlinger hatte sich zwar anfangs etwas zugeknöpft gezeigt, war aber dann doch noch einverstanden gewesen, Rani und Danielle in die Gästeliste aufzunehmen. Sofort nach dem Telefonat war Rani wieder nach Marlos zurückgekehrt.
Blobb-Blobb ließ die Noppen auf seinem Kopf hängen. »Also gut«, sagte er niedergeschlagen. »Dann werde ich eben hier den Sheriff spielen, während ihr euch in der weiten Welt herumtreibt.«
»Na endlich nimmt er Vernunft an«, sagte Danielle zu Rani.
»Aber ihr müsst mir etwas versprechen«, sagte Blobb-Blobb hastig. »Wenn ihr zurückkommt – wenn ihr ohne meine Hilfe heil zurückkommt, heißt das –, dann müsst ihr mir aus Wien unbedingt ein originales Schnitzel mit Pommes Frites mitbringen.«
»Ein ganzes Schnitzel? Für dich allein?«
Blobb-Blobb streckte die gefiederte Brust heraus. »Ihr sagtet doch selbst, dass es hier viel zu tun gibt. Da muss ich auch darauf achten, dass die verbrauchten Kalorien wieder hereinkommen …«
Rani und Danielle warfen sich einen Blick zu.
Sie verabschiedeten sich hastig von Blobb-Blobb, bevor dieser seine Wunschliste noch um einige Gerichte erweitern konnte und bereiteten sich auf die Teleportation vor.
Ein Gedanke reichte, und die Umgebung von Marlos verschwand vor ihren Augen – oder besser gesagt, sie verschwanden von Marlos.
Doch das, was vor ihnen auftauchte, der Ort, an dem sie sich wiederfanden, war alles andere als das österreichische Dorf einige Kilometer von Michael Borniers Schloss entfernt, das Rani zum Zielort auserkoren hatte.
»Rani!«, entfuhr es Danielle.
Der Koloss von Bhutan glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Augenblicklich brach ihm der Schweiß aus. An dem Ort, an dem sie sich jetzt befanden, war es fast so warm wie auf Marlos. Um sie herum herrschte Dunkelheit und Stille, wenn man von diversen Geräuschen absah, dem Plätschern von Wasser und dem Schleifen von Tierpfoten auf Sand …
Hinter ihnen befand sich eine Art See, dessen Oberfläche nur schemenhaft zu erkennen war. Umgeben war das Wasser von dichtem, grasartigem Gewächs.
Direkt vor Rani und Danielle ragte ein Gitter auf.
»Das ist ein Zoo«, erkannte Danielle de Barteauliee. »Und wir stehen in irgendeinem Gehege. Da können wir aber froh sein, dass es Nacht ist. Was hätten bloß die Besucher …«
»Still«, zischte Rani. »Das ist nicht irgendein Gehege.«
»Aber …«
Der Inder legte seiner Freundin die große Hand auf den Mund. Mit der anderen deutete er zur Seite, auf die Wasserfläche.
Eben durchstieß ein flacher Schädel die Wasseroberfläche. In grünlich-grauer Schuppenhaut blitzten kleine Augen.
Sie waren mitten in einem Krokodilgehege gelandet …
Das Reptil schwamm auf sie zu – langsam, scheinbar träge. Doch Rani Mahay ließ sich nicht täuschen. Zumal sich die Wasseroberfläche noch an anderen Stellen kräuselte und sich kurz darauf drei weitere Krokodilsköpfe näherten.
Und selbst dabei blieb es nicht. Auch über den festen Boden tappte ein Krokodil heran, scheinbar unbeholfen auf seinen kurzen, seitlichen Beinen, weil es sich nicht im Wasser, seinem eigentlichen Element, befand.
Vier Raubechsen …
Im ersten Moment überlegte Rani, sein Glück mit der hypnotischen Kraft zu versuchen, mit der er in früheren Jahren im Zirkus Löwen allein kraft seines Willens gebändigt hatte. Doch mit einem Krokodil hatte er es nie versucht – Echsen und Raubkatzen waren völlig verschieden.
»Wir springen zurück nach Marlos«, flüsterte er Danielle zu. »Den Biestern verderben wir ihre unverhoffte Nachtmahlzeit.«
Er konzentrierte sich auf die Teleportation, Danielle tat zweifellos dasselbe … doch nichts geschah. Weder seine Freundin noch der Inder selbst konnten sich auf die unsichtbare Insel versetzen.
»Das gibt’s doch nicht«, entfuhr es Rani.
»Hauen wir ab«, sagte Danielle wenig damenhaft und wies mit dem ausgestreckten Daumen hinter sich. »Gleichzeitig!«
Der Inder verstand sofort, worauf sie hinauswollte. Der mit Pfosten stabilisierte Gitterzaun hinter ihnen war nur knapp zwei Meter hoch – für die Krokodile ein unüberwindliches Hindernis, so
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