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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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den letzten Worten hatte er auf dem Treppenabsatz kehrt gemacht und zog Victoria nun wieder die breite Treppe hinunter. Er führte sie zur Garage, setzte sie in seinen smaragdgrünen Aston Martin und ließ den Motor an.
    Mit jedem Kilometer, den sie sich vom Haus Brookstedt entfernten, ging es Victoria ein Stückchen besser. Sie sah aus dem Fenster und fragte irgendwann: „Wohin fahren wir eigentlich?“
    Er lächelte sie an. „Vor allem erst mal weg… Aber was hältst du vom Strand? Ich kenne da ein Fleckchen, wo nicht so viel los ist…“ Er schickte ihr Erinnerungen an warmen Sand, einen wunderbaren Blick aufs Wasser und Wellen, die rauschend einen flachen Strand hinauf rollten.
    Sie nickte dankbar. „Hört sich gut an.“ Dann lehnte sie sich zurück, schloss für den Rest der Fahrt die Augen und ließ ihre Gedanken treiben – in einem möglichst weiten Bogen um alles, was mit Hochzeiten zu tun hatte.
    Als Jaromir den Motor ausmachte, schlug sie die Augen wieder auf. Er hatte den Wagen am Rande eines kleinen Feldweges geparkt und sah sie beunruhigt von der Seite an.
    Victoria hatte das Gefühl, einen Stein verschluckt zu haben, so schwer und eisig war das Gefühl in ihrem Magen. Trotzdem versuchte sie es mit einem schiefen Lächeln.
    Er lächelte zurück und sagte behutsam: „Na komm, Kleines, gehen wir an den Strand.“
    Er stieg aus dem Wagen, öffnete galant ihre Tür und half ihr beim Aussteigen. Hand in Hand liefen sie einen kleinen Trampelpfad entlang, der durch dichtes Gestrüpp führte. Irgendwann hörten die Büsche ganz plötzlich auf und gaben den Blick auf die atemberaubende Weite der Ostsee frei. Vor ihnen führte eine schmale, hölzerne Stiege die Steilküste hinunter zu einem kleinen Stückchen Sandstrand. Victoria roch die salzige Meeresluft, hörte das Kreischen der Möwen und sah die kabbelige See. Sie atmete tief durch und fühlte sich etwas besser.
    Nachdem sie unten angekommen waren, zogen die beiden ihre Schuhe aus und liefen barfuß durch den warmen Sand. Es war Hochsommer und herrliches Wetter. Eine leichte Brise sorgte dafür, dass man es hier gut aushalten konnte. Jaromir und Victoria ließen sich nach ein paar Minuten in der Nähe des Ufers nieder.
    Jaromir war verwirrt, denn obwohl er durch ihre Verbindung in ihre Gedanken blicken konnte, wusste er nicht, wie sie grundsätzlich zum Heiraten stand.
    Er ließ ihr noch einen Moment zum Ankommen, dann sagte er leise: „Ich kann fühlen, wie schockiert du bist – regelrecht verkrampft … Kam Heiraten in deiner Lebensplanung nicht vor?“
    Sie blickte ihn an und schüttelte den Kopf. „Jedenfalls nicht jetzt… Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht – ich meine: Ich bin 21! Ich dachte, dieses Thema würde frühestens in zehn Jahren auf mich zukommen. Und dann dieses Fest…“ Sie sah ihn gequält an. „Die Goldenen wollen offensichtlich eine Riesenhochzeit. Das passt nicht zu mir. Das bin nicht ich, Jaro… Ich hasse es, im Mittelpunkt zu stehen und mehr Mittelpunkt geht ja wohl kaum.“
    Er nickte, zog sie schützend an sich und sie sprach weiter: „Aber das Schlimmste ist, dass ich das jetzt allen erzählen muss. Die halten mich doch für bekloppt! Ich habe Mama erst letzten Sonntag versichert, dass wir nicht vorhaben zu heiraten. Wie soll ich ihr das denn jetzt sagen? Wie, Jaromir?“
    Er fühlte ihre Angst vor einem neuen Konflikt mit Giesela und wusste keine Antwort darauf.
    Ihre Gedanken kreisten schon wieder. „Wie werden meine Freunde darauf reagieren? Die werden das für völlig überzogen halten. Und sie haben recht damit! … Und an der Uni – die denken doch sicher, dass ich Jaromir heirate, weil ich Vorteile für mein Studium will. Wenn die von dieser ellenlangen Gästeliste erfahren, glauben die doch alle, dass ich mich wichtigmachen will… Und verheimlichen werden wir die Hochzeit wohl kaum können; wir brauchen diese bescheuerten dreihundert Gäste…“
    Dann fiel Victoria etwas ein. Sie rückte ein Stück von ihm ab, um ihm ins Gesicht sehen zu können und fragte misstrauisch: „Sag mal, was verstehen die Goldenen eigentlich unter einer «standesgemäßen» Hochzeit?“
    Jaromir atmete tief ein, sah seine Gefährtin mitfühlend an. „Kannst du dir vorstellen, wie Madeleine, die Schwester deiner Namensvetterin Victoria von Schweden, heiraten würde?“
    Sie nickte fassungslos und er fuhr fort: „Vielleicht dürfen wir das eine Nummer kleiner machen und mit weniger Öffentlichkeit, aber allein schon

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