macht weiter
Besuchstag.«
»Diesen Mann haben Sie bestohlen?« sagte Mrs. Pollifax ungläubig. »Der läßt sich bestimmt nicht so leicht etwas abnehmen. Darf ich wissen, wer das ist?«
»Fallen Sie nicht gleich in Ohnmacht, meine liebe Mrs. Polly, aber er ist ein waschechter Scheich.«
»Und so etwas gibt es also noch? Aber bestimmt nicht mehr in der Wüste.«
Robin schmunzelte. »Nicht, wenn sie zu einer der reichsten Familien der Welt gehören, obwohl ich glaube, daß er noch immer einen Großteil des Jahres bei seinem Stamm verbringt. Allerdings nicht im Zelt. Das hat Kashan zumindest seit einer Generation hinter sich. Es war sein Vater, der entdeckte, daß er sein Lager über einem der fündigsten Ölfelder des Nahen Ostens aufgeschlagen hatte. Und Yazdan ist bereits ganz manierlich erzogen. Zuerst hat er in Oxford studiert. Dann ist er zum Playboy geworden und hat seine Juwelen entsprechend achtlos behandelt. Jedenfalls ist er im Jahre 65, als er mir in Paris über den Weg lief, verdammt leichtsinnig damit umgegangen.«
»Und jetzt?«
»Jetzt ist er an die Vierzig, ist angeblich sehr fromm geworden, hütet seinen Schmuck und liest den Koran.«
»Im Augenblick aber nicht«, sagte Mrs. Pollifax. »Er ist nach Montbrison gekommen, um Mr. Sabry zu besuchen. Aus welchem Land stammt Mister Kashan eigentlich?«
Robin verdrehte die Augen und seufzte. »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Für mich ist eine Wüste so gut wie die andere. Eigentlich sollte ich eine gewisse Schwäche für den Burschen haben. Er war mein erster wirklich großer Fang, und es lief wie geschmiert. Hat mir mächtigen Auftrieb gegeben.« Dann fügte er selbstgerecht hinzu: »Hoffentlich glauben Sie nicht, daß es mir so leichtgefallen ist, kriminell zu werden.«
»Wo denken Sie hin«, antwortete sie. »Aber es muß doch einen Weg geben, wieder einen anständigen Menschen aus Ihnen zu machen.«
Hafez kam, langsam über den Rasen schlendernd, auf sie zu. Bei ihnen angelangt, schlang er einen Arm um Mrs. Pollifax' Stuhl und hielt ihn fest. »Heute mittag gibt es Wiener Schnitzel«, berichtete er. Dabei ruhte sein Blick auf den beiden Männern unter dem rosa Sonnenschirm.
»Kennst du Mr. Sabry, den Mann im Rollstuhl, Hafez?« fragte sie und beobachtete sein Gesicht.
»Ja, Madame, er wohnt mir gegenüber.«
»Aber hast du ihn schon gekannt, bevor du ins Sanatorium gekommen bist?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Madame.«
Sie zögerte, dann fuhr sie fort: »Und Mister Kashan, den Mann, der ihn besucht, kennst du den auch?«
In den Augen des Jungen blitzte etwas auf, doch dann blickte er zu Boden. »Ich kenne ihn«, sagte er tonlos.
»Kommt er auch aus Zabya?«
»Ja, Madame.« Er wich ihrem Blick aus. »Ich ge he jetzt lieber essen«, sagte er. »Bonjour.«
Robin sah ihm nach. »Das war aber ein merkwürdiger Dialog. Als wollten Sie Großinquisitor spielen.«
»Und Hafez einen Roboter«, erwiderte sie. »Was, wenn mich nicht alles täuscht, den Schluß zuläßt, daß wir schon ein ziemlich aufschlußreiches Gespräch geführt haben.«
12
Der Scheich saß beim Mittagessen an Ibrahim Sabrys Tisch. Die beiden steckten dauernd die Köpfe zusammen und unterhielten sich sehr angeregt. Mitunter bekräftigten sie ihre Worte durch lebhafte Gebärden, aber Mrs. Pollifax konnte nicht hören, was sie sagten.
Nach dem Essen bezog Mrs. Pollifax wieder ihren Beobachtungsposten im Garten. Kurz darauf erschien Court. »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, rief sie und kam sehr rasch auf sie zu. »Ich muß mit Ihnen sprechen. Hätten Sie etwas dagegen?«
Mrs. Pollifax hatte Scheich Kashan beobachtet, wie er Sabry ins Gartenhaus schob. Er hatte Schwierigkeiten, mit dem Rollstuhl durch die schmale Tür zu kommen. Jetzt aber war Sabry drin, und der Scheich hatte sich neben ihn an den runden Tisch gesetzt. Er zog mehrere Schriftstücke aus einer Aktentasche.
Jetzt wandte sie ihre Aufmerksamkeit Court zu, die sich mittlerweile zu ihr gesetzt hatte. »Ich bin ganz Ohr«, sagte sie lächelnd.
Court schien dem Weinen nahe. »Ich bin heute früh aus dem Dorf zurückgekommen«, begann sie mit trauriger Stimme, »und habe meinen Koffer gepackt, aber nach dem Essen bin ich dann aufs Zimmer gegangen und habe wieder ausgepackt.«
»Ich persönlich packe höchst ungern«, sagte Mrs. Pollifax sanft, »aber sicher ist auch Kofferpacken eine Form von Gymnastik.«
Court mußte lachen. »Natürlich müssen Sie mich für verrückt halten.« Sie
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