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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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Illusionen. Dabei wurde er von Machiavelli kräftig unterstützt: Er habe noch eine glänzende Zukunft vor sich, Florenz werde ihn bei der Rückeroberung der Romagna tatkräftig unterstützen. Cesare glaubte das alles und schmiedete großartige Pläne: Er werde sich zu Schiff nach La Spezia begeben und von dort nach Ferrara marschieren, wo seine Schwester Lucrezia mit dem Herzog Alfonso verheiratet war. Seine Truppen hingegen sollten auf dem Landweg nach Imola marschieren. Zu diesem Zweck werde der Papst ein Breve ausstellen, das ihm im Kirchenstaat und in der Toskana den Weg ebnen werde. Wahrlich ein schöner Plan, nur leider mit einem kleinen Schönheitsfehler: Florenz war nicht bereit, die Truppen des Herzogs durch sein Staatsgebiet ziehen zu lassen, und wurde in dieser Haltung von Machiavelli bestärkt. Dagegen sprachen traumatische Erinnerungen an die Ereignisse in Pistoia, Arezzo und der Valdichiana. Wie hatte es der Kardinal Rouen so schön formuliert: Jede Missetat rächt sich auf Erden. Machiavelli drückte es etwas anders aus: Die permanenten Erpressungen kehrten sich jetzt gegen den Erpresser.
    Angesichts dieser Schwierigkeiten verlor der kurz zuvor noch allmächtige Papstsohn vollends die Kontrolle über die Lage:
Dem Kardinal von Volterra schien der Herzog unstet, misstrauisch und entscheidungsunfähig. Das kann eine Folge seiner Natur sein; vielleicht haben ihn aber auch die Schläge der Fortuna betäubt.[ 57 ]
    Wie auch immer, Machiavellis Urteil stand fest: Cesare Borgia hatte die Probe aufs Exempel nicht bestanden. Der widrigen Situation nach dem Tode seines Vaters war er nicht gewachsen. Schlimmer noch: Im Unglück verhielt er sich wie im Glück und wurde dadurch zu einer kläglichen Figur.
So lacht hier jeder über den Herzog und seinen Fall. Man wird sehen, wohin ihn der Wind trägt …[ 58 ]
    Julius II. nährte weiter die verstiegenen Hoffnungen des Herzogs, während er im Zusammenspiel mit Florenz die nötigen Maßnahmen ergriff, um diesen endgültig auszuschalten. Mitte November 1503 gelang es dem Papst, Cesare Borgia zum Abzug ins Kastell von Ostia zu bewegen, das ihm als Sicherheitsplatz versprochen worden war. Doch dort fand sich der Mann, vor dem Florenz drei Jahre lang gezittert hatte, als Gefangener wieder. Mit unüberhörbarem Behagen schilderte Machiavelli, wie der Eingekerkerte nach allen Regeln der Kunst erpresst wurde. Der Papst forderte die Auslieferung der letzten Festungen, die noch zu den Borgia hielten, Cesare wollte zuvor persönliche Sicherheitsgarantien. Doch er konnte schon lange keine Forderungen mehr stellen. Am Ende musste er froh sein, nicht im Tiber ertränkt zu werden, wie es ihm seine zahllosen Feinde wünschten. Immerhin kündigte Julius II. an, die unaussprechlichen Verbrechen der Borgia unnachsichtig aufzudecken und streng zu bestrafen.
    Das Kapitel Cesare Borgia war für Machiavelli, den Diplomaten, abgeschlossen. Den politischen Denker Machiavelli sollte der Papstsohn hingegen noch lange beschäftigen. Als florentinischer Sondergesandter in Rom wandte er sich neuen Horizonten zu. Was hatte die Republik vom neuen Papst zu erwarten? Die ersten Verlautbarungen Julius’ II. klangen vielversprechend: Florenz sei eine befreundete Macht und habe von seiner Regierung viel Gutes zu erwarten. Genau das hatten die Florentiner erhofft. Julius sah sich als Testamentsvollstrecker seines Onkels Sixtus IV. Machiavelli gegenüber nannte er diesen sogar seinen Vater, was fraglos spirituelle Bindungen, aber auch die Erwähltheit der ganzen Della Rovere-Sippe ausdrücken sollte. Oder war damit gemeint, dass Sixtus Gottvater und Julius der Gottessohn war?
    Dieser Papst, so Machiavelli, hat die Größe der Kirche auf seine Fahne geschrieben; darin sieht er seinen persönlichen Ruhm. Für einen Papst war das eine schöne Parole, doch was war damit gemeint? Nach seinem Vorleben zu schließen, würde es darauf hinauslaufen, dass Julius II. nicht nur die Borgia, sondern auch die übrigen Stadtherren des Kirchenstaats vertreiben werde. Wehe denjenigen, die ihm dabei in die Quere kamen! Der neue Papst hatte ein äußerst cholerisches Temperament.
    Noch eine Entscheidung von großer Tragweite bahnte sich Ende 1503 an. Im Königreich Neapel hatte die schiedlich-friedliche Aufteilung zwischen Frankreich und Spanien nicht lange Bestand gehabt. Entgegen allen Prognosen hatten die zahlenmäßig schwächeren Spanier unter ihrem charismatischen Feldherrn Consalvo Fernandez de Cordoba bislang

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