Madame Fabienne
darauf den Motor ausmachte, wurde es ganz still.
Er ging zur Haustür, und als er schon klingeln wollte, hielt er inne und drehte sich noch mal um, aber sonst war niemand da. Von hier aus sah man durch die kahlen Zweige den Mond am Nachthimmel. Auf der Schwanthaler Allee fuhr gerade ein dunkler Wagen vorbei, aber er konnte nicht mehr erkennen, ob es ein BMW war.
Die Tür zur Villa war offen, und er ging hinein, ohne zu klingeln. Man konnte seine Schritte in der Diele hören, und als er zur Treppe kam, blieb er stehen und lauschte: Irgendwas stimmte hier nicht, oder? "Hallo?"
Es gab keine Antwort.
"Halloo?"
"Ich bin hier." Es war Fabiennes Stimme, sie kam von rechts.
Jean Claude ging durch die offene Tür in den Salon, wo nur eine Stehleuchte brannte; so fiel ein Lichtschein durch den langen Raum, aber es gab auch einige Winkel, die im Dunkeln blieben. Man hörte, wenn draußen der Wind auffrischte, und manchmal schlugen auch Zweige gegen die überdachte Terrasse. Fabienne saß auf der langen Ledercouch und hatte ein Bein übers andere geschlagen.
Sie beobachtete ihn, oder?
Inzwischen hatte sie den Blazer ausgezogen, darunter trug sie eine weiße Bluse, bei der die oberen Knöpfe offen standen. Was für gute Brüste sie hatte. Vielleicht könnte er es ja mit ihr machen, oder? Beinah hätte er grinsen müssen: Ob sie merkte, was ihm durch den Kopf ging? Sie sah ihn nun an, doch er mied ihren Blick.
Er zeigte ihr die beiden Umschläge, "Ich habe hier etwas für Sie."
"Wirklich?"
"Ja."
Sie betrachtete ihn, ohne etwas zu sagen. Ihre Haare trug sie nun offen, und ihm fiel auch wieder auf, wie gebräunt sie im Gesicht war: Ob sie aus einer Gegend gekommen war, wo man jetzt schon warmes Wetter hatte? Wahrscheinlich.
Er ging ein Stück auf sie zu und legte die beiden Umschläge auf den Couchtisch, dabei fiel ihm auf, dass es nach etwas roch, vielleicht einem Parfum. "Hier ist noch Post für Sie."
"Ist das von Herrn Vacaro?"
Die beiden kannten sich also, aber das hätte er sich ja denken können. Er nickte nur.
"Gut, gut."
"Dann kann ich ja wieder gehen", er zeigte mit dem Daumen auf die offene Tür,
"Nein, ich brauche Sie vielleicht noch."
"Bitte?"
"Einen Moment". Sie machte sich nun an den Umschlägen zu schaffen. Ihre Stimme klang genervt, "Warum ist das denn so fest zugeklebt?"
Was sollte er da sagen? Am besten gar nichts.
Sie wollte den dicken Umschlag aufreißen, aber es ging nicht richtig. "Sie bleiben schön hier, ja?!"
Er schwieg.
Sie stand auf und verschwand durch den Perlenvorhang nach nebenan. Was für schöne Hände sie hatte. Ein bisschen sonderbar, dass ihm gerade dieses Detail an ihr auffiel. Man hörte nun irgendwelche Geräusche aus dem anderen Zimmer, und er ging näher auf die offene Tür zu, damit er sehen konnte, was geschah; doch es war zu dunkel, um irgendwas zu erkennen. Schubladen wurden wohl aufgemacht und dann wieder geschlossen.
Man hörte Schritte, und im nächsten Moment erschien Fabienne wieder im Salon. Sie setzte sich auf die Ledercouch, dabei glänzte etwas in ihrer Hand: Es war ein Messer, das wahrscheinlich zu einem Essbesteck gehörte. Den dicken Umschlag schnitt sie zuerst auf, und selbst im schwachen Licht konnte er die orangebraunen Scheine gleich erkennen: Fünfziger, wie viele es wohl waren? Ne Menge offenbar. Und hatte sie nicht gesagt, es wäre nur ihr Vorschuss, oder hatte er das jetzt falsch in Erinnerung?
Fabienne stellte die Stehlampe so, dass der Schein auf den gläsernen Couchtisch fiel: Jetzt konnte man das Geld deutlich sehen. Wie er auf einmal schwitzte. Das war ne hübsche Summe. Es sah so aus, als würde sie es nicht stören, dass er noch hier war.
Sie machte nun den zweiten Umschlag auf und zog ein paar lose Seiten daraus hervor, außerdem waren noch einige Fotos dabei. Auf einmal hielt sie inne und wandte sich dann ihm zu: "Ich bin gleich wieder da, ja?! Sie bleiben schön hier. Möchten Sie was trinken?"
"Äh, nein." Warum hatte er das gesagt, eigentlich war er doch durstig.
Sie sah ihn noch einen Moment an, verschwand dann aber mit den Seiten und dem Messer nach nebenan. Man hörte ihre Stiefeletten auf dem Parkett, und die Perlen des Vorhangs stießen aneinander, was kleine Geräusche ergab. Nebenan ging nun eine Deckenleuchte an, und man konnte sehen, dass es die Küche war. Fabienne las die Unterlagen, die in dem dünnen Umschlag gewesen waren.
Sein Blick fiel wieder auf die Scheine, die auf dem Couchtisch lagen. Hatte sie das extra so
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