Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
Cherokee würde frühestens innerhalb einer Woche repariert sein, was für sie bedeutete, dass sie so lange einen Mietwagen nehmen würde.
Sie hatte fast die Tür des Verkaufsbüros erreicht, als sie sah, wie ein schwarzer BMW auf den Parkplatz fuhr. Sie sah genauer hin und erkannte, dass Erica Dassante hinter dem Lenkrad saß.
„Rachel!“ Erica hupte zwei Mal und winkte ihr durch das offene Seitenfenster zu.
Rachel hatte nicht erwartet, so kurz nach ihrem Besuch bei den Dassantes jemanden aus der Familie wieder zu sehen. Sie ging hinüber zu Erica und fragte sich, warum die Frau hergekommen sein mochte.
„Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich ohne Voranmeldung hier reinplatze“, sagte Erica, während sie ausstieg. „Das war ein spontaner Einfall ...“ Sie seufzte. „Nein, das war es eigentlich nicht. Die Wahrheit ist, dass ich hier bin, weil Sal mich geschickt hat“, gab sie mit einem schuldbewussten Gesichtsausdruck zu.
„Aha“, entgegnete Rachel und lächelte, während sie sich über ihre Ehrlichkeit freute. „Setz dich doch“, sagte sie und deutete auf den Picknicktisch, an dem sie gestern mit Gregory gesessen hatte. „Ich muss schnell etwas nachprüfen, aber das dauert nur ein paar Minuten.“
„Oh, ich habe wohl einen ungünstigen Augenblick erwischt.“
„Nein, überhaupt nicht“, sagte Rachel, obwohl das nicht stimmte. Kurz nach der Weinlese ging es keine Spur ruhiger zu als unmittelbar davor, aber sie brachte es nicht übers Herz, Erica das zu sagen. „Wie wärs mit etwas zu trinken? Ist Ginger Ale in Ordnung? Ich fürchte, dass der Getränkeautomat heute nichts anderes zu bieten hat.“
„Ja, das ist okay, Rachel. Danke.“
Rachel benötigte länger als erwartet, um den Verbleib der zwölf Kisten Spaulding Merlot ausfindig zu machen und die Lieferung umzuleiten. Nachdem das erledigt war, holte sie eine Hand voll Münzen aus ihrer Hosentasche, fütterte den Getränkeautomaten und ging mit zwei Dosen Ginger Ale zum Picknicktisch zurück.
„Es ist sehr schön hier oben“, sagte Erica und nahm die Dose, die Rachel ihr gab. „So friedlich.“ Ihr Blick wanderte über das Tal, das sich vor ihnen erstreckte. „Ich war sogar versucht, mit der Seilbahn zu fahren, aber in letzter Minute habe ich dann Angst bekommen und bin über die Straße hergekommen.“ Sie grinste Rachel verlegen an. „Ich habe Höhenangst.“
„Oh, da gibt es nichts, wovor man Angst haben müsste“, erwiderte Rachel. „Die Fahrt dauert nur drei Minuten, und man kann so wunderschön die Weinberge sehen. Beim nächsten Mal rufst du mich vorher an, dann treffen wir uns unten und fahren gemeinsam rauf. Einverstanden?“
Erica wirkte nicht sehr überzeugt. „Mal sehen. Ich kann nichts versprechen.“
Während sie sie ansah, fühlte sich Rachel auf eine unerklärliche Weise mit dieser Frau verbunden, zwar nicht so stark wie mit Alyssa nach ihrem Traum, aber doch stark genug, dass sie ihr das Gefühl geben konnte, willkommen zu sein.
„Und“, begann Rachel mit neckischem Tonfall, „auf welche Geheimmission hat Sal dich geschickt?“
Erica legte eine Hand an ihre Wange. „Ich kann es nicht glauben, dass ich das verraten habe. Er würde mich umbringen, wenn er es wüsste.“
„Dann bleibt es unser Geheimnis.“
Erica wurde mit einem Mal ernst. „Er befürchtet, dass du ihn nicht magst.“
„Ich kenne ihn nicht gut genug, um ihn zu mögen. Und auch nicht, um ihn nicht zu mögen.“
„Das habe ich ihm auch gesagt, aber Sal ist ein Mann, der sofortige Dankbarkeit erwartet.“ Sie öffnete ihre Dose Ginger Ale und nahm einen großen Schluck. „Er ist nicht so schlecht, musst du wissen. Versteh das nicht falsch, er hat seine Fehler. Er ist aufbrausend, schwierig und manchmal auch egoistisch. Aber er kann auch liebevoll und witzig sein. Und seine Familie ist sein Ein und Alles, das wirst du auch noch feststellen.“
Ihre Stimme wurde sanfter, und Rachel erkannte, dass Erica auf den Mann wirklich stolz war. „Wusstest du, dass seine Eltern ihn mit neun Jahren aus der Schule genommen haben, weil er seine zehn Geschwister mit ernähren musste?“ fragte sie. „Oder dass er sich mit fünfzehn Jahren auf einem Schiff als blinder Passagier versteckt hatte, das nach New York fuhr? Oder dass seine Frau starb, als die Jungs noch klein waren?“
Rachel fühlte sich mit einem Mal schuldig, weil sie Sal nichts gefragt hatte, was ihn oder seine Familie betraf. „Nein, das wusste ich nicht.“
„Das
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