mach's mir: gierig (German Edition)
hörte der Hochstuhl nicht mehr auf zu wackeln, bis die ersten Latten heraus brachen und unten ins ausgedörrte Gras fielen.
9.
Hock dich hin!
Am frühen Morgen, als Lothar und Annie von zu Hause aufgebrochen waren, um den Samstag im Freien inklusive Picknick zu verbringen, hatte die Sonne volle Breitseite geschienen, als wollte sie die ganze Welt mit ihrem Licht und ihrer Wärme umarmen. Mit offenem Verdeck schossen die beiden in ihrem roten Smart-Cabriolet über die Landstraße. Hinten im Kofferraum stand der prall gefüllte Picknick-Korb, mit den zwei Piccolo-Sektflaschen, belegten Broten, Rhabarberkuchen, Kartoffelsalat und Würstchen. Dazu hörten sie laut die alte Cafédel-Mar-CD, die sie an ihren ersten Ibiza-Urlaub 1999 erinnerte, und lachten, als Lothar wieder einfiel, wie im Ferienhaus so eine Art Feuersalamander vom Türrahmen auf Annies Schulter gehopst war: „Wow! Wie du geschrien hast! Hammer!“ Und auch jetzt waren sie in absoluter Ferienstimmung! Das Wochenende lag vor ihnen. Null Termine! Die Telefone hatten sie zu Hause gelassen. Kein Stress. Keine Mama-Anrufe. Nur sie beide.
Lothar und Annie waren schon seit Ewigkeiten zusammen, um genau zu sein: seit der zehnten Klasse! Weder Annie noch Lothar hatten je Sex mit anderen gehabt. Original! Und genau da lag das Problem, wenn man es so nennen wollte. Annie strich sich ihre strohblonden Haare, die fröhlich im Fahrtwind flatterten, hinter das Ohr und blinzelte hinüber zu Lothar, der mit seiner Ray-Ban-Fliegerbrille zum Anbeißen aussah. Er war ein echtes Goldstück. Wenn er beim Fitness an den Maschinen schwitzte und vor Anstrengung stöhnte, wenn seine superdefinierten Muskeln hervortraten, kriegten sich die anderen Frauen in ihren engen, bauchfreien Trainingsklamotten gar nicht mehr ein. In der Sauna begutachteten sie Lothar total hemmungslos; aber Annie war diejenige, die stolz mit ihm nach Hause und ins Bett ging. Doch leider ohne miteinander zu schlafen. Das letzte Mal war schon über ein Jahr her! Das war komplett frustrierend! Sie standen in der Blüte ihres Lebens. Das konnte es doch noch nicht gewesen sein!
Lothar war auch ratlos, was das Thema anbelangte. Ihm war ja klar, dass Annie eine echte Sahneschnitte war. Wenn sie auf dem Stepper alles gab, Mann! Wie die anderen Typen da auf ihren festen Apfelhintern starrten und sich kaum noch unter Kontrolle hatten. Die spekulierten doch alle darauf, ihr Ding mal in sie reinzuschieben! Und ihre perfekten Brüste! Annies Körper war ein einziger Traum, und es war eine Schande, dass sie nicht nach Strich und Faden rangenommen wurde.
Lothar grinste. Annie hielt sich die Hand als Schirm über die Augen: „Was? Was grinst du so?“
Ihr Schatz drehte die Musik leiser: „Ich hab nur gerade gedacht, dass du einen Wahnsinns-Körper hast, der es echt verdient hat, dass er mal wieder ordentlich, na, du weißt schon!“
„Durchgenommen wird?“ Annie seufzte. Oh, wie Recht Lothar hatte! Inzwischen träumte sie ja sogar schon im Büro davon, dass der nette Postbote ihr in der Toilette den Rock hochhob und sie leckte. Das konnte man ja keinem erzählen, wie scharf sie inzwischen war. Doch nie im Leben, das war ganz klar, würde sie sich jemand anderem hingeben. Untreue war total daneben! Gestern Abend – zum Beispiel – hatten sie in den News gelesen, dass es inzwischen eine Agentur gab, die Seitensprünge vermittelte. Boa! Darüber hätten sich Lothar und Annie echt in Rage diskutieren können! Was waren das denn bitte für schräge Vögel! Moralisch waren die ja komplett daneben. Schon mal was von der großen Liebe gehört?! Lothar war so richtig die Hutschnur hochgegangen bei dem Gedanken, dass Annie bei der Agentur anrief und sagte: „Guten Tag, können sie mir helfen, einen Mann zu finden, der es mir besorgt!“ „Albtraum!“, hatte Lothar gesagt. „Albtraum und Abgrund!“ Und auch Annie fand die Vorstellung, dass Leute so etwas als Dienstleistung anboten oder annahmen total verwerflich: „Ich meine, damit entheiligst du ja komplett deine Beziehung! Danach kannst du einpacken. Wie willst du dem anderen je wieder in die Augen gucken? Außerdem: Wenn du den anderen verarscht, gehst du als nächstes selbst davon aus, dass er dich verarscht!“
In der Nacht hatten beide schlecht geschlafen. Heute Morgen, als der Wecker um sieben Uhr geklingelt hatte, war Lothar von hinten eng an Annie geschmust: „So einen Mist machst du aber nicht!“ Sie hatte sofort verstanden,
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