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macht weiter

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Titel: macht weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Dienstag feierte der König seinen vierzigsten Geburtstag und das zehnte Jahr seiner Regierungstätigkeit... Eine Parade und ein Bankett im Palast waren vorgesehen. In der langen Liste der Festgäste tauchte auch der Name des amerikanischen Vizepräsidenten auf... Jarroud, ein beim Volk ungemein beliebter Monarch (nicht so aber bei seinen politischen Gegnern, die hauptsächlich der Oberschicht angehörten und seinen Reformen mißtrauten)... Jarroud hatte bereits viel zur Überbrückung der enormen Kluft zwischen arm und reich beigetragen... das Land bestand zu 60 Prozent aus Wüste.
»Mmmm«, murmelte sie, verschob die Einzelheiten auf später und ging zum Telefon, um Kaffee zu bestellen. Dieses Luxusleben - sie konnte sich nur schlecht vorstellen, daß sie schon in Kürze wieder ihr Geschirr würde selbst spülen müssen.
    Eine Viertelstunde später ging sie in den Garten, zog sich eine Liege in die Sonne und machte sich's bequem.
    Eine Krankenschwester kam und half dem General in einen Stuhl. Auch die Palisburys machten bereits unter einer Pappel Siesta. Der Mann im Rollstuhl, Ibrahim Sabry, saß unter einem rosa Sonnenschirm und las eine dicke Zeitung. Alles war wie sonst, nur Marcel fehlte. Auch Fraser war vermutlich aus dieser beschaulichen Idylle gerissen worden, und niemand hatte ihn vermißt, genau wie auch jetzt kaum jemand Marcels Fehlen beunruhigen würde. Und einer dieser Leute war ein Mörder. Einer kannte die Wahrheit.
    Ihre Gedanken wanderten zum gestrigen Tag zurück. Sie hatte Marcel gefragt, ob er ein guter Komödiant sei. Er hatte seinen Bestellblock zur Hand genommen, während sie ihm von ihren Bedenken wegen Madame Parviz erzählte. Er hatte nicht viel davon gehalten, trotzdem aber versprochen, der Sache nachzugehen. Und er hatte auch versprochen, ihr um Mitternacht Bescheid zu geben.
    Gestern um diese Zeit war er noch nicht in Gefahr gewesen. Davon war sie überzeugt. Die Frage war nur, was hatte Marcel zwischen halb drei Uhr nachmittags und seiner Ermordung um Mitternacht getan? Was immer auch Marcel entdeckt haben mochte, sie mußte es unbedingt herausbekommen.
    »Tut mir furchtbar leid, Ihren Gedankenstrom zu unterbrechen«, ließ Robin sich vernehmen. »Aber ich suche Court und kann sie nirgends finden. Ist sie hier vorbeigekommen?«
    »Mein Gedankenstrom ist im Augenblick ziemlich flau«, sagte sie. »Nein, ich habe sie nicht gesehen. Möchten Sie auch eine Tasse Kaffee?«
    »Gern, wenn Sie eine übrig haben.« Er holte einen Stuhl und setzte sich. »Eigentlich sollte heute doch das Haus unter latenter Hochspannung knistern. Es müßte ein paar verweinte Augen geben, zumindest Polizisten, nicht wahr? Statt dessen verläuft der Tag wie jeder andere.«
    »Mir ist das auch aufgefallen«, sagte sie. »Schleierhaft!«
    »Ohne Zweifel. Natürlich macht man reichen Leuten gegenüber immer Ausnahmen. Sie müssen vor allem geschont werden. Dafür zahlen sie ja schließlich, und gar nicht wenig. Das Äußerste, was ihnen zugemutet werden darf, ist ein Abführmittel.« Er grinste.
    »Sie sind ein entsetzlicher Spötter, und Sie heitern mich keineswegs auf«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Wenn es Ihnen lieber ist, werde ich... hoppla!« sagte er plötzlich und steckte den Kopf unter den Tisch.
Mrs. Pollifax drehte sich um, weil sie sehen wollte, was ihn abgelenkt hatte. Über den Rasen kam einer der bestaussehenden Männer, die ihr je begegnet waren. Ibrahim Sabry blickte von seiner Zeitung auf und lächelte - ja, der Fremde ging auf Sabry zu, aber auch alle übrigen Gäste waren aufmerksam geworden. Der Mann trug einen einfachen dunklen Anzug, aber das machte seine märchenhafte Erscheinung auch nicht alltäglicher. Er sah aus wie das perfekte Idol: groß, schlank, aristokratisch, braungebrannt, klassisches Profil, feurige Augen unter starken Brauen und ein Gebiß, das sein Lächeln unwiderstehlich machte. »Wer ist denn das? « fragte Mrs. Pollifax hingerissen.
    Robin setzte sich wieder auf einen Stuhl und machte ein verlegenes Gesicht. Er hatte sich jetzt aber so gesetzt, daß er dem Ankömmling den Rücken zeigte. Mrs. Pollifax drehte sich ein wenig, damit sie sehen konnte, wie der Fremde Sabry die Hand schüttelte. »Pure Reflexbewegung, entschuldigen Sie«, sagte Robin. »Ich vergesse immer, daß Leute, die ich um ein paar hübsche Steinchen erleichtert habe, natürlich nicht ahnen, daß ich der Schuldige bin. Das ist Yazdan Kashan. Klar, ich habe vergessen, daß heute Sonntag ist.

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