Madame Fabienne
aufgeknöpft war, konnte man darunter den gestrickten Pullunder sehen. Er war etwas übergewichtig und stemmte die Hände auf die Hüften, "Am Sonntag ist wieder ein Spiel. Gehst du hin?"
Ah, das hatte er jetzt total vergessen. "Mal sehen, wie's läuft. Ich weiß noch nicht." Er gab Martin einen Stapel Akten. "Einige der Kunden kennst du ja schon. Manche können nur mäßiges Deutsch, da musst du ein wenig Geduld haben."
Martin nickte nur.
"Okay, ich muss jetzt." Jean Claude verließ wieder das Großraumbüro und folgte einem der langen Flure: Wie er auf einmal schwitzte. Es war schon ein bisschen seltsam, dass Martin nicht mehr protestiert hatte. Oder wollte der andere ihm die Kunden abjagen? Könnte das sein? Wahrscheinlich nicht, aber diese Fahrerei kam schon äußerst ungelegen...
Er hatte ja immer noch diese beiden Umschläge unterm Arm: Der eine war dünn, der andere ganz dick. Was da wohl drin war? Sollte er die beiden Dinger eigentlich mal aufmachen?
3
Jean Claude war mit dem Audi unterwegs und bog auf die Wittelsbach Straße: In zwei oder drei Minuten wäre er wieder bei dieser Fabienne, aber diesmal würde er darauf Acht geben, dass er gleich gehen könnte. Irgendwann wollte er ja auch noch Feierabend haben.
Ob Martin das wirklich richtig machte in der Fabrik? Immerhin waren es seine Kunden und seine Sendungen, da konnte Martin schon ein bisschen nachlässig sein, oder sah er das jetzt falsch?
Vielleicht sollte er sich nicht zu viele Sorgen machen, immerhin konnte er ja schlecht nein sagen, wenn der Chef vom Sicherheitsdienst ihm einen Auftrag gab. Selbst der Leiter vom Export kuschte doch vor diesem Vacaro. Nein, nein, er hatte das schon richtig gemacht. Er würde diese Sache schnell erledigen, und dann wäre er wieder zurück an seinem Schreibtisch.
Inzwischen war es fast ganz Nacht geworden, und die Laternen brannten. Er sah noch mal zum Beifahrersitz, wo die beiden Umschläge lagen: Der eine war ganz dick, was da wohl drin war?
Sollte er mal aufmachen und nachschauen?
Irgendwie hätte er schon Lust dazu, immerhin steckte er in dieser Sache mit drin, da dürfte er doch auch wissen, um was es eigentlich ging. Aber wahrscheinlich würde diese Fabienne dann sehen, dass er den Umschlag geöffnet hatte, und was dann? Würde sie es der Fabrik melden?
Aber egal, das war doch gar nicht seine Art, auf ihn konnte man sich doch verlassen.
Er sah wieder mal in den Rückspiegel, und dabei fiel ihm ein schwarzer BMW auf. Folgte der Wagen ihm, oder täuschte er sich jetzt? Er kam nun zur Brücke, die übers Hafenbecken führte. Das Wasser färbte sich dunkel im Schein der Laternen, und die Oberfläche war glatt und glänzte. Jean Claude fuhr auf die andere Seite und kam so auf die Parkinsel. Der schwarze BMW war immer noch hinter ihm.
Soweit er wusste, fuhren die Leute vom Sicherheitsdienst solche Autos, oder hatte er das jetzt falsch in Erinnerung? Er setzte den Blinker und hielt am Straßenrand. Der schwarze Wagen fuhr an ihm vorbei, allerdings so schnell, dass er die beiden Personen darin nicht erkennen konnte. Schade. Er sah wieder die beiden Umschläge auf dem Beifahrersitz: Fabienne hatte etwas von Geld erzählt, ob sich in dem dicken Umschlag ihr Vorschuss befand?
Und wenn schon...
Er fuhr weiter und kam schließlich auf die Schwanthaler Allee, die nun menschenleer war. Hier und da brannte Licht in den Fenstern, und in der Ferne konnte man noch den Parkwald erkennen. Manchmal frischte der Wind auf und blies durch die kahlen Platanen, die auf dem Mittelstreifen wuchsen.
Wie kalt es ihm auf einmal war! Er trug nur das Jackett, und für die Nacht war das zu wenig.
Bei der Nummer 228 stand das Eingangstor immer noch offen, und Jean Claude fuhr aufs Grundstück. Er folgte dem Weg, der zur Villa führte, dabei glitten die Scheinwerfer über die blassgelbe Fassade. Die Fenster waren alle dunkel, doch im ersten Stock hatte man nun die Vorhänge zur Seite gezogen, was bei seinem ersten Besuch ganz bestimmt noch anders gewesen war. Er hielt direkt neben den Steinstufen, die zur Haustür führten, dabei fiel das Licht auf die kahlen Bäume, deren Äste und Zweige nun wie Finger aussahen.
Vielleicht wäre es doch besser, wenn der Wagen in die andere Richtung stehen würde, dann könnte er nämlich auch schneller wegfahren. Aber warum denn? Gute Frage, irgendwie hatte er da so ein mieses Gefühl. Er wendete also den Audi, was einen Moment brauchte, weil nur wenig Platz zur Verfügung stand. Als er gleich
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