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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Situation ein wenig außer Kontrolle zu
geraten.
    Bittersohn verstand die Anspielung und
lockerte seinen Griff, wenn auch nur ein ganz klein wenig. »Ich muß mir wohl
mal die Ohren reinigen lassen. Wenn das wirklich stimmt, könnte Lydia ganz
einfach rein zufällig herausgefunden haben, welche Bilder es sich zu stehlen
lohnte oder wann die Wächter dienstfrei hatten, und sie hätte sich auch andere
nützliche Informationen verschaffen können, während er sich, sagen wir einmal,
auf andere Dinge konzentrierte. Sie hätte beispielsweise seine Schlüssel
stehlen können, als er gerade seine Hose nicht trug, um mit einem Stück Seife
einen Abdruck zu machen. Das hätte ihr sicher mächtig Spaß gemacht.«
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen«,
mußte Sarah ihm zustimmen.
    »Jetzt ist Palmerston also wieder
hinter ihr her?«
    »Eigentlich nicht. Den Kaviar habe
nämlich ich geschickt.«
    »Warum zum Teufel haben Sie das denn
getan?«
    »Weil sie kein Geld hatte und keinen
Bissen zu essen im Haus außer ein paar Sandwiches, die noch von Mrs. Tawnes
Teeparty übriggeblieben waren. Außerdem dachte ich, es könnte vielleicht
interessant sein zu sehen, was passiert.«
    »Sie sind ja eine hochgefährliche
Frau!«
    Trotzdem machte Bittersohn keine
Anstalten, sie loszulassen, bis das Taxi durch das letzte fürchterliche
Schlagloch geschlingert war und schließlich in Brookline, wo die Straßen ohne
Fehl und Tadel waren, mit quietschenden Reifen zum Stehen kam.
    Wie er vorhergesagt hatte, waren sie
tatsächlich in Brookline Village gelandet. Ein bärtiger Mann, der in den 60er
Jahren entweder ein Hippie, ein Yippie oder ein Blumenkind gewesen sein mußte
und immer noch bemüht war, seinem alten Image treu zu bleiben, stand vor einem
verfallenen Wohnhaus mit Ladenfront und brüllte: »Lee-roy! He, Lee-roy!«
    Von oben hörte man Gitarrengeklimper,
Bongos und ein sonores Blöken, das darauf schließen ließ, daß hier jemand
entweder Rinder in seiner Wohnung hielt oder auf einem Sousaphon die Tonleiter
übte. Jemand spielte Händels 12 Concerti grossi opus 6 auf einem
Plattenspieler, der entschieden mehr hi als fi klang. Irgend jemand sang,
irgendwo zankte man sich, wieder ein anderer ließ einen monotonen tibetanischen
Singsang vernehmen. Keiner schien herumzusitzen und gar nichts zu tun.
    Bittersohn bezahlte das Taxi. Das Paar,
dem sie gefolgt waren, tat das gleiche. Dann brüllte Bittersohn: »He, Bernie!«
    »Yeah, Maxi!« grölte der Pianist
zurück. »Wo willst du denn hin. Mensch?«
    »Ich habe Leroy gesucht, aber er
scheint nicht da zu sein.«
    Der Bärtige auf dem Bürgersteig hörte
auf zu rufen. »He, Mann, wenn Sie Leroy erwischen, sagen Sie ihm, ich bin in
Joys Bude.« Er schlurfte davon.
    »Wer ist denn bloß dieser Leroy?«
murmelte Sarah.
    »Ein Freund von diesem netten Typ, der
gerade gegangen ist«, sagte Bittersohn. »Wer war der Kerl mit dem Bart,
Bernie?«
    »Irgendein Freund von Leroy, denk’ ich.
Maxie, Lydia kennst du ja. Lydia, das ist Maxies Alte, die vornehme Tussie.«
    »Ich kenne Maxies Alte bereits«, sagte
die Gräfin Ouspenska vergnügt. »Wir beide finden Gefallen an Umgang mit
Proletariat, nicht? Kommen Sie, Kleine, ich zeige Ihnen Weg. Bitte en garde
sein wegen kaputte Stufen.«
    Als sie sich in dem unbeleuchteten
Treppenhaus vorsichtig bis hinauf zum Dachgeschoß vortasteten, das man
provisorisch mit großen, an Drähten befestigten Leinwänden unterteilt hatte,
verstummten die Bongoklänge. 15 übergroße Sonnenbrillen wandten sich der
unglaublichen Erscheinung zu, die vor ihnen stand: ein rasierter Mann mit einem
richtigen Haarschnitt, einem maßgeschneiderten Anzug aus London, sauberem Hemd
und seidenem Schlips mit dezentem Muster. Die Tatsache, daß er außerdem auch
noch Schuhe trug, versetzte die Anwesenden in helle Aufregung. Schließlich
zuckte jemand die Achseln und murmelte: »Jeder hat schließlich ein Recht auf
persönliche Freiheit, nich’?«, und die Bongos traten wieder in Aktion.
    Bernie und Lydia ließen sich auf ein
Möbelstück fallen, das aussah wie der traurige Rest eines Sofas, und schoben
eine weitere Person zur Seite, um Platz für Sarah zu schaffen. Da sie den
Mantel ihrer Mutter trug, der immerhin auch schon 30 Jahre alt war, erregte sie
weniger Aufsehen als Bittersohn. Sie selbst war allerdings ziemlich bestürzt,
als ihr Begleiter plötzlich hinter einer der Leinwände verschwand und sie
allein zurückließ.
    Zunächst wußte sie nicht, was sie tun
sollte, also

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