MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
Händen. »Er hat etwas Wichtiges« - sie drückte seine Hand - »zu besprechen.«
Verstehen leuchtete in den Augen des Earls auf. »Bitte kommt mit in mein Zelt.«
Lochlan ließ die Frauen vorausgehen, ehe er dem Earl nach innen folgte. Das Zelt war erstaunlich groß, wies ein reichlich großes Bett auf und einen Tisch samt Stühlen. Stryder bedeutete den Frauen, sich zu setzen, ehe er sich an Lochlan wandte.
»Seid Ihr aus Palästina?«, fragte ihn Stryder.
»Nein, aber mir wurde gesagt, Ihr kanntet meinen Bruder dort.«
Stryder zog die Brauen zusammen. »Euren Bruder?«
»Kieran MacAllister.«
Der Schmerz war nicht zu übersehen, der tief in den blauen Augen des anderen Mannes aufflammte. Rowena stand auf und stellte sich neben ihn; sie sagte kein Wort, aber streichelte ihm liebevoll den Rücken, es war offensichtlich, dass ihre Berührung ihrem Mann Kraft gab.
»Ihr müsst sein Bruder Lochlan sein. Er sagte, alle seine Brüder hätten dunkles Haar außer Euch.«
Gefühle stürmten auf ihn ein. Es stimmte also. Stryder hatte seinen Bruder gekannt, und Kieran war tatsächlich nicht an jenem Tag in dem See gestorben. Am liebsten hätte er vor Erleichterung geweint, aber er beherrschte sich. »Ja, ich bin Lochlan.«
Stryder drückte seine Frau, dann ging er von ihr weg zu einer Kiste an seinem Bett. »Kieran war ein guter Mann.«
Lochlan konnte kaum atmen, weil Furcht ihm die Lunge zusammenpresste. »War?«
Er nickte, »Palästina änderte viele von uns. Nicht notwendigerweise zum Guten. Unter uns Gefangenen gab es zwei Schotten. Sie sagten, sie seien Brüder, MacAllisters.«
Das konnte nicht sein. »Zwei?« Wie war das möglich?
»Ja. Kieran und Duncan.« Er holte eine kleine Schachtel aus der Kiste, kam wieder zu Lochlan zurück und reichte sie ihm. »Kieran hat mir das zwei Tage, bevor wir entkamen, gegeben. Er hat mich gebeten, es zu behalten, für den Fall, dass jemals einer seiner Brüder kommen und nach ihm fragen würde. Es war seine Hoffnung, dass alle zu Hause ihn weiter für tot hielten. Er wollte nicht, dass seine Familie erfährt, was ihm zugestoßen ist. Aber er befürchtete, dass einer von Euch die Wahrheit erführe und ihn suchen würde.«
Mit bebenden Händen öffnete Lochlan die Schachtel und spürte Tränen in seinen Augen brennen. Die Kreuze waren ein Geschenk ihrer Mutter, als sie ihre Volljährigkeit erreichten. Genau wie seines hatte dieses den Namen auf der Rückseite eingraviert. »Kieran.«
»Kieran sagte, Ihr würdet es wiedererkennen und wissen, dass es seines war.«
»Ja.« Er schluckte und schaute Stryder ins Gesicht. »Ist mein Bruder ...« Er konnte sich nicht überwinden, die Worte auszusprechen. Die Angst vor der Antwort schnürte ihm die Kehle zu; er ertrug die Vorstellung nicht zu erfahren, dass sein Bruder im Heiligen Land gestorben war und keiner es gewusst hatte.
»Am Leben?«, beendete Stryder die Frage. »Das weiß ich nicht. Die MacAllisters blieben zurück, um mit den Sarazenen zu kämpfen, während wir flohen ... Einer starb in jener Nacht, und der andere ...«Er zuckte bei der Erinnerung zusammen.
»Was ist mit ihm?«
»Er lebt jetzt in England. Zurückgezogen und im Verborgenen.«
»Ist es Kieran?« Lochlans Stimme brach.
»Das weiß ich ehrlich nicht. Die beiden Männer sahen sich so ähnlich, dass sie Zwillinge hätten sein können. Während der Gefangenschaft ist es oft geschehen, dass wir nicht sicher waren, welcher von beiden Duncan war und welcher Kieran.«
»Aber Ihr müsst doch wissen, ob er es ist.«
»Der Schotte ist schlimm entstellt«, erklärte Rowena leise. »Er wäre gestorben, wenn sein Bruder ihn nicht gerettet und Stryder ihn nicht nach Europa gebracht hätte. Der Kampf forderte das Leben des einen, und der andere ... Wir wissen nicht, wer er ist, und er will es nicht verraten.«
Stryder nickte. »Er hat sich an einen abgelegenen Ort zurückgezogen und ist nie wieder aufgetaucht.«
Lochlan war von der unerwarteten Wendung völlig überrascht. Er wollte gleichzeitig fluchen und lachen.
Catarina schlang ihren Arm um seinen. »Wir können zu ihm gehen und sehen, ob es Kieran ist.«
»Ja.« Er schaute wieder zu Stryder. »Wo ist er?«
»Er lebt in einer abgelegenen Burg in Sussex. Wenn Ihr ein paar Tage warten könnt, bringe ich Euch dorthin. Es ist der einzige Weg, dass er Euch in seine Nähe lässt. Der Schotte traut niemandem. Auf den letzten Mann, der versucht hat, zu ihm vorzudringen, wurden vier Pfeile
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